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by Pascal Rode 14 years ago

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Öffentliches Recht 1 und 2

Das öffentliche Wirtschaftsrecht umfasst verschiedene Aspekte des Vergaberechts, das die Verfahren zur Vergabe öffentlicher Aufträge regelt. Zu den Vergabearten zählen das offene Verfahren, das nicht offene Verfahren, das Verhandlungsverfahren und der wettbewerbliche Dialog.

Öffentliches Recht 1 und 2

Öffentliches Recht 1 und 2

Öffentliches Wirtschaftsrecht

Vergaberecht
Fälle ?
Nachprüfungsverfahren

ggf. Überprüfung des Vergabeverfahrens durchVergabekammer, strenge Voraussetzungen Investitionssicherheitggf. Überprüfung der Vergabekammerentscheidungdurch Vergabesenat bei OLG (mittels Beschwerde)nach Zuschlagerteilung kein Rechtsschutz mehrmöglich Investitionssicherheitbislang umstritten: Nachprüfung nur eines förmlichenVergabeverfahrens oder auch dann, wenn ein solcheserst gar nicht eingeleitet wurde, aber u.U. hätteeingeleitet werden müssen („De-facto-Vergabe“)

Vergabefremde Kriterien

Politische ZuschlagskriterienZulässigkeit umstrittenProblemebereiche:Gemeinschaftsrecht: DienstleistungsfreiheitDeutsches Recht: Gesetzgebungskompetenz

Vergabearten

a. Offenes VerfahrenUnbeschränkte Zahl an interessierten Unternehmern kannAngebot abgeben (§ 101 Abs. 2 GWB).b. Nicht offenes VerfahrenZweiphasiges Verfahren: Durch Bieterwettbewerb beschränkteAuswahl aus dem Bewerberkreis zugelassener Unternehmer kannAngebot abgeben (§ 101 Abs. 3 GWB).c. VerhandlungsverfahrenAuftragsverhandlung mit einem oder mehreren ausgewähltenUnternehmern ggf. nach öffentlicher Aufforderung odervorgeschaltetem Teilnahmewettbewerb (§ 101 Abs. 4 GWB)d. neu: § 101 Abs. 5 GWB: Wettbewerblicher Dialogfür besonders komplexe Verfahrene. Wahl der VergabeverfahrenRangfolge nach bestimmten Voraussetzungen, Grundsatz:deutsches Recht Offenes Verfahren vorrangigGemeinschaftsrecht Verhandlungsverfahren nachrangig

Öffentliche Aufträge

Anwendungsbereich des Vergaberechts nur füröffentliche Aufträge eröffnet§ 99 Abs. 1 GWB: entgeltliche Liefer-, Bau, oderDienstleistungsverträge zwischen öffentlichenAuftraggebern und Unternehmern (sowie bestimmteAuslobungsverfahren)§ 100 GWB: Eingrenzung des Anwendungsbereichsdurch Schwellenwerte nach Vergabeverordnungund Ausnahmen (ggf. Haushaltsrecht)

Wettbewerbsoffenheit

nur öffentliche Auftraggeber unterliegenVergaberechtfunktionaler Auftraggeberbegriff,entscheidend: beherrschender Einfluss deröffentlichen Hand (z.B. DB AG)

b. TransparenzBestimmung und Offenlegung der Auftragskriterien vorabc. DiskriminierungsfreiheitGleichbehandlung aller Bieter (z.B. Bevorzugungsverbot örtlicherAnbieter)d. Zuschlag auf das wirtschaftlichste AngebotFach- oder Teillose zugunsten des Mittelstandes (§ 97 Abs. 3 GWB)Bieterauswahl: Fachkunde, Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit(§ 97 Abs. 4 GWB)Zuschlag auf wirtschaftlichstes Angebot, nicht nur günstigster Preis(§ 97 Abs. 5 GWB)e. Subjektive RechteBieter können Einhaltung der Vorschriften verlangen(§ 97 Abs. 7 GWB) NachprüfungsverfahrenAufhebung einer Ausschreibung nur ausnahmsweise

Brüche in normativer Sicht des Vergaberechts

c. Grundrechtsbindunginsbesondere Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG)Rechtsprechung verneint Grundrechtsbindung(Arg.: privatrechtlicher Vorgang ohne hoheitlichen Eingriff,Praktikabilität und sachgerechte Vergabe entscheidend)d. Rechtslage nach der GWB-Novelle von 1998formell-gesetzliche Verankerung gemeinschaftsrechtlicherVorgaben in §§ 97 ff. GWBAufträge unterhalb bestimmter Wertgrenzen oder ohnegemeinschaftliche Relevanz verbleiben im Haushaltsrecht zwei Normsysteme: Rechtssicherheit?

a. Rechtslage vor der GWB-Novelle von 1998Vergaberecht staatl. Binnenrecht zur wirtschaftlichen undsparsamen Haushaltsführung ohne subjektive Bieterrechteb. Gemeinschaftsrechtliche Einflüssewettbewerbspolitisches Interesse an transparentem undmarktkonformem Auftragsverhalten infolge großenNachfragevolumens und entspr. Wettbewerbseinfluss(EG-Wettbewerbsordnung und Ziel gemeinsamen Marktes)auch subjektive Rechte erforderlichUmsetzung gemeinschaftlicher Vorgaben in formellemGesetz notwendig

Einführung

Maßstäbe für Nachfragetätigkeit staatlicherEinheiten am Markterheblicher Einfluss auf Wettbewerb durchgroßes NachfragevolumenVergaberecht gemeinschaftsrechtlichgeprägt

Förderregulierung
BeihilfenrückforderungZusammenspiel deutscher und europäischer VerwaltungRücknahme rechtswidriger Verwaltungsakte § 48 VwVfG(P) Vertrauensschutz § 48 Abs. 2 VwVfG- Kein Vertrauensschutz ohne Notifizierung- „Effet utile“: öffentliches Rücknahmeinteresse vorrangig

Fall: Alcan (BVerwG, NVwZ 1995, S. 703; EuGH, NJW 1998, S. 47)Sachverhalt:Der Aluminiumhütte Alcan droht wegen Unwirtschaftlichkeit dieSchließung. Das Land bietet Überbrückungshilfen an, woraufhin vonder Schließung abgesehen wird.Ohne Notifizierung werden Bewilligungsbescheide erlassen. NachKenntnisnahme weist die Kommission auf die Eröffnung einesPrüfverfahrens und das Auszahlungsverbot hin. Ohne Alcan hierüberzu informieren, zahlt das Land die Beträge aus, die sogleichverbraucht werden.In abschließender Entscheidung erklärt die Kommission die Beihilfenfür rechtswidrig und verlangt die Rückforderung. Über ein Jahr nachderen Bestandskraft will das Land dem nachkommen und dieBewilligungsbescheide zurücknehmen.Alcan beruft sich auf Vertrauensschutz, Verfristung, Treu und Glaubenund Entreicherung.

2. ErmessenRücknahmeentscheidung grundsätzlich in behördlichemErmessenTreuwidrigkeit der Rücknahme?- erhebliche Verantwortlichkeit der Behörde für Rechtswidrigkeit(Beihilfe aufgedrängt, Informationen verschwiegen) reicht fürTreuwidrigkeit an sich aus- aber: öffentliches Rückforderungsinteresse vorrangig keine Treuwidrigkeithier Ermessensreduzierung auf Null: Rücknahmeverpflichtungaufgrund gemeinschaftsrechtlicher Vorgaben Rücknahme der Bescheide kann und muss erfolgen

b) § 48 Abs. 2 S. 1 VwVfG- Geldleistung gewährender VA (+): Verstoß gegen Art. 87 EGV- Vertrauen auf Bestand, vorgeblich (+)- Schutzwürdigkeit des Vertrauens (-):öffentliches Rückforderungsinteresse vorrangig kein Vertrauensschutz im Allgemeinenc) § 48 Abs. 2 S. 1 VwVfG- gewährte Leistung irreversibel verbraucht (+) Regelvermutung- aber: öffentliches Rückforderungsinteresse gegen Regelvermutung kein Vertrauensschutz durch Entreicherungd) § 48 Abs. 2 S. 1 VwVfG- Rücknahme über ein Jahr nach Tatsachenkenntnis Verfristung- aber: öffentliches Rückforderungsinteresse gegen Verfristung keine Verfristung Tatbestand erfüllt

LösungA. Rechtsgrundlage: § 48 VwVfGB. Anwendung der RechtsgrundlageI. Formelle Rechtmäßigkeit (Zuständigkeit, Verfahren, Form): (+)II. Materielle Rechtmäßigkeit1. Tatbestanda) § 48 Abs. 1 VwVfG- rechtswidriger VA (+): Verstoß gegen Art. 87 EGV- begünstigender VA (+): gewährt Geldleistung § 48 Abs. 2 bis 4 VwVfG

c. Verfahrenaa. Art. 88 EGV→Beihilfenprüfung durch Kommission nachVerfahrensverordnung→Beihilfenrückforderung nach nationalem Rechtbb. Art. 88 Abs. 3 EGV→Notifizierungsgebot: Meldepflicht zu Kommission→Durchführungsverbot vor abschließender Entscheidung
b. Ausnahmenaa. Art. 87 Abs. 2 EGV - Ausnahmenkatalog→ vom Vertrag zwingend vorgeschriebene Anwendung,kein Ermessen/gebundene Entscheidungbb. Art. 87 Abs. 3 EGV - Ermessenstatbestand→Genehmigung im Ermessen der Kommission→Ermessensbindung: Gleichheitssatz/Vertrauensschutz undtypisierende Leitlinien und Gemeinschaftsrahmen:- regionale Beihilfen: bestimmte Gebiete- horizontale Beihilfen: sektorübergreifend thematisch- sektorale Beihilfen: einzelne Wirtschaftszweige
Vorgaben des EG-Beihilfenrechts

Fall: Chronopost (EuGH, vb. Rs. C-83/01 u.a., Urt. v. 3.7.04,abrufbar unter www.curia.eu.int)Sachverhalt:Das privatrechtliche Unternehmen Chronopost ist auf dem Markt fürExpresszustelldienste tätig und gehört mehrheitlich einemTochterunternehmen der französischen Post. Die Post war zuvor Teilder französischen Verwaltung und ist nun als juristische Person desöffentlichen Rechts organisiert, der in bestimmten Bereichen derPostdienstleistungen eine mit der Erbringung vonUniversaldienstleistungen verbundene Monopolstellung zukommt.Im Rahmen einer Kooperation gewährt die Post dem UnternehmenChronopost logistische und kommerzielle Unterstützung. Die hierfürvon Chronopost an die Post entrichtete Gegenleistung entspricht zwarden Kosten, die für die Leistungen bei der Post anfallen, liegt aberunter dem Preis, der für die entsprechenden Leistungen bei einemprivatwirtschaftlichen Unternehmen ohne Monopolstellung zuentrichten wäre.Liegt eine Beihilfe im Sinne des EG-Vertrags vor?

LösungA. Staatlich (+)- alle Mittel, auf die öffentlicher Sektor tatsächlich zugreifen kann- demnach auch Mittel der Post als öffentliches UnternehmenB. Bestimmtes Unternehmen (+)- Chronopost an sich bestimmtes Unternehmen, gehört aber Post- (P): Unterstützung eigenen Tochterunternehmens als Beihilfe?- (+), wenn Tochterunternehmen im Wettbewerb tätigC. Begünstigung (-)- (P) Angemessenheit/Marktüblichkeit der Gegenleistung:Kostendeckung, aber relativ niedriger Preis- (P) hypothetischer Vergleichsinvestor: mit/ohne Monopolstellung?- (P) Bewertung der (staatlich vermittelten) Monopolstellung:z.T. nichtkommerzielle Sondersituation zu berücksichtigen Keine Beihilfe

a. Grundtatbestand (Art. 87 Abs. 1 EG)(1) Soweit in diesem Vertrag nicht etwas anderes bestimmt ist,sind staatliche oder aus staatlichen Mitteln [2] gewährteBeihilfen gleich welcher Art, die durch die Begünstigung [1]bestimmter Unternehmen oder Produktionszweige [3]den Wettbewerb verfälschen oder zu verfälschen drohen [4],mit dem Gemeinsamen Markt unvereinbar, soweit sie denHandel zwischen Mitgliedstaaten beeinträchtigen [5].

dd. Wettbewerbsverfälschung- Veränderung der Marktbedingungen- auf (sachlich und räumlich) relevantem Marktee. Handelsbeeinträchtigung- mögliche Auswirkung reicht aus (ausgenommen: reinlokale Tätigkeit, De-minimis-Beihilfen)

aa. Begünstigung- jeder geldwerter Vorteil ohne angemessene Gegenleistung- durch Mittelzuführung oder Belastungsminderung- Angemessenheit der Gegenleistung nach Marktüblichkeit(„market economy investor“-Test)bb. Staatlich oder aus staatlichen Mitteln- Zurechnung bei maßgeblichem staatlichem Einflusscc. Bestimmte Unternehmen oder Produktionszweige- Regelung oder Maßnahme nicht gleichermaßen auf allegemünzt

Mittelvergabe in zwei StufenStufe 1: „Ob“Rechtsnatur?Verwaltungsakt(Rechtsprechung)Öffentl.-rechtl. Vertrag(Teile der Literatur)undStufe 2: „Wie“privatrechtlich ausgestaltetc.
Fall: Pressesubvention (OVG Berlin NJW 1975, S. 1938)Sachverhalt:Das Land Berlin bewilligt im Rahmen der „Kreditaktionzugunsten mittlerer Berliner Zeitungsverlage“ ohne gesetzlicheGrundlage zwei Presseunternehmen langfristige zinsloseDarlehen in erheblicher Höhe, die ohne Zwischenschaltungeiner Bank direkt ausgezahlt werden sollen. Ein konkurrierenderdritter Verlag wendet sich im Wege der Klage gegen dieBewilligungsbescheide.

2. Eingriff in den Schutzbereichwirtschaftliche Stärkung der subventionierten VerlageAuswirkung auf Unabhängigkeit, Gefahr der Einflussnahmeschon Verdacht der staatlichen Steuerung Erschütterungder Pressefreiheit Eingriff (+)3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des EingriffsWesentlichkeitstheorie: Grundrechtseingriff erfordertgesetzliche Grundlage, die hier fehlt Verfassungsrechtliche Rechtfertigung (-)II. Rechtsverletzung(+) Anspruch, staatlicherseits ohne Rechtsgrundlage mitNachteilen belastet zu werden Begründetheit (+)

B. BegründetheitBegründetheit (+), wenn Verwaltungsakte rechtswidrig und Kläger inseinen Rechten verletzen.I. Rechtswidrigkeit: Verstoß gegen Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG1. Schutzbereich der Pressefreiheitauch obj.-rechtl. Gehalterfordert völlige Unabhängigkeit von staatlichem Einfluss zugunstenfreier Meinungs- und WillensbildungStaat darf nicht in geistige und wirtschaftliche Konkurrenz der sichfrei bildenden Presseunternehmen eingreifen

LösungA. ZulässigkeitI. Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 VwGO)Öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicherArt (+), Land will als Hoheitsträger öffentliche AufgabeerfüllenII. Statthafte KlageartAnfechtungsklageIII. Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO)Mögliche Verletzung in eigenen Rechten (+), Beeinträchtigung dereigenen Wettbewerbsstellung, zumindest Art. 2 Abs. 1 GG Zulässigkeit (+)

Fall: Pflegesubvention (BVerwG, NJW 2004, S. 3134)Sachverhalt:Nach dem Landespflegehilfengesetz Rheinland-Pfalz werden Trägereiner Sozialstation aus Haushaltsmitteln gefördert, wenn sie in einenBedarfsplan aufgenommen worden sind. Dazu vereinbaren Stadt oderKreis nach dem Gesetz „mit dem Träger einer Sozialstation“ einenBetreuungsbereich, in dem dieser seine Leistungen anbietet. EinAnbieter begehrt ebenfalls diese Förderung, die ihm durch diezuständigen Stellen allerdings verwehrt wird. Eine Förderung kommeohne Aufnahme in den Bedarfsplan nicht in Betracht, dabei sei fürjeden Betreuungsbereich aber nur ein Anbieter vorgesehen, derschon vorhanden sei, darüber hinaus gehender Bedarf bestehe nicht. Derkonkurrierende Anbieter klagt auf Förderung.

3. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung des Eingriffsmindestens durch Rechtfertigungsgründe des gemeinen Wohls vonerheblichem Gewichthier nicht ersichtlich Rechtfertigung (-)II. Rechtsverletzung und verfassungskonforme AuslegungKläger ist in Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG verletztAnspruch auf Förderung aus verfassungskonformer Auslegung dereinschlägigen Vorschrift des Landespflegegesetzes: Vereinbarung desBetreuungsbereichs „mit dem Träger einer Sozialstation“ nicht alsZahl, sondern als unbestimmter Artikel zu lesenDamit Förderung mehrerer Anbieter pro Betreuungsbereich möglich,wenn sonstige Voraussetzungen erfülltDa dies für Kläger der Fall ist, ist Förderungsanspruch gegeben. Begründetheit (+)

B. BegründetheitBegründetheit (+), wenn Verweigerung des begehrten Verwaltungsaktsrechtswidrig und Kläger in seinen Rechten verletztI. Rechtswidrigkeit: Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG1. Schutzbereich der Berufsfreiheitjede auf Dauer angelegte Tätigkeit, die der Schaffung und Erhaltungeiner Lebensgrundlage dienthier: Betrieb ambulanter Pflegeeinrichtung Schutzbereich (+)2. Eingriff in den Schutzbereichnicht nur Gebote/Verbote, auch staatl. Maßnahmen mit„berufsregelnder Tendenz“, die Wettbewerb beeinflussen undBerufsausübung dadurch behindern.hier: durch Verweigerung der Förderung gegeben Eingriff (+)

LösungA. ZulässigkeitI. Verwaltungsrechtsweg (§ 40 Abs. 1 VwGO)Öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicherArt (+); Land will als Hoheitsträger öffentliche AufgabeerfüllenII. Statthafte KlageartVerpflichtungsklageIII. Klagebefugnis (§ 42 Abs. 2 VwGO)Mögliche Verletzung in eigenen Rechten (+), Beeinträchtigung dereigenen Wettbewerbsstellung, Art. 12 Abs. 1 GG Zulässigkeit (+)

Problem der Grundrechtsbindung

Teil der LiteraturRechtsprechungjede Subventionierung unterliegtGesetzesvorbehaltAusweisung der Mittel imHaushaltsplan ausreichend

Subventionierung als grundrechtsrelevanter Eingriffnach Wesentlichkeitstheorie an sich formellgesetzlicheGrundlage erforderlich

Deutsches Subventionsrecht

Subventionsbegriff

Geldleistungen undSteuervergünstigungenan Wirtschaft und privateHaushalte (auch bloßeBelastungsminderung)

Bsp.: reduzierte Sätze beiÖkosteuer für produzierendesGewerbe

Leistungen aus öffentlichenMitteln an Unternehmen zurWirtschaftsförderungzumindest z.T. ohnemarktmäßige Gegenleistung

Bsp.: verlorene Zuschüsse,günstige Darlehen oderBürgschaften,Naturalsubventionen= nur direkte Subvention

Telekommunikationsrecht
Universaldienstregulierung

Paradigmenwechsel von der hoheitlichenLeistungsverantwortung zur bloßenGewährleistungsverantwortung- Sicherung der Grundversorgung mitTelekommunikationsleistungen- Inhalte von § 78 TKG beschrieben- Bedeutung bislang gering – bescheideneLeistungsfestsetzung, hoher Stand der Infrastrukturqualitätzum Zeitpunkt der Liberalisierung

Binnenorganisatorische Desintegration

Herstellung der jeweiligen Produkte in eigenenVerwaltungsabteilungen wohl mit § 7 Nr. 1 TKG gemeint- binnenorganisatorische + gesellschaftsrechtlicheDesintegration entsprechen beide einer unechten strukturellenDesintegration

Gesellschaftsrechtliche Desintegration

gesellschaftliche Ausgliederung der betreffenden Bereiche ineigenständige (Tochter-)Gesellschaften- nach § 7 TKG (Strukturelle Separierung) für die dortbezeichneten Unternehmen, die über ausschließliche bzw.besondere Rechte auf anderen Märkten als denen derTelekommunikation verfügen- allerdings nicht zwingend: binnenorganisatorischeMaßnahme genügt – alter § 14 TKG 1996 noch zwingendgesellschaftsrechtliche Ausgliederung- im Übrigen nur alternativ zu buchhalterischer Trennung(Unternehmenswahlrecht)

Eigentumsrechtliche Desintegration

vollständige eigentumsrechtliche Separierung derbetreffenden Bereiche- bislang in Deutschland nicht der Fall (Baby-Bells in USA)

Buchhalterische Desintegration

- getrennte Rechnungsführung, § 24 TKG- als Bestandteil der Zugangsregulierung- vertikal integriertes Unternehmen: Vorleistungspreise +interne Verrechnungspreise transparent gestaltenVoraussetzung: beträchtliche Markmacht

Unbundling-Regulierung

- Aufdecken und Unterbinden von Quersubventionierungenin vertikal integrierten Unternehmen- vertikale Integrationen sind von Vorteil, wenn sie zuVerbundvorteilen als Netz- und Dienstebetreiber führen- aber Missbrauch verhindern von beherrschtem Primärmarkt(Telekommunikationsnetz) auf Sekundärmarkt(Telekommunikationsdienste)

Verfahren

(2) Ex-post-Regulierung:§§ 30 Abs. 2 - 5, 38 TKG- Fälle in § 30 Abs. 2 bis 5 TKG beschrieben- interessant: § 38 Abs. 1 S. 1 TKG – Entgelte sindtrotz nachträglicher Regulierung zwei Monate vor In-Kraft-Treten der Regulierungsbehörde vorzulegen

b) Einzelgenehmigungsverfahren: §§ 32 Nr. 1,33 TKG- jedes einzelne Entgelt – entbündelteTelekommunikationsleistungen werden untersucht- für reguliertes Unternehmen nachteiliger, da keineSpielräume mehr vorliegenVerhältnis: nicht im Gesetz bestimmt

(1) Ex-ante-Regulierung:(a) Price-Cap-Genehmigungsverfahren: §§ 32 Nr. 2, 34TKG- Entgelte der in einem Korb zusammengefasstenDienstleistungen werden anhand einer durchschnittlichenÄnderungsrate reguliert- Änderungsrate = gesamtwirtschaftlichePreissteigerungsrate minus Produktivitätsfortschritte desUnternehmens für die Korbprodukte- Vorteil: Preissetzungsspielräume

Entgeltregulierung

Hilfsmittel:- Kostennachweise des UnternehmensSubsidiär (§ 35 Abs. 1 TKG):- Ingenieursansatz und analytisches Kostenmodell- Vergleichsmarktverfahren

• Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung:§ 31 Abs. 2 TKG: Beschränkung auf solche Kosten, diefür die Leistungserstellung unabdingbar sindMaßstab: Kosten, die bei funktionsfähigem Wettbewerbberücksichtigt werden könnengenauer: § 31 Abs. 2 TKG:Kosten der effizienten Leistungsbereitstellung: =langfristige zusätzliche Kosten der Leistungsbereitstellung+ Zuschlag für leistungsmengenneutrale Gemeinkosteneinschließlich Verzinsung

Regierungsadressaten

Betrieb eines öffentlichen Telekommunikationsnetzes• beträchtliche Marktmacht, § 30 Abs. 1 S. 1 TKG• nach § 21 TKG auferlegte Zugangsleistungen

Regulierung der Vorleistungs- und Endkundenentgelte

• Vorleistungsentgelte: Entgelte für den kompetitiven Zugang nach §§ 30 ff. TKG• Endkundenentgeltregulierung: Entgelte für den konsumtiven Zugang, § 39 TKG

Funktion

Entgelt: in Geld ausgedrückte Gegenleistung für die voneinem Unternehmen zur Verfügung gestellte Leistung• ohne Entgeltregulierung könnte marktbeherrschendesUnternehmen auf dem Markt für die Vorleistung denWettbewerb auf dem Sekundärmarkt bei bestehendemZugangsanspruch verhindern, da es über die Höhe derZugangsentgelte Missbrauch betreiben kann

Zugangsregulierung

Zugangsbegrenzungsgründe

technische Gründe:- Interoperabilität der Dienste ist herzustellen, § 21 Abs. 3 Nr. 3TKG- Interoperabilität kein Zugangsbegrenzungsgrund (mehr)!

fehlende Kapazität:- Ausbaupflichten für den Engpassinhaber auf Kosten desZugangspetenten(insbesondere Wettbewerbsverzerrung zu Gunsten des den Sekundärmarktbeherrschenden Unternehmens, wenn Sekundärmarkt aufgrund mangelnderInvestitionspflichten in Primärmarkt nicht lukrativ)- Frage: aus § 21 TKG ableitbar? siehe Abs. 2 Nr. 2

Zugangsverpflichteter

Merkmale:- Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht, §§ 21, 22TKG- Kontrolle des Zugangs zu den Endkunden, § 18 TKGProblem:- beträchtliche Markmacht = Marktbeherrschung?- Kontrolle des Endkundenzugangs?

Zugangsobjekt

Nachfrager nach Leistungen öffentlicherTelekommunikationsnetze: §§ 21, 22 TKGZugang, nachfragegerechte Entbündelung derLeistungen, Zugang zu einzelnen näher umschriebenenLeistungenVerpflichtung auf den Abschluss einerZugangsvereinbarung, § 22 TKGErstellung eines Standardangebotes für den Zugang zuLeistungen, § 23 TKG, für die eine allgemeineNachfrage besteht durch1. Betreiberunternehmen2. Regulierungsbehörde (subsidiär)

Differenzierung nach Zugangsansprüchen:Endkunden: § 84 Abs. 1 TKGBetreiber öffentlicher Telekommunikationsnetze:§ 18 TKG§ 78 TKG: Universaldienstleistungen – Bereiche desSprachtelefondienstes und des Betreibens vonÜbertragungswegen, die für Bevölkerung zurGrundversorgung unabdingbar geworden sind)Zusammenschaltung mit dem jeweiligenTelekommunikationsnetz

Zugangsberechtigter

Differenzierung analog Einteilung nach den Zugangsansprüchen:Endkunde (einzelne Nutzer derTelekommunikationsdienstleistungen)Betreiber öffentlicher TelekommunikationsnetzeNachfrager nach Leistungen öffentlicherTelekommunikationsnetze§ 84 Abs. 1 TKGz.B. § 18 TKG:Zusammenschaltungsanordnung§§ 21, 22 TKG: Zugangsberechtigung zu diesenNetzen

Zugangsansprüche von Endkunden und Wettbewerbern

kompetitiver Zugangsanspruch:Zugang zu Leistung eines marktbeherrschendenUnternehmens, um selbst den EndverbrauchernNetzwirtschaftsleistungen anbieten zu könnenSonderfall der Zusammenschaltung von Netzender Wettbewerberausschließliche Berechtigung zu Gunsten derWettbewerber der Unternehmen mitbeträchtlicher Marktmacht (§§ 20, 21 TKG)oderdie den Zugang zum Endnutzerkontrollieren (§ 18 TKG)

konsumtiver Zugangsanspruch:§ 84 Abs. 1 TKG: Anspruch des Endkunden auf dieUniversaldienstleistungen§ 78 Abs. 1 + 2 TKG: Universaldienstleistungen = Mindestangebot anDiensten für die Öffentlichkeit Definition, was umfasstist (Telefonanschluss, Telefonbuch, Telefonauskunft,Münztelefone, Notrufnummern)

Unterscheidung der Zugangsansprüche nach demZugangsberechtigten:konsumtive Zugangsansprüche(Nachfrage der Endkunden zum Eigengebrauch)kompetitive Zugangsansprüche(Anspruch eines Wettbewerbers auf die Netzwirtschaftsleistung)

Funktionen und Ziele der Zugangsregulierung

Zugriff der Endkunden auf die Netzwirtschaftsleistungen- Zugriff der Wettbewerber auf Netzwirtschaftsleistungenanderer (i.d.R. marktbeherrschender) Unternehmen, umeigene Produkte anzubieten

Marktzutrittsregulierung

Anzeigepflicht• Meldepflicht – mildere Form der Marktüberwachung als- Kontrollgenehmigung- nach § 6 TKG für Aufnahme, Änderung undBeendigung des Betriebes vonTelekommunikationsdienstleistungen

Ausschreibungsverfahren für Universaldienstleistungnach § 81 Abs. 3 S. 1 TKGZuteilung der Nummern nach § 66 Abs. 1 S. 3 TKGdurch Entscheidung der BNetzA

Besondere Rechte• Zuteilung von Frequenzen nach § 55 Abs. 9 TKG• Verteilungsverfahren:Versteigerungsverfahren nach § 61 Abs. 5 TKGQualitätsorientiertes Ausschreibungsverfahren nach § 61Abs. 6 TKGLosverfahren nach § 61 Abs. 6 Satz 5 TKGVorrang der Versteigerung, § 61 Abs. 2 TKGsubsidiär zum qualitätsorientiertenAusschreibungsverfahren

a. Ausschließliche Rechte = Monopole• Deutsche Telekom hat letztes Monopolrecht(Sprachtelefondienst) am 1.1.1998 abgeben müssen• besondere Rechte = KontingentgenehmigungGenehmigung wird nur begrenzter Anzahl vonUnternehmen gewährtVoraussetzung: knappe Güter, §§ 55 Abs. 9 + 61 TKG

Die Gewerbeordnung
Gewerbeuntersagung

FallK ist Inhaber einer Reisegewerbekarte und besitzt einenVerkaufsstand für kunstgewerbliche Gegenstände undhandgearbeitete Lederwaren. Er bewirbt sich seit mehreren Jahrenum einen der elf Standplätze auf dem Freiburger „Kartoffelmarkt“in der Freiburger Innenstadt. Der „Kartoffelmarkt“ wird in derFußgängerzone der Stadt Freiburg abgehalten, weswegen die Stadteine Sondernutzungserlaubnis der Fußgängerzone erteilt.Für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis hat die StadtFreiburg Richtlinien erlassen, die als AuswahlkriteriumStammbeschicker, bekannte und bewährte Beschicker sowiesonstige Beschicker nennt. K gehört zu keiner dieser Gruppen undwird wieder nicht berücksichtigt. Daraufhin möchte er wissen, obdie Verteilung der Standplätze in Freiburg rechtens ist.

b. daher: alle Bewerber gleiche Zulassungschancen, Kriteriumbekannt und bewährt steht in keinem Zusammenhang mitStraßenverkehrc. Einschlägig: Gesichtspunkte der Sicherheit des Verkaufsstände fürStraßenverkehr, Möglichkeit der Fußgänger, Straßen zu passiereno.ä.3. Ergebnis: Auswahlermessen fehlerhaft für die gewählteRechtsgrundlageIII. Gesamtergebnis:Nichterteilung der Genehmigung (= ablehnender VA) =rechtswidrig

3. § 16 Abs. 2 Satz 1 StrG BadWürtt – Sondernutzungserlaubniseiner Straße (+)Stadt Freiburg ausdrücklich von Sondernutzungserlaubnisgesprochen – Folge: spezifisch straßenrechtlichesErmessensprogramm.II. Fehlerfreie Betätigung des Auswahlermessens (-)1. Gerichtlicher Überprüfungsrahmen: § 114 Satz 1, 1. Alt.VwGO2. Zulässige Erwägungen im Straßenrecht:a. Spezifisch straßenrechtliche – Verteilungs- und Ausgleichsfunktionder Sondernutzungserlaubnisheißt: Sicherheit der Straße, des Verkehrs o.ä.. Hier: (-)

I. Rechtsgrundlage: Drei Möglichkeiten - § 69 GewO, § 10 Abs. 2GOBadWürtt, § 16 Abs. 1 StrG BadWürtt.1. §§ 69, 70 III GewO: Markt – für Auswahlermessenentsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigungmarktspezifische Gesichtspunkte (-)Sondernutzungserlaubnis der Stadt Freiburg nicht aufDurchführung eines Marktes bezogen, sondern Sondernutzung fürFußgängerzone; daher: §§ 69, 70 III GewO scheiden alsRechtsgrundlage aus2. § 10 Abs. 2 GO BadWürtt – Veranstaltung als öffentlicheEinrichtung (-)Kommunalrechtliche Lösung, Auswahl unter sachlichenGrundsätzen (Art. 3 GG)Sondernutzungserlaubnis der Stadt Freiburg nicht auföffentliche Einrichtung bezogen

- § 35 GewO: nur bei stehendem Gewerbe- Voraussetzungen:UnzuverlässigkeitErforderlichkeitVerhältnismäßigkeit

Rechtsschutz: Problem, welcher Zeitpunkt für Beurteilungder Rechtmäßigkeit der Untersagungsverfügung maßgebendBVerwG: Untersagungsverfügung istDauerVA, daher Rechtmäßigkeit imZeitpunkt der letzten mündlichenVerhandlung (+)teilw. Lit.: Zeitpunkt der letztenBehördenentscheidung (-)wird nach außen nur jemand vorgeschoben undGewerbetreibender bleibt derjenige, an den dieGewerbeuntersagung ergangen ist, ergehtUntersagungsverfügung an beide

- Reichweite: wird Gewerbetreibendem Ausübung jeglichenGewerbes verboten, enthält Gewerbeuntersagung zwei VA• Verbot der Ausübung des bisherigen Gewerbes• Verbot der Ausübung aller anderen Gewerbe- Gewerbeuntersagung wird nach § 149 Abs. 2 Nr. 1b GewOim Gewerbezentralregister eingetragen- gilt für das gesamte Bundesgebiet zeitlich unbeschränkt- Wiedergestattung nach § 35 VI GewO, wenn Tatsachen dieAnnahme rechtfertigen, dass Unzuverlässigkeit nicht mehrvorliegt

- Erforderlichkeit: zum Schutz der Allgemeinheit oder denim Betrieb Beschäftigtenvollständige Untersagung ist ultima ratio: mildereMittel z.B. Abmahnung, Auflagen etc.Stellvertretererlaubnis nach § 35 Abs. 2 GewO:§ 45 GewO wer Gewerbebetrieb im Namen undauf Rechnung des Inhabers (Gewerbetreibender),im Übrigen aber selbständig führt• Verhältnismäßigkeit i.e.S.: beschränkt auf krasseAusnahmefälle

Unzuverlässigkeit:Gründe:Fehlende Sachkunde: nur, wenn gesetzlicheZulassungsvoraussetzungFehlende wirtschaftliche LeistungsfähigkeitBegehung von Straftaten + OrdnungswidrigkeitenNichtabführung von Steuern u.ä.Wer nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens keineGewähr dafür bietet, dass er das von ihm betriebeneGewerbe in Zukunft ordnungsgemäß betreiben wird.

Gewerbeschein (§ 15 I GewO): Anzeige der Behörde, dasssie den Antrag auf Anzeige des Gewerbes erhalten hat- kein VA oder Zusicherung- Problem: Verweigerung der Empfangsbescheinigung durchBehördeVA? – Rechtsschutzproblem!

§ 14 GewO: gilt nur für stehendes Gewerbe- Anzeigepflichtig:BetriebsbeginnBetriebsverlegungBranchenwechselGewerbeausdehnungBetriebsaufgabe- Zweck: Gewerbeüberwachung durch zuständige Behörde

Gewerbearten

Marktgewerbe

(Titel IV): ortsfeste, für einen beschränktenZeitraum stattfindende Gewerbeart• Bsp.: Jahrmarkt, Ausstellung, Wochenmarkt• geringere Überwachungsbedürftigkeit• Privilegien für Teilnehmer• Ausnahmen von Bestimmungen des stehendenGewerbes: keine Anzeige- undReisegewebekartenpflicht

Reisegewerbe

nicht Selbständigkeit des Gewerbetreibenden, sonderndass Gewerbetreibender ohne vorherige BestellungWaren und Leistungen anbietet• Reisegewerbekarte (nicht übertragbar; arg. e § 57 GewO)• Wirtschaftsaufsicht im Vergleich zum stehendenGewerbe verschärftBsp: Tupperware = Reisegewerbe?

stehendesGewerbe

• kennzeichnend ist gewerbliche Niederlassung

Konzessionen

gemischte Konzessionen: personen- und sachbezogeneMerkmale- wichtige Unterscheidung:Bsp: Konzession für Privatkrankenanstalten, Erlaubnis fürSchaustellung von Personen, § 33a GewOSachkonzessionen gehen auf den Rechtsnachfolger über,Personalkonzessionen und gemischte Konzessionen nicht

- Personalkonzessionen: Eigenschaften und Fähigkeiten desGewerbetreibenden (z.B. Zuverlässigkeit, Sachkunde)- Sachkonzessionen: stellen auf den Gewerbebetrieb alssolchen ab (Anlagen, Räume, örtliche Lage)Bsp: Makler, Bauträger und Baubetreuer: § 34 c Abs. 2Nr. 1 und 2 GewO: geordnete Vermögensverhältnisseneben der ZuverlässigkeitBsp: §§ 4 ff. BImSchG – schädlicheUmwelteinwirkungen; GewO enthält keine reinenSachkonzessionen

Gewerbefreiheit

- Einschränkungen der Gewerbefreiheit zulässig zurGefahrenabwehr- zulassungsfreies Gewerbe kann zum zulassungspflichtigemGewerbe werden- Rücknahme der Gewerbezulassung beizulassungspflichtigem Gewerbe folgt §§ 48, 49 VwVfG- Gewerbeuntersagung bei zulassungsfreiem Gewerbe folgt§ 35 GewO

§ 1 GewO – „der Betrieb eines Gewerbes (...) jedermanngestattet, soweit nicht durch dieses Gesetz Ausnahmen oderBeschränkungen vorgeschrieben oder zugelassen sind“• Gewerbefreiheit von Berufsfreiheit geschützt• Gewerbefreiheit gilt für alle Staatsangehörigen, Berufsfreiheit ist „Deutschengrundrecht“• Einschränkungen zu Gunsten der Gefahrenabwehr• Gewerbeanzeige wegen Gewerbeüberwachung, § 14GewO• Auskunfts- und Nachschaurechte fürÜberwachungsbehörden (§ 29 GewO; Art. 13 GG?)

Gewerbebegriff:

5.-7. Negativ - Gewerbefähigkeit - kein Gewerbe (§ 6 GewO):

Urproduktion (Gewinnung roher Naturerzeugnisse – Land- undForstwirtschaft; aber: - Bioland-Hof-Fall)Freie Berufe (ursprünglicher Grund: Berufsethos widersprichtGewinnerzielungsabsicht; wissenschaftliche, künstlerische oderschriftstellerische Tätigkeiten + persönliche Dienstleistungenhöherer Art –Beispiele: Kunstfotograph, Rechtsanwalt, Arztkeine freien Berufe: Unternehmensberater, Sportpromoter,YogaschuleVerwaltung eigenen Vermögens, z.B. langfristige Vermietung vonWohnungen (Intensität d. Gewinnstrebens entscheidend)

4. auf Dauer angelegt (+ saisonal)

Fortsetzungsabsicht muss bestehen saisonale Arbeit ausreichend

3. Selbständigkeit:

- drei Merkmale (nicht kumulativ):• im eigenen Namen• auf eigene Rechnung• eigenverantwortlich Gesamtbild entscheidet- Problem: ScheinselbständigkeitBeispiele:Handelsmakler (+)Handelsvertreter (wenn selbständig tätig sind (+))Kommissionäre (+)Arbeitnehmer (-)Vorstandsmitglieder AG / Geschäftsführer GmbH (-)

2. Gewinnerzielungsabsicht:

tatsächliche Gewinne unerheblich- Gesamtbild der Betätigung entscheidend- muss mehr als unerheblich zum Lebensunterhalt desBetreibers beitragen, fehlt bei Verfolgung einesgemeinnützigen Zweckes („Naturfreundehaus“)- aber: Gewinnerzielungsabsicht unabhängig vonGewinnverwendungsabsicht (z.B. Stadtwerke)Ausnahme: öffentliche Unternehmena. Gewinnerzielung Hauptzweck (-)b. Nebenzweck (-)c. Gewinnerzielung nicht völliguntergeordnete Bedeutung (+)

1. Erlaubte Tätigkeit:

Tätigkeit darf nicht gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen- Einzelner Verstoß gegen Rechtsvorschriften reicht nicht- - schlechthin strafbare Handlungen (Taschendiebstahl,Rauschgifthandel, etc.)- Problem: Tätigkeiten, die nicht verboten, abersozialschädlich sind- kollidierendes Verfassungsrecht muss soziale Unwertigkeitergeben- Sittenwidrigkeit

Problemfall: Prostitution

Erfordernis des offenen Gewerbebegriffs• vier positive (Gewerbsmäßigkeit) und drei negative Merkmale(Gewerbsfähigkeit)• Unterscheidung durch negative Merkmale von Beruf (vgl. § &GewO)Jede erlaubte, auf Gewinnerzielung gerichtete undauf Dauer angelegte, selbständige Tätigkeit,ausgenommen Urproduktion, freie Berufe und diebloße Verwaltung eigenen Vermögens

- Allgemeiner Teil des Gewerberechts- Überwachungsrecht- lange historische Tradition (GewO 1869; 1900)- Gewerbeordnung: Bedeutungsverlust durchAusgliederung vieler Materien und Zersplitterung– z.B. GastG (früher § 33 GewO, siehe aber noch § 31 GastG i.V.m.§ 15 Abs. 2 Satz 1 GewO)- Grundsatz der Gewerbefreiheit im gesamtenGewerberecht einschließlich der Nebengebiete- Gewerbebegriff von zentraler Bedeutung für dieGewerbeordnung
Marktzutrittsregulierung d. aussch. und besondere Rechte
Besondere Rechte

Anzeigepflicht

Dritte Möglichkeit der Marktzutrittsregulierung: Anzeigepflicht(z.B. § 14 GewO)mildere Form der Marktzutrittsregulierung:ermöglicht allen Wettbewerbern denMarktzutrittZiel: - umfassende Marktübersicht;- ggfls. Missbrauch erkennen

Genehmigung als zweite Möglichkeit derMarktzutrittsregulierung

mildere Form der Marktzutrittsregulierung

FallDie beiden Privatleute A und B wollen in Baden-Baden und inKonstanz ihre Spielbank jeweils weiter betreiben. Sie werdenhieran durch das neue Spielbankgesetz des Landes Baden-Württemberg gehindert, dessen § 1 Abs. 3 bestimmt, dass dieErlaubnis nur Unternehmen in der Rechtsform des privatenRechts erteilt werden darf, dessen sämtliche Anteile unmittelbaroder mittelbar vom Land gehalten werden. Dabei müssen dieseVoraussetzungen während der gesamten Dauer des Bestehens derErlaubnis vorliegen.A und B wollen wissen, ob diese Bestimmung gegenVorschriften aus dem Grundgesetz verstößt.(BVerfG, Beschluss v. 19.7.2000 – 1 BvR 539/96,http://www.bverfg.de/cgi-bin/link.pl?entscheidungen)

d. Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne: Regelung schließtjeden, der in B-W privat Spielbank betreiben will, von Wahlund Ausübung des Berufes des Spielbankbetreibers ausvollständiger Ausschluss einer solchen Chanceunangemessen, da privat geführte Spielbankenbislang beanstandungsfrei betrieben wurdenIII. Ergebnis:Bestimmungen des SpielbankG Ba-Wü verfassungswidrigund mithin nichtig (unwirksam)

b. Geeignetheit: Mehr an Informations-, Kontroll- undEinwirkungsmöglichkeiten nicht offensichtlich ungeeignetzur Gefahrenabwehrc. Erforderlichkeit:- gleichermaßen geeignet, aber weniger belastend: z.B.erhöhte Gewinnabführung der privaten Spielbanken an dasLand- Versteigerung der Spielbankerlaubnis unter privaten undöffentlichen Bewerbern- allerdings: Beurteilungs- und Prognosespielraum desGesetzgebers

3. Daraus folgt: reduzierte Anforderungen erfüllt4. Grundsatz der Verhältnismäßigkeita. Legitimer Zweckaa. umfangreiche und intensive Informations-, Kontroll- undEinwirkungsmöglichkeiten stärken Gefahrenabwehrbb. Abschöpfung der Einnahmen der Spielbanken zurFörderung öffentlicher Zwecke

II. Verfassungsrechtliche Rechtfertigung1. Rechtfertigung: zur Abwehr nachweisbarer oderhöchstwahrscheinlicher schwerer Gefahren für einüberragend wichtiges Gemeinschaftsgut zwingend geboten2. aber: reduzierte Anforderungen, da Spielbankbetriebunerwünschte Tätigkeit, die der Staat gleichwohl erlaubt,um das illegale Glücksspiel einzudämmen,dem nicht zu unterdrückenden Spieltrieb des Menschenstaatlich überwachte Betätigungsmöglichkeiten zuverschaffen unddadurch die natürliche Spielleidenschaft vor strafbarerAusbeutung zu schützen

LösungA. Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG –BerufsausübungsfreiheitI. Schutzbereich und Eingriff:1. Spielbankunternehmer = Beruf(Erzielung von Gewinnen, die zur Schaffung und Erhaltungeiner Lebensgrundlage verwendet werden können)2. Zugang zum Beruf des Spielbankunternehmers ist alsobjektive Berufszulassungsschranke ausgestaltet

Normen§ 1 Abs. Abs. 3 SpielbankG Ba-Wü(1) Mit Erlaubnis des Innenministeriums darf in den Städten Baden-Baden, Konstanz undStuttgart eine Spielbank betrieben werden.(2) Über die Zulassung weiterer Spielbanken entscheidet die Landesregierung durchRechtsverordnung mit Zustimmung des Landtags.(3) Die Erlaubnis darf nur einem Unternehmen in einerRechtsform des privaten Rechts erteilt werden,dessen sämtliche Anteile unmittelbar oder mittelbarvom Land gehalten werden. Die Voraussetzungendes Satzes 1 müssen während der gesamtenDauer des Bestehens der Erlaubnis gegeben sein.(4) Die Erlaubnis kann nur erteilt werden,1. wenn durch den Betrieb der Spielbank weder die öffentliche Sicherheit oderOrdnung gefährdet noch sonstige öffentliche Belange beeinträchtigt werden, 2. wennder Erlaubnisinhaber und die sonst verantwortlichen Personen Gewähr für denordnungsgemäßen Betrieb der Spielbank bieten.(5) Die Erlaubnis kann nicht auf einen anderen übertragen oder einem anderen zurAusübung überlassen werden.

Kontingentgenehmigung

Fälle der Verleihung besonderer Rechte:Ressourcenknappheit

Bsp: Vergabe der UMTS-Lizenzen;fragwürdige Bewirtschaftung: Taxikonzessionen

Genehmigung wird nurbeschränkter Anzahl von Unternehmen gewährt(gewährt besonderes Recht)- besonderes Recht: § 2 Transparenzrichtlinien-Gesetz –Rechte zur Ausübung einer Dienstleistung oder sonstigenTätigkeit in einem bestimmten Gebiet, die aufgrund vonRechts- oder Verwaltungsvorschriften einer auf zwei odermehr begrenzten Anzahl von Unternehmen vorbehaltensind

Kontrollgenehmigung

Ziele der Kontrollgenehmigungen:

Eisenbahntransportwirtschaft: § 6AEG - GefahrenabwehrTelekommunikation: abgeschafft– Übergang vom Monopol zurMarktwirtschaft gelungen (Postnoch vorhanden)Energiewirtschaft: früher § 3i.V.m. § 1 EnWG a.F.: sichere,preisgünstige undumweltverträglicheEnergieversorgung – heute auchnur noch Gefahrenabwehr

gleichbedeutend: Lizenz, Konzession, Erlaubnis,Genehmigung und Bewilligung- Genehmigung für die Aufnahme des Netzbetriebs nach§ 4 EnWG; Diensteerbringung und Netzbetrieb beiEisenbahntransportwirtschaft nach § 6 Abs. 1 AEG;bisherige Lizenz in der Telekommunikationswirtschaft

Kontrollgenehmigung = milderes Genehmigungserfordernisim Vergleich zur Kontingentgenehmigung- Errichtung eines Überwachungsverhältnisses- Betätigung wird einem präventiven Verbot mitErlaubnisvorbehalt unterworfen

Typen des Monopols

FallDas Speditionsunternehmen E möchte auch am Markt fürBriefsendungen teilhaben. Die Deutsche Post hat allerdingsnach § 51 PostG eine Exklusivlizenz für die Lieferung vonBriefen bis 100 Gramm bis zum 31.12.2005 und vom1.1.2006 bis zum 31.12.2007 für Briefe mit einem Gewichtvon 50 Gramm. Daher ist E daran gehindert, seinenGeschäftsvorstellungen entsprechend auf dem besonderslukrativen Markt für Briefe bis 100 Gramm Gewicht tätigzu werden.Verfassungsrechtliche Bedenken?Beachten Sie die Art. 87 f und 143 b GG!(BVerfG, Beschluss v. 7.10.2003 – 1 BvR 1712/01,http://www.Bverfg.de/entscheidungen/rs20031007_1bvr171201.html)

b. Sachliche Einschränkungen aus Art. 87 f Abs. 2 GG (+):keine vollständige Freigabe der Dienstleistungen anmarktwirtschaftlichen Wettbewerb; Freigabe im Rahmen desGewährleistungsregimesaa. Problem: Unterversorgung mit Dienstleistungen, weilWettbewerb noch nicht funktioniert oder sich auf lukrativeBereiche beschränkt§§ 51, 52 PostG, indem sie Monopolrechte fürbezeichnete Briefsendungen mitUniversaldienstleistungsauftrag koppeln5. Ergebnis: Schutzbereich der Berufsfreiheit nicht berührtII. Gesamtergebnis: kein Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG

4. Überschreitung der Grenzen des Art. 143 Abs. 2 Satz 1 GGdurch §§ 51, 52 PostG?a. Monopolrechte nur für Übergangszeitraum (+)aa. Sicherung der DPAG angesichts der fortschreitendenLiberalisierung im europäischen Wettbewerbsraumbb. finanzielle und soziale Verpflichtungen der DPAGcc. Reziprozität der Marktöffnung nicht gesichert

Lösung• Verstoß gegen Art. 12 Abs. 1 GG – BerufsfreiheitI. Schutzbereich1. Art. 143 b Abs. 2 Satz 1 GG: Einräumung ausschließlicherRechte durch Gesetz möglich2. ⇒ zugleich: Art. 12 Abs. 1 GG gilt nicht imMonopolbereich3. Grenzen des Art. 143 b Abs. 2 Satz 1 GG überschritten:Art. 12 Abs. 1 GG lebt wieder auf

Normen§ 51 PostG Befristete gesetzliche Exklusivlizenz. (1) Biszum 31. Dezember 2005 steht der Deutschen Post AG dasausschließliche Recht zu, Briefsendungen und adressierteKataloge, deren Einzelgewicht bis 100 Gramm und derenEinzelpreis weniger als das Dreifache des Preises fürentsprechende Postsendungen der untersten Gewichtklassebeträgt, gewerbsmäßig zu befördern (gesetzlicheExklusivlizenz).(...)§ 52 Universaldienstleistungspflicht im Zeitraum dergesetzlichen Exklusivlizenz. Für den Zeitraum dergesetzlichen Exklusivlizenz ist die Deutsche Post AGverpflichtet, Universaldienstleistungen im Sinne der .. zuerbringen.

quasi-rechtliches Monopol

kein rechtliches Monopol; Ausübung der Tätigkeit fürDritte nicht beschränkt; kommt in Auswirkungenrechtlichem Monopol gleich, da Tätigkeit nur vonöffentlichem oder privatem Unternehmen ausgeübt werdenkann

Bsp: Parallelleitungsbau beiEisenbahntransportwirtschaft, Duales System

unechtes rechtliches Monopol:

Monopolcharakter ergibt sich aus gesetzlich bestimmtenAnschluss- und Benutzungszwang (§ 13 KrW-/AbfG)

echtes rechtliches Monopol:

reserviert eine Tätigkeit explizit der öffentlichen Hand bzw.einem öffentlichen Unternehmen (§ 51 PostG)

Funktionsweise des rechtlichen Monopols

ausschließliches Recht:

2 Transparenzrichtlinien-GesetzRechte zur Ausübung einer Dienstleistung oder sonstigenTätigkeit in einem bestimmten Gebiet, die aufgrund vonRechts- oder Verwaltungsvorschriften einem einzigenUnternehmen vorbehalten sind

rechtliches Monopol:

ausschließliches Recht zur Herstellung und/oder zumVertrieb eines bestimmten Produkts bzw. einerbestimmten Produktgruppe

Ausschließliche Rechte

Abbau von rechtlichenMarktzutrittsschranken

Kontingentgenehmigungen(besondere Rechte)

Monopole(ausschließlicheRechte)

Liberalisierung insbesondere der Netzwirtschaften(Telekommunikation, Post, Energie, Verkehr)

Kurzüberblick über die Instrumente des ÖWirtschaftsrechts
Softregulierung

Informationen,Beratung undinformelleWarnungen durchden Staat(Bsp: „BlauerEngel“)

Subvention

Subventionsarten:verloreneZuschüsseDarlehenBürgschaftenRealförderungen

Subventionsgeber:Leistung mussdurch Staatoder sonstigenTrägerhoheitlicherGewalterfolgen

Staatliche Beeinflussung des Wirtschaftsverkehrsdurch rechtliche oder tatsächliche Verbesserung derSituation einzelner Wirtschaftssubjekte

Wettbewerbsrecht

MarktmissbrauchFusionskontrolleBeihilfenrecht

Regulierung

Sonderfall: Selbstregulierung

Nachteile:

jederzeitige möglicheAufkündigung derVereinbarung führt zumScheitern dergesamtenSelbstverpflichtungRechtsschutzproblem,daWirtschaftsverbändestaatliche AufgabenerledigenNachteile:Bundesstaatsprinzip,da zentralistischeVerbandsstruktur

Vorteil:

unbürokratischesErreichen staatlicherRegulierungsziele

Stufe 2:

mangelnde Durchführungdes Selbstbeschränkungsabkommens:gesetzliche Regelung, dieVerschärfungengegenüber Abkommenenthalten

Stufe 1:

Androhung einergesetzlichenRegelung

Selbstbeschränkungsabkommen

Sektorenspezifisch

Regulierungsinstrumente:DesintegrationspflichtenUniversaldienstpflichtenEntgeltregulierungZugangsregulierungMarktzutrittsregulierung

Bereiche:Telekommunikation,Energie, Eisenbahn,Post

Sektorenübergreifend

WettbewerbsrechtFörderregulierungSoftregulierung

Eingriff des Staates inmarktlicheAllokationsprozesse,um bestimmte Ziele zuerreichen (z.B.Versorgungssicherheit)

Wirtschaftsüberwachung

Kontrolle desWirtschaftsverkehr undder teilnehmendenWirtschaftssubjekte imAußenbereich des Staateszur Gefahrenabwehr(z.B. Gewerbegenehmigung)

Einflüsse durch die Wirtschaftsordnung der EU
Wettbewerbregeln

Fall - SachverhaltDie Softwarefirma Microsoft verkauft ihren Windows-Media-Player mit den übrigen PCAnwendungsprogrammengebündelt.Schnittstelleninformationen wurden von Microsoft nichtherausgegeben. Beides erschwert es den Wettbewerbern,konkurrierende Medienabspiel-Produkte auf dem Markt zuvertreiben.Europarechtliche Probleme?

Lösung: Art. 82 EGMarkt: SoftwareMarktbeherrschende Stellung von Microsoft (+)derzeit führendes Betriebssystem für PCs ist Windows vonMicrosoftmissbräuchliches Ausnutzen (+)hier: Bündelung von Produkten und Ausschluss andererHersteller auf dem nachgelagerten Markt andererSoftwareanwendungen, für den keine marktbeherrschendeStellung besteht;keine Schnittstelleninformationen herausgegebenRechtfolge:Verpflichtung, entkoppeltes Produkt anzubietenWiederherstellung der InteroperabilitätBußgeld in Höhe von 497.2 Millionen Eurobegrenzte Offenlegung von Schnittstelleninfos

Konkurrenzverhältnis

nationales Recht grundsätzlich neben Gemeinschaftsrechtanwendbar!aber: ein nach Art. 81, 82 EG verbotenes Verhalten kannnicht durch nationales Recht legalisiert werdenallerdings: ein nach Art. 81, 82 EG vereinbares Verhaltenkann nach nationalem Wettbewerbsrecht verboten werden,sofern keine explizite Feststellung nach Art. 81 Abs. 3 EG

Fusionskontrolle

Art. 81, 82 EG :Fusionskontrolle nicht ausdrücklich vorgesehendie durch Unternehmenszusammenschlüsse zu erwartendeVeränderung der Marktstruktur gestattet FusionskontrolleFusionskontrollverordnung auf Art. 83 EG gestütztUnternehmenszusammenschlüsse vongemeinschaftsweiter Bedeutungausschlaggebendes Kriterium: Jahresumsatz

Missbrauchsaufsicht

Art. 82 EG - verboten:- missbräuchliche Ausnutzung einer- beherrschenden Stellung auf dem- sachlich und räumlich relevanten GemeinsamenMarkt oder auf einem wesentlichen Teil desselben- soweit potentielle Handelsbeeinträchtigung zwischenden MS herbeigeführt wird

Neue Durchführungsverordnung seit 1. Mai 2004 –Verbot mit Legalausnahme und anschließender Kontrolle

Bsp: DFL-Entscheidung der Kommission – gemeinsameVerwertung der Fußballbundesliga durch Vereine überDeutsche Fußball Liga

Art. 81 Abs. 3 EG: Verbot mit administrativemBefreiungsvorbehalt - Kommission kann Einzelerlaubnis odersog. Gruppenfreistellungsverordnung erlassen

Kartellverbot

Art. 81 Abs. 1 EG: verboten sind Vereinbarungenzwischen Unternehmen, Beschlüsse vonUnternehmensvereinigungen und aufeinanderabgestimmte Verhaltensweisen, die den Handel zwischenden MS zu beeinträchtigen geeignet sind und eineVerhinderung, Einschränkung oder Verfälschung desWettbewerbs innerhalb des Gemeinsamen Marktesbezwecken oder bewirken.Entscheidend, ob wirtschaftliche Betätigungsfreiheit derUnternehmen beeinträchtigt wird

Funktionen und Adressaten

Adressaten sind die Gemeinschaftsorgane aber auch dieMitgliedstaaten, sofern eine mitgliedstaatliche Maßnahmeim Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts ergehtMaßnahme ist im Anwendungsbereich desGemeinschaftsrechts, wenn MitgliedstaatenGemeinschaftsrecht umsetzen oder vollziehen odergemeinschaftsrechtliche Freiheiten beschränken

Herleitung der Gemeinschaftsgrundrecht + Inhalte

Anerkannte Grundrechte:Würde des MenschenAllgemeine HandlungsfreiheitEigentumBerufsfreiheitVereinigungsfreiheitUnverletzlichkeit der WohnungAchtung der PrivatsphäreSchutz personenbezogener DatenReligionsfreiheitSchutz der FamilieMeinungsäußerungsfreiheitAllgemeiner Gleichheitssatz+ Verfahrensgrundrechte

Allgemeine Rechtsgrundsätze: gemeinsameVerfassungsüberlieferungen, EMRK + Internationaler Paktüber bürgerliche und politische Recht vom 19. Dez. 1966

Grundrechtscharta

Erarbeitet unter Vorsitz des ehemaligenBundespräsidenten Roman HerzogAm 7. Dezember 2000 von Parlament, Rat undKommission feierlich beschlossennicht rechtsverbindlich, dennoch bei Ermittlung desGewährleistungsinhalts grundrechtlicher allgemeinerRechtsgrundsätze herangezogenVerbindlichkeit mit Europäischer Verfassung(Ratifikation allerdings fraglich)

EG-Grundrechte

EG-Vertrag enthält keinen geschriebenen Grundrechte-Katalog – nur Einzelbestimmungen1. Grundfreiheiten2. Aufenthaltsrecht nach Art. 18 EG3. Grundsatz der Lohngleichheit für Mannund Frau, Art. 141 EG (EG-Menschenrecht,Grundrechtsträger muss nicht MS-Bürger sein)4. spezielle Vorgaben, Art. 3 Abs. 2; 13 EG

Grundfreiheiten

Gemeinsamkeiten

Gebieten den Hoheitsträgern, Maßnahmen zu ergreifen,um gegen Beeinträchtigungen durch Privatpersoneneinzuschreiten

umstritten jeweils, ob die ungeschriebenenRechtfertigungsgründe aufgrund zwingender Gründe desAllgemeininteresses auch Diskriminierungen rechtfertigen

Einheitliche Prüfungsstruktur: Tatbestand, Eingriff,Eingriffsrechtfertigung (explizit; immanent; Grundsatz derVerhältnismäßigkeit)

Objektives Recht gegen MS für Umsetzungund AnwendungSubjektives Recht der Bürger gegen MS!

System zum Abbau dieser Hemmnisse: Grundfreiheiten

Kapital-/Zahlungsverkehsfreiheit,Art. 56 ff. EG

Schutzgut ist Kapital, nicht Kapitalgeber und diegrenzüberschreitende Bezahlung vonDienstleistungen- Zahlungsverkehr ist grenzüberschreitendeÜbertragung von Zahlungsmitteln, die um einerGegenleistung willen erbracht werden (Warenlieferung,Dienstleistung)- Kapitalverkehr ist einseitige Wertübertragung inForm von Sach- oder Geldkapital aus einemMitgliedstaat in einen anderen

Niederlassungsfreiheit,Art. 43 ff.EG

FallRechtsanwalt G hat genug von den deutschen Mandanten undglaubt in Österreich ist alles besser. Da er davon ausgeht,dass er dort wegen der gleichen Sprache und einemvergleichbaren Rechtssystem recht schnell mit dem Vertretenvon landwirtschaftlichen Streitigkeiten Fuß fassen könne,will er sich dort als Rechtsanwalt niederlassen. Allerdingswird ihm von der dortigen Rechtsanwaltskammer mitgeteilt,dass er den Titel des österreichischen Rechtsanwalts zuUnrecht geführt habe. Zur Ablegung einer Prüfung, die ihmdie Gleichberechtigung seiner deutschen Anwaltszulassungmit der österreichischem nachweisen soll, wird er nichtzugelassen. Europarechtliche Lösung?

LösungI. TatbestandFreiheit, Niederlassung zu gründen +II. EingriffVereitelung der Gründung +III. a) Immanente Schrankezwingende Erfordernisse des Allgemeinwohls –Aufrechterhaltung der Rechtspflege Oder:III. b) Explizite SchrankeGründe der öffentlichen Ordnung, Art. 46 Abs. 1 EGIV. Schranken-Schranke: Verhältnismäßigkeit- Rechts- und Verwaltungsvorschriften wieStandespflichten, Haftung etc. zulässig- Befähigungsnachweis zulässig- aber Anspruch auf Gleichwertigkeitsprüfung

I. TatbestandFreiheit, Niederlassung zu gründenII. EingriffVereitelung der Gründung oder ÄhnlichesIII.a) Immanente Schrankezwingende Erfordernisse des AllgemeinwohlsIII.b) Explizite SchrankeGründe der öffentlichen Ordnung, Sicherheit oderGesundheit, Art. 46 Abs. 1 EGIV. Schranken-SchrankeVerhältnismäßigkeit

Schutzgut der Niederlassungsfreiheit: Ausübung einerselbständigen Tätigkeit im EU-Ausland- Beeinträchtigungen vor allem mittelsDiskriminierungen, Rechtfertigungsmöglichkeitenvorgesehen- Gesellschaften können sich auf Niederlassungsfreiheitberufen (Art. 48 EG) – Recht des Gründungsstaates fürAnerkennung als Gesellschaft maßgeblich- Mitgliedstaaten müssen Niederlassungsfreiheit auchgegen Eingriffe seitens Privater schützen

Arbeitnehmerfreizügigkeit,Art. 39 ff.EG

FallBosman, ein belgischer Fußballprofi, war zunächst bei einembelgischen Erstligaverein beschäftigt. Dieser bot für eineSpielzeit einen Vertrag zu geringeren Bezügen an, den erjedoch ablehnte. Infolgedessen wurde er auf die Transferlistegesetzt, als Ablösesumme eine Summe von umgerechnet500.000 Euro im Raum. Da kein Verein Interesse an demKläger bekundete, wandte sich dieser an einen französischenKlub. Ein Wechsel scheitert u.a. an der Ablösesumme sowiean der Beschränkung, in einer Vereinsmanschaft nicht mehrals drei Ausländer gleichzeitig bei einem Meisterschaftsspieleinsetzen zu dürfen, was den Einsatz von Ausländernbeschränkt.

Lösung – Unterscheide: Ablösesumme/AusländerklauselI. Tatbestand1. Bosman = berechtigt aus Art. 39 EG, denn auchBerufsfußballer erfasst; kollektive Regelungunselbständiger Arbeit;2. Verbände = mittelbar verpflichtetII. Eingriff1. Transfersumme = Beschränkung der Freizügigkeit derFußballspieler;2. Ausländerklausel = DiskriminierungIII.a) Immanente Schrankezwingende Gemeinwohlerfordernisse? Vereinsinteressen?Ausbildende Vereine?III.b) Explizite SchrankeRechtfertigung aus Gründen der öffentlichen Ordnung,Sicherheit oder Gesundheit, Art. 39 Abs. 3 EGIV. Schranken-SchrankeVerhältnismäßigkeit

Rechtfertigung aus Gründen der öffentlichen Ordnung,Sicherheit oder Gesundheit, Art. 39 Abs. 3 EG

zwingende Gemeinwohlerfordernisse

Beschränkung der Arbeitnehmerfreizügigkeit

Arbeitnehmerfreizügigkeit

Drittwirkung anerkannt, d.h.Private (Arbeitgeber, Verbände etc.)auch an Arbeitnehmerfreizügigkeitgebunden

Schutzgut ist Freizügigkeit des Arbeitnehmers, derRecht auf Inländergleichbehandlung in jeweiligem MShat (Ausnahme: Öffentliche Verwaltung)

Bestandteil der Personenverkehrsfreiheit, die ausArbeitnehmerfreizügigkeit und Niederlassungsfreiheitbesteht

Dienstleistungsfreiheit,Art. 49 ff. EG

FallIn Italien müssen Reiseführer, die mit einer Reisegruppe auseinem anderen Mitgliedstaat anreisen, eine Erlaubnis zurBerufsausübung haben, die an den Nachweis besondererhistorischer und landeskundlicher Kenntnisse gebunden ist,was gesetzlich geregelt war. Die Kommission erhebt Klagevor dem EuGH. Ist überhaupt der Tatbestand eröffnet?

LösungWortlautauslegung: nur Fall eines Leistungserbringers, derin anderem Mitgliedstaat als dem des LeistungsempfängersansässigTeleologische Auslegung: Beschränkungen derDienstleistungsfreiheit derer zu beseitigen, die nicht in demStaat niedergelassen sind, in dessen Gebiet die Dienstleistungerbracht werden sollnur wenn alle wesentlichen Elemente derDienstleistungserbringung nicht über die Grenzen eines MShinausweisen, ist Dienstleistungsfreiheit nicht einschlägig(im Übrigen: Regelung unverhältnismäßig)

I. TatbestandDienstleistungII. EingriffBeschränkung der DienstleistungsfreiheitIII. a) Immanente Schrankezwingende Erfordernisse Des AllgemeinwohlsIII. b) Explizite RechtfertigungRechtfertigung aus Gründen der öffentlichen Ordnung,Sicherheit oder Gesundheit, Art. 55 i.V.m. 46 Abs. 1 EGIV. Schanken-SchrankeVerhältnismäßigkeit

Ergänzungsfunktion - Auffangtatbestand für dieanderen Freiheiten nach Art. 50 Abs. 1 EG- wird nur vorübergehend ausgeübt (Niederlassung istdauerhaft, ebenso Arbeitnehmereigenschaft; gegenüberWare – handelt sich nicht um Gegenstand)- gewährt Recht, eine in der Regel entgeltlicheDienstleistung über die Grenze hinweg in einemanderen Mitgliedstaat zu erbringen, ohnedauerhafte Niederlassung (Art. 49 und 50 EG)- Unterscheidung: aktive und passive, personenunabhängige,auslandsbedingte Dienstleistungsfreiheit

Warenverkehrsfreiheit,Art. 23 ff. EG

Fall:Nach dem deutschen Reinheitsgebot dürfen außer Malz, Hopfen undHefe und Wasser keine weiteren Zusatzstoffe zur Herstellung von Bierverwendet werden. Nicht nach diesem Gebot gebraute Getränke dürfennach einem deutschen Gesetz nicht unter der Bezeichnung „Bier“ inDeutschland verkauft werden. Das Einfügen von Zusatzstoffen ist imÜbrigen verboten

Lösung – Unterscheide – Bezeichnungsverbot/ZusatzstoffverbotI. TatbestandWarenverkehr + grenzüberschreitender BezugII. EingriffMaßnahmen gleicher Wirkung – ja EinfuhrverbotIII.a) Immanente Schrankezwingende Erfordernisse des Allgemeinwohls?EuGH: Verbraucherschutz – (Bezeichnung genügt)III.b) Explizite SchrankeRechtfertigung aus Gründen der Gesundheit (Art. 30 EG)– für bestimmte Zusatzstoffe grds. +IV. Schranken-SchrankeVerhältnismäßigkeit?Bezeichnungsverbot jedenfalls nicht erforderlich, da Zusatz„nach deutschem Reinheitsgebot gebraut“ zurVerbraucherinformation ausreichend;vollständiges Verbot von Zusatzstoffen unverhältnismäßig

Verhältnismäßigkeit

Explizite Schranke

Rechtfertigung aus Gründen der öffentlichen Ordnung,Sicherheit oder Gesundheit (Art. 30 EG)

Immanente Schranke

zwingende Erfordernisse des Allgemeinwohls(z.B. Pluralismussicherung)

Maßnahmen gleicher Wirkung

Tatbestand

Warenverkehr + grenzüberschreitender Bezug

Die Grundlagen der Freiheit des Warenverkehrs sind…

Maßnahmen gleicher Wirkung im Handel zwischenden Mitgliedstaaten

Beseitigung mengenmäßiger Ein- undAusfuhrbeschränkungen

Zollunion zwischen den Mitgliedstaaten

Warenverkehrsfreiheit Art. 23 ff. EG

Abbau von Schutzzöllen und anderen Hemmnissen für denHandel, die anlässlich Grenzübertritt anfallen

Ziel der EG: Freier Wirtschaftsverkehr zwischen MS

Marktordnungen

Bestimmte Produkte werden aus dem freien Markt herausgenommenund unterliegen speziellen Regelungen:

Bestandteile der Landwirtschafts-, Verkehrs- undHandelspolitik (insbesondere Fischerei undLandwirtschaft, etwa Butter und Milchmarktordnung)-> gemeinsamer Markt

Binnenmarkt

Art. 94, 95 EG stellen unterschiedlicheVerfahrenswege für beide „Marktarten“ auf

Gemeinsamer Markt:

Binnenmarkt+freier Wettbewerb,gemeinsameLandwirtschafts-,Verkehrs- undHandelspolitik

Art. 14 Abs. 2 EG –Raum ohne Binnengrenzen,freier Verkehr von Waren,Personen, Dienstleistungund Kapitalgewährleistest

Überblick

Art. 3 und Art. 4 EG:

Konkrete Umschreibungen, wie Zielsetzung desGemeinsamen Marktes durchgeführt werden soll

Art. 2 EG:

Ziel der Europäischen Gemeinschaften: GemeinsamerMarkt, Magisches Viereck, soziale Zielvorstellungen

Art. 1 Abs. 3 und Art. 2, 1. Spiegelstrich EU:

besonders wirtschaftliche Zielsetzungen sollenverwirklicht werden, weniger politische

Stichworte: Binnenmarkt, Gemeinsamer Markt undMarktordnungen

Beschränkungen sind nach Regel-Ausnahme-Prinziprechtfertigungsbedürftig

Art. 4 Abs. 1 EG: Verpflichtung auf den Grundsatz der offenenMarktwirtschaft mit freiem Wettbewerb

Berufsfreiheit Art. 12 GG

Stufenlehre BVerfGE 7, 377 – Apothekenurteil

Abnahme der Gestaltungsfreiheit d. Gesetzgebersmit zunehmender Eingriffsintensität höhere Rechtfertigungsanforderungen

Besonderheit: Schutzpflichten und Teilhabe

kein Anspruch auf Schaffung erweiterter Kapazitäten imAusbildungs- und Berufbereich, im Sinne eines Rechts aufArbeit

Bsp.: BVerfGE 33, 303 – Numerus Clausus

der Gesetzgeber hat die Pflicht, das Arbeitswesen soauszugestalten, dass die Berufsfreiheit erhalten bleibt

Bsp.: BVerfGE 97, 169 – Kündigungsschutz inKleinbetrieben

Drei-Stufenlehrenach BVerfGE 7, 377 –Apothekenurteil

Berufsausübungsregelungen

teils objektive, teils subjektiveausgestaltete Bedingungen, diedie Modalitäten, in denensich die berufliche Tätigkeitvollzieht, regelt

Beispiele: Anmeldepflichten Anzeigepflichten § 14 GewO Hygienevorschriften

subjektiveZulassungsvoraussetzungen

An die Wahl des Berufesgeknüpfte persönlicheEigenschaften und Fähigkeiten,Kenntnisse und Erfahrungen,erworbene Abschlüsseund erbrachte Leistungen

Beispiele: BVerfGE 13, 97 Handwerksordnung Meisterprüfung Rechtsanwalt § 4 BRAO

objektiveZulassungsvoraussetzungen

wenn zur Berufswahl objektive,dem Einfluss desBerufswilligen entzogene,von seiner Qualifikationunabhängige Kriterienerfüllt werden müssen

Beispiel: Spielbankmonopol UMTS-Lizenz

Eingriff

Drei-Stufenlehre

nach BVerfGE 7, 377 – ApothekenurteilAusweitung des einfachen Gesetzesvorbehalts ausArt. 12 I 2 GG auf den gesamten Schutzbereich

Einfacher Gesetzesvorbehalt Art. 12 I 2 GG

Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grundeines Gesetzes geregelt werden.

Bsp.: Richtlinien des Standesrechts sind keine Gesetze,sondern Verwaltungsvorschriften- Wesentlichkeitslehre ist zu beachten

Berufsausübungsfreiheit

Staatliche Regelung und Maßnahmen gelten nur alsEingriff, …• wenn sie sich unmittelbar auf die berufliche Tätigkeitauswirken• wenn sie in ihrer mittelbaren Auswirkungen voneinigem Gewicht sind

geschützt sind berufs- und ausbildungsspezifischeHandlungen

umfasst Bestimmung über Form, Mittel und Umfang derberuflichen Tätigkeit

Ausbildungsstätte

Ausbildung muss auf das Ziel einer berufsbezogenenQualifikation gerichtet sein. fehlt z.B. bei den Schulen

kein Anspruch auf kostenlose Ausbildung

nach BVerfGE: „Abwehrrecht gegenFreiheitsbeschränkungen im Ausbildungswesen“

Art. 12 Abs. 1 GG: Keine freie Wahl der Ausbildung undDurchführung der Ausbildung, sondern nur freie Wahl derAusbildungsstätte

Arbeitsplatzwahlfreiheit

Bei abhängig Beschäftigten: das Grundrecht auf denZutritt zum Arbeitsmarkt und die Wahl derVertragspartner

Arbeitsplatz ist die Stätte, an der eine berufliche Tätigkeitausgeübt wird (z.B. Atelier eines Künstlers)

Recht, einen Arbeitsplatz nach eigener Wahlanzunehmen, zu wechseln beizubehalten oder aufzugeben

Berufswahlfreiheit

das Berufsbild kann selbst bestimmt werden

dazu zählt auch die Wahl eines Zweitberufs oder einerNebenbeschäftigung

geschützt ist die Entscheidung überhaupt einen Berufzu ergreifen oder nicht zu ergreifen

Berufsbegriff

Jede selbstständige und unselbstständige Tätigkeit,die der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlagedient,auf Dauer angelegt istund nicht offensichtlich sozialschädlich ist.-> umfasst auch neu entstandene und frei erfundene Berufe

Eigentum

Institutsgarantie als Schranken-Schranke

- Setzt den Inhalts- und Schrankenbestimmungen sowie derEnteignung letzte Grenzen- Bedeutung relativ gering- Sichert einen Grundbestand an Normen, die einRechtsinstitut ausformen, das den Namen Eigentumverdient- Rechtsinstitut muss Privatnützigkeit gewährleisten

Schranken bei Enteignungen

Administrativenteignung:

muss auf einem rechtmäßigemGesetz beruhen + Verhältnismäßigkeit beachten

Legalenteignung:

Rechtsschutz praktisch auf dieVerfassungsbeschwerde begrenzt; nur wenn Eile undEffektivität notwendig ist, hohe Anforderungen

Junktimklausel:

das Gesetz muss Art und Ausmaß derEntschädigung regeln (Bsp.: BVerfGE 46, 268 –Bodenreformentschädigung)

Allgemeinwohlbedürfnis

Nach demVerhältnismäßigkeitsgrundsatzes muss ein erheblichesInteresse der Allgemeinheit vorliegen, weshalb keineanderen Maßnahmen ebenso geeignet wären

Schranken der Inhalts- und Schrankenbestimmungen

Vertrauensschutz

Disposition und Berechenbarkeit desEigentums

Kompensationsgebot

Bei unangemessenenVerkürzungen der EigentumsrechteÜbergangsvorschriften oder Entschädigungen notwendig

Ausgleichsgebot

Verpflichtung zum gerechten Ausgleichzwischen schutzwürdigen Interessen des Eigentümers unddem Belange des Gemeinwohls

Bsp.: Entschädigungsbestimmungen im Denkmalschutz(BVerfGE 100, 226)

Schranken

Enteignungen (Art. 14 III GG)

eine auf die vollständige oder teilweise Entziehungkonkreter subjektiver Rechtspositionen iSd Art. 14 I GG- zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgabengerichtete Maßnahme- können unmittelbar durch Gesetz (Legalenteignungen)oder aufgrund eines Gesetzes (Administrativenteignung)erfolgen

Inhalts- und Schrankenbestimmungen

Sozialbindung gem. Art. 13 Abs.1 S. 2„Eigentum verpflichtet. Sein Gebrauch soll zugleich demWohle der Allgemeinheit dienen.“

generelle und abstrakte Festlegung von Rechten undPflichten durch den Gesetzgeber bzgl. Eigentums- Eingriffe durch förmliche Gesetze oderRechtsverordnungen möglich- Durch eine konkrete Maßnahme im Einzelfall, also einenVerwaltungsakt

Erbrecht

Testierfreiheit

Das Recht des Erblassers, sein Vermögen an den zuvererben, an den er es vererben möchte.

- Besondere Tradition (schon in Weimar Art. 154 und 151)- Gleiche Inhalts- und Schrankenbestimmungen wie beimEigentum

Umfang des Eigentumsschutzes

geschützt werden:

die Nutzung desEigentums

Bsp.: Nutzung einesGrundstückes zurSicherung eines Darlehens(Art.14 GG)

-Verfahrensgarantie: Rechtdes Eigentümers, seineEigentümerinteressen imVerwaltungs- undGerichtsverfahren zuvertreten

Bsp.: Das Recht desEigentümers auf Verfolgung undDurchsetzung seiner Interessenim Mietrecht (E 37 132/143 ff)

der vorhandene Bestanddes Eigentums(nicht geschützt: Gewinnchancen,Erwartungen)

Bsp.: Nicht umfasst,dass landwirtschaftlichesGrundstück zu Baulandwird (BGHZ 62,96)

Wer wird geschützt?

Jede natürliche Person- jede juristische Person des Privatrechts oder eineranderen Personenvereinigung gemäß Art. 19 Abs. 3Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sichauf das Grundrecht nicht berufen.

Schutzbereich Eigentum!
Was ist Eigentum?

Alles, was das einfache Recht zu diesem Zeitpunkt alsEigentum definiert.-> Wandelbarer Begriff !

Alle privatrechtlichen vermögenswerten Rechte:• Eigentum nach §903 BGB: Grund und Fahreigentumsamt Befugnis, damit nach Belieben zu verfahren• Recht am eingerichteten und ausgeübtenGewerbebetrieb (BVerwGE 81, 49/54)• Vermögen als solches nur bedingt geschützt(Steuern dürfen keine „erdrosselnde“ Wirkung haben)• Sozialversicherungsrechtliche Positionen

Beispiele: Baufreiheit wird durch Bauplanungs- undOrndnungsrecht beschränkt (E 25, 263/276)

Fallbeispiel: Die Buchshecke als Naturdenkmal

Hinweis: Art. 14 GG

Rechtsvorschriften: Hierarchie
EG
GG

GewO

GastG

HandwO

Sektorübergreifend:fiskalpolitischeGesetze(StabG etc.)

Sektorspezifisch:Recht derNetzwirtschaften-TKG- PostG- AEG- EnWG

Begriff: Was ist Öffentliches Wirtschaftsrecht?
Definition

Recht,daswirtschaftlichesVerhaltennatürlicheroderJuristischerPersonenregelt

Rechtssätze, die Ahndung vonVerstößen gegen wirtschaftlicheVerhaltensnormendienen, die ihrerseits demprivatem oder öffentlichemWirtschaftsrecht angehören.

Rechtssätze, die dasWirtschaften regulieren unddem Staat oder anderenTrägern öffentlicher Gewaltzugeordnet sind (und durchBehörden durchgesetztwerden)

Recht, das internationale odersupranationale Einheiten berechtigtund verpflichtet, auf die WirtschaftEinzuwirken (Bsp: EG, WTO)Sonderfall: Außenwirtschaftsgesetz

Summe der einfachgesetzlichenRechtsnormen, die staatlicheEinheiten (=Behörden) zurEinwirkung auf die Wirtschaftberechtigen oder verpflichten,bzw. diese Einheitenorganisieren

Vorschriften des GGüber dieWirtschaftsordnungund für dasWirtschaftsleben

Gesetzliche Vorgaben desStaates für wirtschaftlicheVorgänge, die er nicht selbstmittels Behörden durchsetztund überwacht, sondern derenBeachtung den MarktteilnehmernunterKontrolle der Gerichteüberlassen wird

Wirtschaftsrecht(grobe Gliederung)

Wirtschaftsstrafrecht

öffentlich

Supra- und internationalesWirtschaftsverfassungs- und -verwaltungsrecht

Wirtschaftsverwaltungsrecht

Wirtschaftsverfassungsrecht

privat

Einführungsfall
Einführungsfall: Ein Franzose will in Deutschland Fitnescenter mit Barerrichten, Alkohol ausschenken und einen Laden mit Sporternährungsprodukten betreiben.Jetzt stellt sich die Frage, welche Genehmigungener dafür benötigt.Das wird nun geprüft:1. Aufenthalts- und Arbeitsgenehmigung als Franzose? (-)Niederlassungsfreiheit Artikel 43 EG-Vertrag- Beschränkungen der freien Niederlassung vonStaatsangehörigen eines Mitgliedstaats im Hoheitsgebieteines anderen Mitgliedstaats sind nach Maßgabe derfolgenden Bestimmungen verboten.- gilt auch für Beschränkungen der Gründung vonAgenturen, Zweigniederlassungen oderTochtergesellschaften durch Angehörige einesMitgliedstaats, die im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaatsansässig sind2. Baugenehmigung-> hier LBauO Baden-Württemberg einschlägig.Es werden besondere Anforderungen an die jeweiligen Einrichtungen gestellt, die erfüllt werden müssen umeine Genehmigung nach LBauO zu erhalten.3. Gewerbeanzeige-> hier ist die GewO einschlägig4. Gaststättenerlaubnis-> GastG

3. Gaststättenerlaubnis§ 1 Abs. 1 GastG: Ein Gaststättengewerbe im Sinne dieses Gesetzesbetreibt, wer im stehenden Gewerbe1. Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht(Schankwirtschaft),2. zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht(Speisewirtschaft),3. Gäste beherbergt (Beherbergungsbetrieb),wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisenzugänglich ist.Für die Gaststätte beim Fitnessstudio (+)Hinweis: Personalgenehmigung

3. Gewerbeanzeigea. für Fitnessstudio? (+)b. Zusätzliche Anzeige für Geschäft fürSporternährungsprodukte?- geschäftüblich für Fitnessstudio(§ 14 Abs. 1 Nr. 2 GewO) ⇒daher (-)c. Zusätzliche Anzeige für Parfümerie?- nicht geschäftsüblich für Fitnessstudio ⇒daher (+)

" Die Anzeige dient dem Zweck, der zuständigen Behörde dieÜberwachung der Gewerbeausübung sowie statistischeErhebungen nach Maßgabe der Absätze 5 bis 11 zu ermöglichen."

Hier wird klar: Ich muss die Normen einigermaßen einordnen, nachschlagen und anwenden können.Hier ist der EG-Vertrag einschlägig.TODO: Normen mal durchgehen.

Konzept der Vorlesung
Inhalt:- Wissen, welche öffentlich-rechtliche Normenunsere Wirtschaft prägen- Wandel im öffentlichen Wirtschaftsrecht durch dieLiberalisierungsprozesse in den Netzwirtschaften?Neue Formen des öffentlichen WirtschaftsrechtsZiel: - mit Rechtsquellen zurecht finden- mit Fallarbeit vertraut machen⇒ souveräner Umgang mit Normen!
TODO
Beispielfall durcharbeiten
EG-Verträge durchlesen
Wichtig, merken!
Art. 80 Abs. 1 GG
Wesentlichkeitsgrundsatz
Juristische Personen des öffentlichen Rechts können sichauf das Grundrecht nicht berufen.

Öffentliches Recht

Mindmap steht, jetzt mal schauen welche Bereiche wichtig sind und wie ich am besten die Fallbearbeitungsstruktur mir erarbeite

Öffentlich-rechtlicher Vertrag, §§ 54 ff. VwVfG
Durchsetzung des Vertragsrechts

Die Behörde ist nicht befugt, ihre vertraglichen Ansprüche per Verwaltungsakt durchzusetzen.Sie ist wie der Bürger auf den Klageweg verwiesen und muss vor demVerwaltungsgericht einen Vollstreckungstitel erwirken. Nach § 61 VwVfG kann sich beisubordinationsrechtlichen Verträgen jeder Teil der sofortigen Vollstreckung aus dem Vertragunterwerfen. Dann ist die Unterwerfungserklärung Vollstreckungstitel. In diesem Fall kanndie Behörde ihre vertraglichen Forderungen nach den Vorschriften über die Vollstreckungvon Verwaltungsakten selbst durchsetzen.

Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns in Form des öffentlich-rechtlichen Vertrages

Durchsetzbarkeit des Anspruchs, § 62 S. 2 VwVfG i.V.m. den Vorschriften des BGB

Haftungsbeschränkungen: sind auch im öffentlichen Recht zulässig, wobei die öffentlicheHand ihre Macht nicht missbrauchen darf: Haftungsausschluss der öffentlichen Hand fürVorsatz und grobe Fahrlässigkeit ist regelmäßig unwirksam.

Aufrechnung öffentlich-rechtlicher Forderungen ist entspr. §§ 387 ff. BGB möglich, wenndie Forderungen gegenseitig, gleichartig und fällig sind.

Entsprechend anwendbar auch Regeln des allg. Leistungsstörungsrechts: unmöglicheLeistungen begründen keine Leistungspflicht usw.

Zurückbehaltungsrecht: anwendbar mit der Einschränkung bei Leistungen aufgrund einesVerwaltungsakts, auf die der Bürger einen Anspruch hat.

Bsp.: S begehrt die Weiterzahlung einer von der Behörde bestandkräftig bewilligtenBerufsunfähigkeitsrente. Zur Zahlung einer solchen Rente hat sich die Behördevertraglich unter der Auflage verpflichtet, dass sich S einer regelmäßigen Unfähigkeitsuntersuchungunterzieht. Die Behörde verweigert die Zahlungen, solange sich S nichteiner erneuten Berufsfähigkeitsuntersuchung unterziehe. (VGH Kassel, NJW 1996,2746 leicht abgewandelt) Nach Ansicht des Gerichts hat S gleichwohl einen Anspruchauf Zahlung der Rente. Die Zahlungsverweigerung bei Nichteinhaltung dervertraglichen Pflicht würde im Fall dazu führen, dass die gesetzlichen Anspruchsvoraussetzungenumgangen würden.

Verjährung: Vorschriften des BGB sind entsprechend anwendbar, wobei spezielleöffentlich-rechtliche Vorschriften vorgehen. Daneben gilt auch der Grundsatz derVerwirkung, wenn ein langer Zeitraum vergangen ist und durch die Nichtgeltendmachungdes Anspruchs entsprechende Vertrauenstatbestände gesetzt worden sind.

Schließlich dürfen die Ansprüche aus dem Verwaltungsvertrag nicht untergegangen unddurchsetzbar sein. Ergänzend anwendbar sind dabei die Vorschriften der Einwendungen desBGB:

Teilnichtigkeit nach § 59 Abs. 3 VwVfG

Folgende Voraussetzungen müssen bei einer Teilnichtigkeit vorliegen:

Im Fall kann davon ausgegangen werden, dass sich die Nichtigkeit des einen Teils auchauf den Erschließungsvertrag erstreckt, denn die Verpflichtung zur Übertragung desEigentums war gerade die Gegenleistung für die Erschließung.Abwandlung: B ist bereits Eigentümer des Geländes und verpflichtet sich gegenVergütung zur Erschließung und die Stadt verpflichtet sich im Gegenzug, das Eigentum anden Grundstücken zu erwerben und die Unterhaltung zu übernehmen.Auch hierbei ist das Geschäft teilbar. Die Interessenlage der Parteien spricht dagegen,dass auch der Erschließungsvertrag nichtig sein soll: Erstens erhält B eine Vergütung fürdie Maßnahmen, zweitens hat er kein vorrangiges Interesse daran, das Eigentum an dieStadt zu übertragen. Ein solches Interesse bestünde unter Umständen dann, wenn B weitermit der Unterhaltung der Grundstücke belastet wäre (z.B. Unterhaltspflicht für dieStraßen)

Nach dem mutmaßlichen Willen der Parteien wäre der Vertrag auch ohne den nichtigenTeil geschlossen worden: Entscheidend ist, ob die Parteien an dem übrigen Teil desVerwaltungsvertrags festgehalten hätten, wenn sie zum Zeitpunkt des Vertragsschlussesdie Nichtigkeit des anderen Vertragsteils gekannt hätten.

Teilbarkeit: der übrige Teil muss als selbständiges Rechtsgeschäft bestehen bleibenkönnen, das wäre nicht der Fall, wenn die Erschließungsmaßnahmen zwingend einenEigentumswechsel voraussetzten. Im vorliegenden Fall ist Teilbarkeit gegeben.

Der nichtige Vertrag entfaltet keine Rechtwirkungen. Wenn die Nichtigkeit nur einen Teil desVertrags betrifft, so ist der Vertrag nach § 59 Abs. 3 VwVfG grundsätzlich insgesamt nichtig.Ausnahme: wenn nach dem mutmaßlichen Willen der Parteien der Vertrag auch ohne dennichtigen Teil geschlossen worden wäre.

Bsp.: Bauunternehmer B verpflichtet sich gegenüber der Stadt Karlsruhe, ein altes Geländefür moderne Wohnungen zu erschließen (Wasserleitungen, Straßenbau, Kanalisierung). ImGegenzug gab die Stadt die Erklärung ab, dem B das Eigentum an einem bestimmten Teildes Geländes zu übertragen, von einer notariellen Beurkundung wird abgesehen. (OVGKoblenz, DÖV 1978, 444 abgewandelt). Erfasst die Nichtigkeit nach § 57 VwVfGi.V.m. § 311b Abs. 1 BGB auch den Erschließungsvertrag?

Nichtigkeitsgründe nach § 59 VwVfG

§ 59 VwVfG bringt zum Ausdruck, dass es eine öffentlich-rechtliche Vertragsfreiheit wie imZivilrecht nicht geben kann, da die Behörde an Art. 20 Abs. 3 GG gebunden ist.Aus dem generellen Verweis auf die entsprechend anzuwendenden Vorschriften des BGBergibt sich, dass ein Verwaltungsvertrag zum Beispiel nichtig ist, wenn ein Vertragspartnergeschäfts- oder handlungsunfähig ist, bei beschränkter Geschäftsfähigkeit die Genehmigungnicht erteilt wurde usw.

Nichtigkeitsgründe des § 59 Abs. 2 VwVfGEin subordinationsrechtlicher Vertrag ist neben den Gründen aus Abs. 1 auch nichtig, wenn

spezifische Voraussetzungen eines Austauschvertrags: Nichtigkeit bei unzulässigerGegenleistung: Regelung erfasst aber alle in § 56 genannten Erfordernisse; dies folgt zwarnicht aus dem Wortlaut, aber aus dem Telos, denn die in § 56 aufgeführten Vertragsschrankensollen allesamt der Gefahr des Machtmissbrauchs und dem Ausverkauf vonHoheitsrechten vorbeugen.

Bsp.: Bürger verpflichtet sich gegenüber der Gemeinde, eine Folgelastenpauschale zuzahlen, damit diese seinen Bauantrag an die zuständige untere Baubehörde weiterleitet(VGH Mannheim, NVwZ 1991, 583). Auf die Weiterleitung des Antrags bestehtjedoch ein Anspruch, so dass Vertragsinhalt nur sein darf, was auch in einer Nebenbestimmunghätte geregelt werden dürfen (§ 56 Abs. 2 VwVfG). Der VGH folgertehieraus die Nichtigkeit.

wenn die spezifischen Voraussetzungen eines Vergleichs nicht vorliegen und einVerwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Verfahrens- oderFormfehlers rechtswidrig wäre: spezifisches Problem beim Vergleich ist, dass dieserimmer von der Rechtslage abweicht, weil er ja gerade durch das gegenseitige Nachgebenzustande kommt. Die Möglichkeit, von der Rechtslage abzuweichen, soll aber nichtmissbraucht werden dürfen.Zusätzlich muss der Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen einesVerfahrens- oder Formfehlers rechtswidrig sein.

Bsp.: Die Behörde schließt mit einem Bürger einen Dispensvertrag über eine Stellplatzpflicht,wonach sich der Bürger zur Zahlung eines bestimmten Betrags verpflichtet. InWahrheit hat B seine Stellplatzverpflichtung aber offensichtlich erfüllt; daher liegen dieVoraussetzungen eines Vergleichs nicht vor (die Sachlage ist klar, die Behörde hat sichnur geirrt), und ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt (Anordnung zurErfüllung der Stellplatzpflicht) wäre rechtswidrig

Ein Verwaltungsakt mit entsprechendem Inhalt nicht nur wegen eines Form- oderVerfahrensfehlers rechtswidrig wäre und beide Parteien dies wussten: Sinn ist, dieUmgehung gesetzlicher Vorschriften durch gemeinschaftliches Verhalten zu verhindern;die gemeinsame Kenntnis von Verfahrens- und Formfehlern, die auch bei einemVerwaltungsakt unbeachtlich wären (§ 46 VwVfG), führt nicht zur Nichtigkeit.

Ein Verwaltungsakt desselben Inhalts nichtig wäre: diese Regelung verweist auf dieNichtigkeitsgründe des § 44 VwVfG,

Bsp.: Verträge mit einer offensichtlich nicht zuständigen Behörde (Forstbehördeschließt einen Vertrag über einen Dispens von den Geschwindigkeitsbegrenzungen aufeiner Landstraße, die durch bewaldetes Gebiet führt)

§ 59 VwVfG unterscheidet zwischen koordinationsrechtlichen und subordinationsrechtlichenVerträgen, während Absatz 1 für alle Verträge gilt, gilt Absatz 2 nur für diesubordinationsrechtlichen. Absatz 2 ist also spezieller und daher immer vorrangig vorAbsatz 1 zu prüfen.

Beim Verwaltungsvertrag gilt folgende Besonderheit: Die Rechtswidrigkeit eines Verwaltungsvertragsführt nicht ohne weiteres zu dessen Nichtigkeit, sondern die Nichtigkeit trittnur ein, wenn ein in § 59 VwVfG aufgeführter Nichtigkeitsgrund eingreift. Daherkönnen rechtswidrige Verwaltungsverträge Bestand haben, ohne dass sie vom Bürgerangefochten oder von der Behörde aufgehoben werden können.

Inhaltliche Rechtmäßigkeit

Ein Verwaltungsvertrag muss inhaltlich mit dem geltenden Recht übereinstimmen.

Der Vertrag als Handlungsform muss (unabhängig vom Inhalt des Vertrags) zulässig sein(kein Vertragsformverbot): Vertrag als Handlungsform ist zulässig, wenn sich wederausdrücklich noch aus dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung etwas anderesergibt.

§ 2 Abs. 3 BauGB Verpflichtung zur Aufstellung eines Bebauungsplans, weildies das planerische Ermessen zu stark einengen würde.

Im Steuerrecht (Steuergerechtigkeit); aber nur hinsichtlich der Steuerpflicht,Verträge hinsichtlich der Bemessungsgrundlage sind bei schwierigenSachverhalten zulässig.

Aus dem Wesen der Regelungsgegenstände ergibt sich ein Vertragsformverbotfür das Besoldungsrecht, Wahlprüfung, weil die besondere Schutzbedürftigkeitder betroffenen Rechtsgüter einer vertraglichen Disposition entgegensteht.

Aus § 2 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG ergibt sich ein Vertragsformverbot für denBereich der Prüfungsentscheidungen.

Bei Vergleichs- und Austauschverträgen sind zusätzlich die besonderen Voraussetzungender §§ 55, 56 VwVfG einzuhalten.

Steht der Verwaltung ein Ermessen zu, müssen die Rechts- und Ermessensbindungeneingehalten werden.

Ist die Verwaltung gesetzlich gebunden (hinsichtlich des Vertragsinhalts), darf sie nurvereinbaren, was ohnehin gesetzlich vorgeschrieben ist.

Wirksamkeit des Vertrags

Mitwirkung von Behörden,

§ 58 Abs. 2 VwVfG: Nach dem Wortlaut des Absatz 2 ist dieMitwirkung nur dann Wirksamkeitserfordernis, wenn Genehmigung, Zustimmung oderEinvernehmen verlangt wird (bei mitentscheidenden Beteiligungsakten); unterlassenebegutachtende oder informierende Beteiligungen beeinträchtigen die Vertragswirksamkeitnicht.

Beteiligung Dritter bzw. anderer Behörden

Ein Verwaltungsvertrag, der in die Rechte Dritter eingreift, bedarf dessen Zustimmung,§ 58 Abs. 1 VwVfG. Ein solcher Eingriff liegt vor, wenn objektiv – also ohne dass es aufdie Intention der Vertragspartner ankommt – der rechtliche Status des Dritten durch denVertrag verschlechtert wird.

Bsp.: Vergleich zwischen der Behörde und einem Bürger, wonach ein baurechtswidrigerZustand ohne Zustimmung des Nachbarn geduldet wird (OVG NW, in:NVwZ 1988, 370). Damit sollen Verträge zu Lasten Dritter verhindert werden.

Schriftform

Nach § 57 VwVfG bedarf der Verwaltungsvertrag der Schriftform. Bestehen allerdingsstrengere gesetzliche Anforderungen oder wird durch Gesetz auf die Schriftformverzichtet, so sind diese Regelungen maßgeblich.

Bsp.: Verwaltungsverträge, die die Verpflichtung zur Übertragung eines Grundstücksbeinhalten, müssen notariell beurkundet werden, § 311b Abs. 1 BGB analog; Verzicht aufdie Schriftform kommt in der Praxis bei Massenverträgen vor: z.B.: Benutzungsverträge inöffentlichen Schwimmbädern, Museen etc.

Vorliegen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags

Damit ein öffentlich-rechtlicher Vertrag rechtmäßig ist, muss überhaupt eine vertraglicheRegelung zustande gekommen sein; wenn keine Willenserklärungen vorliegen oder diesenicht einander entsprechen, dann liegt schon kein Vertrag vor. Anwendung finden dieNichtigkeitsgründe des BGB (dazu siehe unten). Schließlich muss der Vertragsgegenstandöffentlich-rechtlicher Natur sein. Bezieht sich der Inhalt des Vertrags oder auch nur eineVertragspflicht auf einen öffentlich geregelten Sachzusammenhang, so ist der Gegenstandöffentlich-rechtlich.

Bsp.: Behörde verpflichtet sich zum Erlass einer Baugenehmigung; Behörde schließt einenVergleich über die Bemessungsgrundlage einer Steuer (Ob sie das darf, ist eine Frage derBegründetheit.). (Zur Abgrenzung öffentliches Recht / Privatrecht siehe oben A.III.)

Arten des öffentlich-rechtlichen Vertrags

Verpflichtungs- und Verfügungsgeschäfte

Verpflichtungsverträge: wenn sich ein oder mehrere Vertragspartner zu bestimmtenLeistungen verpflichten und der jeweils andere Partner daher einen Leistungsanspruch erhält;z.B.: Geldleistungen; Verpflichtung eines Grundstücksbesitzers, eine Bodenauskofferungvornehmen zu lassenVerfügungsverträge: führen eine unmittelbare Rechtsänderung herbei; z.B.: vertraglicheErteilung einer Genehmigung, eines Dispenses etc.

Zum Schutz des Bürgers und zur Verhinderung des „Ausverkaufs von Hoheitsrechten“gelten strenge Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen:

Gegenleistung des Bürgers muss in einem sachlichen Zusammenhang mit der vertraglichenLeistung stehen („Koppelungsverbot“):

Hat der Bürger einen Anspruch auf die Leistung der Behörde, so kann nach§ 56 Abs. 2 VwVfG nur eine solche Gegenleistung des Bürgers vereinbart werden, die alsNebenbestimmung zu einem Verwaltungsakt ergehen könnte.

Zusammenhang fehlt auch, wenn Gegenleistung einem anderen Zweck dient alsLeistung der Behörde:

Bsp.: Die Gemeinde erlässt dem A einen Erschließungsbeitrag gegen dieZahlung eines bestimmten Betrags, den die Gemeinde für die Instandsetzungihrer Kindergartenspielplätze verwendet. (BVerwG, NVwZ 2000,1285, 1287 leicht abgewandelt) Das Gericht lehnte einen sachlichenZusammenhang ab, weil die Instandsetzung von Spielplätzen keinebauplanerische Aufgabe sei und weder Voraussetzung noch Folgelast desBauvorhabens des A war.

Sachlicher Zusammenhang fehlt, wenn Bürger auf Leistung ohnehin einenAnspruch hat.

Bsp.: Die Zahlungspflicht des Bürgers für den Bau eines Parkhauses steht imsachlichen Zusammenhang mit dem Dispens, weil dadurch Parkraum geschaffenwird, den eigentlich (auch) der Bauherr errichten müsste.

Gegenleistung des Bürgers muss angemessen sein:

Bsp.: wenn der Betrag mit dem übereinstimmt, was der Bürger durch den Erhalt desDispenses an Kosten einspart; es gilt die Vermutung, dass die Gegenleistungangemessen ist, da sich der Bürger auf den Vertrag eingelassen hat

Gegenleistung des Bürgers muss der Erfüllung öffentlicher Aufgaben dienen:

Bsp.: Zahlung eines Beitrags für die Errichtung eines Museums, eines Parkhauses;nicht dagegen für Zahlungen an den Bürgermeister selbst (Amtsdelikte im Sinne der§§ 331 ff. StGB)

Gegenleistung des Bürgers muss für einen bestimmten Zweck vereinbart worden sein:Daran fehlt es, wenn eine allgemeine Zahlungspflicht ohne Zweckbestimmung vereinbartwird.

Subordinationsvertrag, § 54 S. 2 VwVfG

Austauschvertrag, § 56 VwVfG

Zu den Austauschverträgen zählen auch diejenigen Verwaltungsverträge, die nur dieLeistungspflicht des Bürgers enthalten, die Gegenleistung der Behörde aber als Geschäftsgrundlagevorausgesetzt wird („hinkende Austauschverträge“); Arg.: Wortlaut des§ 56 Abs. 1 S. 1 VwVfG, der nur die Gegenleistung des Bürgers voraussetzt.

Bsp.: Der nigerianische Student S erhält für sein Studium ein DAAD-Stipendium in Höhevon 50.000 €. Nach erfolgreichem Abschluss und nach einer Hochzeit mit einer deutschenStaatsangehörigen beantragt S die Einbürgerung, die ihm unter der Bedingung bewilligtwird, dass S sich verpflichtet, das Stipendium zurückzuzahlen, da der Zweck desStipendiums (Entwicklungshilfe durch die Förderung der künftigen Eliten inEntwicklungshilfeländern) mit der Eheschließung nunmehr weggefallen ist. S gibt einesolche Verpflichtung ab. (BVerwGE 96, 326) Das Gericht wertete die Erklärung als Austauschvertrag,obwohl der Vertrag nicht die Verpflichtung zur Einbürgerung enthält, sonderndie Einbürgerung allein durch Verwaltungsakt erklärt wurde.

Austauschverträge sind Verträge, deren Leistungen in einem Gegenseitigkeitsverhältnisstehen.

Bsp.: Die Behörde erteilt eine Sonderparkerlaubnis. Im Gegenzug verpflichtet sich derBürger zur Zahlung eines Betrags für die Errichtung eines städtischen Parkhauses.

Vergleichsvertrag, § 55 VwVfG

Der Vergleich soll eine bestehende Ungewissheit hinsichtlich tatsächlicher oder rechtlicherUmstände durch gegenseitiges Nachgeben beseitigen.Die Besonderheit besteht darin, dass der Inhalt der Vereinbarung immer von der Rechtslageabweicht. Daher sind hohe Anforderungen an das Zustandekommen eines Vergleichs zustellen. Voraussetzungen sind also:

Zugeständnisse beider Partner

Bsp.: Abfindungsvergleich (sofortige Entschädigung gegen Verzicht auf weitereAnsprüche); auch Prozessvergleiche, da diese zugleich Verwaltungsvertrag undProzesshandling sind.

Ungewissheit, die nicht ohne weiteres beseitigt werden kann und die durch denVergleich beseitigt wird: dies ist nicht der Fall, wenn Ungewissheit nur fingiert ist, umbestimmte Nichtigkeitsbestimmungen zu umgehen:

Bsp.: A wendet sich gegen die Erteilung einer Baugenehmigung für eine Schreinereiauf seinem benachbarten Grundstück. Daraufhin schließt die Behörde mit A einenVergleich, dass auch dem A eine Baugenehmigung erteilt werde, er aber gegen dieBaugenehmigung für die Schreinerei keine weiteren Schritte unternehmen dürfe. Als Adie Baugenehmigung beantragt, verweigert die Behörde die Erteilung. A beruft sich aufden Vergleich. (BVerwGE 49, 359, 364 f.): Die Ungewissheit (Rechtmäßigkeit derGenehmigung für Schreinerei) wurde durch den Rechtsmittelverzicht des A beseitigt.Die Leistung an A hat aber mit der Ungewissheit nichts zu tun. Ungewissheit undNachgeben müssen sich auf ein und denselben Punkt beziehen. Deshalb hat dasBVerwG die Vereinbarung nicht als Vergleich gewertet. Da der Inhalt des Vertragswegen eines Verstoßes gegen die §§ 29 BauGB unwirksam war, hat das Begehren des Akeinen Erfolg. Möglicherweise kann er aber Schadensersatz verlangen.

Der Subordinationsvertrag ist definiert in § 54 S. 2 VwVfG: Es handelt sich um Verträge,deren Gegenstand durch Verwaltungsakt festgelegt werden könnte.Unterscheide: Vergleichsvertrag und Austauschvertrag

Koordinationsvertrag, § 54 S. 1 VwVfG

Koordinationsverträge im Sinne des § 54 S. 1 VwVfG sind Verträge, die zwischen Vertragspartnernabgeschlossen werden, die hinsichtlich des Vertragsgegenstandes gleichgeordnetsind (str.). Sie betreffen Rechtsbeziehungen, die nicht durch Verwaltungsakt geregelt werdenkönnten.

Bsp.: Vertrag zwischen zwei Gemeinden über die Veränderung des Gemeindegebiets;Vereinbarung zwischen Bürgern über die Übernahme einer straßenrechtlichenUnterhaltungspflicht (str., h.M.)

Bedeutung und Funktionen im Verwaltungsverfahren

Zum zustimmungsbedürftigen Verwaltungsakt grenzt sich der Verwaltungsvertrag wiefolgt ab:

Unterschiede

beim Vertrag ist Willenserklärung des Bürgersaber konstitutiv für das Zustandekommen

Zustimmung des Bürgers ist lediglich Rechtmäßigkeits-(z.T. Wirksamkeits-) voraussetzung.

Bürger entscheidet über Inhalt der RegelungmitBsp.: Vertrag über Benutzung eines öffentlichenSchwimmbads: Bürger kann entscheiden,ob er zusätzlich die Sauna benutzen willoder nicht. Je nachdem variiert der Inhalt desBenutzervertrags.

Zustimmungsbedürftige Verwaltungsaktedürfen zwar nur erlassen werden, wenn derBürger seine Zustimmung erklärt hat (Bsp.:alle Genehmigungen, diese dürfen nur aufAntrag erteilt werden; Beamtenernennung;Immatrikulation); jedoch entscheidet Bürgernicht über den Inhalt der Regelung mit.

Vertrag ist, wie im Zivilrecht, die Einigungmehrerer Rechtssubjekte über die Herbeiführungeines bestimmten Rechtserfolges. DerVertrag kommt durch die Abgabe übereinstimmenderWillenserklärungen zustande.

Verwaltungsakt wird demgegenüber einseitigerlassen.

Gemeinsamkeiten: beide sind verwaltungsrechtliche Regelungen eines Einzelfalls mitAußenwirkung

Anwendungsbereich: §§ 54 ff. gelten auch nur im Anwendungsbereich des VwVfG, d.h. siegelten nicht für

Strafrecht („Deal“ im Strafverfahren ist kein Vertrag nach §§ 54 ff. VwVfG)

Leistungs-, Eignungs- und Prüfungsentscheidungen

Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch und der Abgabenordnung

Tätigkeiten der öffentlichen-rechtlichen Kirchen und Religionsgesellschaften

Der Verwaltungsvertrag ist in § 54 S. 1 VwVfG legaldefiniert als ein Vertrag, durch den einRechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts begründet, geändert oderaufgehoben wird.

In der Praxis nimmt die Bedeutung des öffentlich-rechtlichen Vertrags immer mehr zu. Erermöglicht der Verwaltung, flexible Regelung zu treffen und auch atypischen Fällen gerechtzu werden. Zudem bezieht er den Bürger in das Verwaltungsgeschehen mit ein und fördertdamit die Bereitschaft, Verwaltungsentscheidungen durchzuführen.

Verwaltungsakt, § 35 Satz 1 VwVfG
Widerruf des Verwaltungsaktes, § 49 VwVfG

Frist und Rechtsfolgen

Die Widerrufsfrist bestimmt § 49 Abs. 2 i.V.m. § 48 Abs. 4 VwVfG (siehe oben D.II.8.b.).Der Verwaltungsakt wird mit wirksamem Widerruf unwirksam, es sei denn die Behördebestimmt einen anderen Zeitpunkt. Die Behörde hat eine Entschädigung für den Vertrauensschadenin den Fällen des Absatz 2 und 3 zu leisten. Die Fälle des Absatz 2 Nr. 1 und 2 sindnicht aufgenommen worden, weil der Begünstigte mit der Aufhebung rechnen musste (Nr. 1)oder der Widerruf durch sein Verhalten veranlasst wurde (Nr. 2).

Keine Ermessensfehler

Die Behörde muss Verwaltungsakte ermessensfehlerfrei widerrufen. Wenn sich dieSach- oder Rechtslage wesentlich ändert, kann die Behörde zum Widerruf sogar verpflichtetsein (Ermessensreduzierung auf Null). Das gleiche gilt, wenn ein Subventionsbescheid mitAuflagen gewährt wurde, die die Einhaltung der gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsregelnsicherstellen, und der Begünstigte diese Auflagen nicht einhält. Die Behörde istaufgrund des Gemeinschaftsrechts (Art. 10 EG-Vertrag, effet-utile) verpflichtet, denBewilligungsbescheid zu widerrufen.

Auch hier haben spezielle Ermächtigungsgrundlagen Vorrang: § 15 Abs. 2 und 3 GastG,§ 21 BimschG; § 17 Abs. 3 bis 5 AtomG. Ansonsten kommt § 49 VwVfG zur Anwendung.Diese Vorschrift unterscheidet zwischen:

Widerruf nicht begünstigender (§ 49 Abs. 1 VwVfG) Verwaltungsakte:nichtbegünstigend ist ein Verwaltungsakt, wenn er dem Betroffenen weder ein Rechtgewährt noch einen rechtlichen Vorteil bestätigt.

Nicht begünstigende Verwaltungsakte dürfen widerrufen werden, es sei denn, ein inhaltsgleicherVerwaltungsakt müsste erneut erlassen werden.

Bsp.: Wenn es sich um einen gebundenen Verwaltungsakt handelt und sich dieSach- und Rechtslage nicht geändert hat oder wenn bei Ermessensentscheidung dasErmessen auf Null reduziert ist, z.B. Abrissverfügung ist aus Sicherheitsgründen zwingenderforderlich.

Widerruf begünstigender Verwaltungsakte (§ 49 Abs. 2 VwVfG) und

Ein Widerruf auch mit Wirkung für die Vergangenheit ist in den Fällen des§ 49 Abs. 3 VwVfG möglich bei Leistungsverwaltungsakten (wie § 48 Abs. 2 VwVfG), diezur Erfüllung eines bestimmten Zwecks gewährt werden, und der Zweck nicht erfüllt wird.Die Rechtsfolge der ex-tunc-Wirkung ist also auch in das Ermessen der Behörde gestellt.

Begünstigende Verwaltungsakte dürfen nur widerrufen werden, wenn einer derWiderrufsgründe des § 49 Abs. 2 (Widerruf mit Wirkung nur für die Zukunft) oder Abs. 3(Widerruf auch mit Wirkung für die Vergangenheit) VwVfG vorliegt. Widerrufsgründe sindzum Beispiel, wenn der Verwaltungsakt mit einer Auflage versehen war und der Begünstigtediese nicht erfüllt (vgl. § 49 Abs. 2 Nr. 2). Ebenfalls zulässig ist der Widerruf aufgrundnachträglich veränderter Tatsachen (vgl. § 49 Abs. 2 Nr. 3).

Bsp.: Widerruf der Ausmusterung, wenn der Wehrpflichtige bei erneuter Untersuchungverwendungsfähig ist; Tatsachen können aber auch solche Umstände sein, auf derenEintritt der Begünstigte keinen Einfluss hat (z.B. verschärfte Ausmusterungsanforderungenwegen steigender Zahl der Kriegsdienstverweigerer).

Widerruf ist die Aufhebung eines rechtmäßigen Verwaltungsakts. Verwaltungsakte werdenin den häufigsten Fällen dann widerrufen, wenn sich die Sach- und Rechtslage so ändert, dassder Verwaltungsakt nicht mehr erlassen werden würde.

Bsp.: Die Änderung der Lerninhalte kann zum Widerruf einer Genehmigung eines Schulbuchsführen; eine angespannte Haushaltslage kann zum Widerruf eines Bewilligungsbescheidsführen.

Rücknahme des Verwaltungsaktes, § 48 VwVfG

Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte und die Anforderungen des § 48 Abs. 2bis 4 VwVfG

Beide Fälle eines begünstigenden Verwaltungsakts weisen dennoch Gemeinsamkeiten auf:

Frist des § 48 Abs. 4 VwVfG: Fristbeginn: Die Behörde muss alle die Rücknahmerechtfertigenden Tatsachen kennen. Erst dann beginnt die Jahresfrist zu laufen. DieBehörde kann daher durch immer neue Ermittlungen die zeitliche Begrenzung des§ 48 Abs. 4 VwVfG unterlaufen. Nach Ansicht des BVerwG kommt es für denFristbeginn zudem nicht auf die Kenntnis der Behörde als solcher an, sondern auf dieKenntnis des zuständigen Amtsträgers. Der Behörde kann es aber unter Umständen ausGründen von Treu und Glauben verwehrt bleiben, sich auf die Rücknahmemöglichkeit zuberufen, wenn ein anderer Amtsträger entsprechende Kenntnisse hatte. (BVerwG(Großer Senat) E 70, 356 ff.)

Ermessensfehlerfreie Rücknahme: § 48 Abs. 1 S. 1 VwVfG findet auch hier Anwendung

Bsp.: Bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung kann es der Vertrauensschutzerfordern, dass nur ex nunc zurückgefordert werden darf, also nicht mit Wirkung fürdie Vergangenheit.

Anwendung des § 49 Abs. 2 VwVfG auf § 48 Abs. 2 und 3 VwVfG: Ein rechtwidrigerVerwaltungsakt kann erst recht zurückgenommen werden, wenn die Voraussetzungen fürden Widerruf eines rechtmäßigen Verwaltungsakts vorliegen.

Das Vertrauen ist nur dann schutzwürdig, wenn es die öffentlichen Interessen an derRücknahme überwiegt. Zu berücksichtigen ist der Einzelfall. An ein überwiegendesöffentliches Interesse sind keine hohen Anforderungen zu stellen, da§ 48 Abs. 2 S. 2 VwVfG die meisten Fälle der Schutzwürdigkeit erfasst.

Bsp.: Je mehr Zeit seit dem Erlass verstrichen ist, desto größer ist der Vertrauensschutz;je förmlicher das Verwaltungsverfahren ausgestaltet war, desto größer ist derVertrauensschutz.

Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte gewährteLeistungen verbraucht oder andere Vermögensdispositionen getroffen hat, die er nichtmehr oder nur unter unzumutbaren Bedingungen rückgängig machen kann(§ 48 Abs. 2 S. 2 VwVfG).

Bsp.: Ein Fernsehsender hat den ihm gewährten Kulturzuschuss bereits verbraucht,nachdem sich herausstellt, dass derartige Zuschüsse nicht mehr für Fernsehmedienvergeben werden dürfen.

Das Vertrauen ist in keinem Fall schutzwürdig, wenn der Verwaltungsakt mit Mittelnerlangt wird, die in § 48 Abs. 2 S. 3 VwVfG aufgezählt sind.

Bsp.: Ein Student erhält aufgrund falscher Angaben über seine Zeugnisse einStipendium.

Der Betroffene muss zunächst tatsächlich auf den Bestand des Verwaltungsaktsvertraut haben (notwendige Bedingung).

Begünstigende Verwaltungsakte dürfen nur unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 2 bis 4VwVfG zurückgenommen werden. Hier ist zu unterscheiden zwischen

Übrigen begünstigenden Bescheiden (§ 48 Abs. 3 VwVfG): z.B. Verleihung derStaatsangehörigkeit; Rücknahme unter Ausgleich des Vertrauensinteresses ist stetsmöglich. Die Verwaltung muss aber einen Vermögensausgleich zahlen, den derBetroffene dadurch erleidet, dass er auf den Bestand des Verwaltungsakts vertraut hatund sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse schutzwürdig ist.Die Abwägung hat also keinen Einfluss auf das Ob der Rücknahme, sondern ist nurVoraussetzung für einen Ausgleichsanspruch. Geschützt wird das Vermögensinteresse.

Leistungsbescheiden (§ 48 Abs. 2 VwVfG): Bsp.: Subventionen, Stipendien; Hierbeischeidet die Rücknahme aus, wenn das Vertrauen des Begünstigten unter Abwägung mitdem öffentlichen Interesse an der Rücknahme schutzwürdig ist. Geschützt wird derBestand des Verwaltungsakts.

Die Unterscheidung zwischen rechtswidrigen, begünstigenden und rechtswidrigen,belastenden Verwaltungsakten

Rücknahme ist die Aufhebung eines wirksamen, aber rechtswidrigen Verwaltungsakts.Spezialregelungen für die Rücknahme finden sich beispielsweise in der Abgabeverwaltung(§§ 130 ff. und §§ 172 ff. AO), im Sozialrecht (§§ 44 ff. SGB X) oder in § 15 Abs. 1 GastG.Ansonsten greift § 48 VwVfG, der zwischen der Rücknahme belastender (§ 48 Abs. 1 S. 1VwVfG) und begünstigender Verwaltungsakte (§ 48 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 bis 4 VwVfG)unterscheidet:

Bei der Rücknahme belastender Verwaltungsakte besteht dieser Widerstreit nicht, dennder Bürger hat ebenso ein Interesse an der Aufhebung wie die Verwaltung. Daher kannein rechtswidriger und belastender Verwaltungsakt jederzeit für die Zukunft und fürdie Vergangenheit zurückgenommen werden.

Bei der Rücknahme begünstigender Verwaltungsakte kollidieren zwei Prinzipien:Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (fordert, dass rechtmäßiger Zustand wiederhergestelltwird); Vertrauensschutz des Bürgers (Vertrauen auf den Bestand des Verwaltungsakts)

Zusicherung, § 38 VwVfG

Ob die Behörde eine Zusicherung abgibt, steht in ihrem Ermessen. Besondere Rechtmäßigkeitsvoraussetzungenstatuiert § 38 Abs. 1 und 2 VwVfG. Eine wichtige Besonderheitder Zusicherung ist die Vorschrift des § 38 Abs. 3 VwVfG. Diese enthält einen spezialgesetzlichgeregelten Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage. Die Vorschrift trägt demUmstand Rechnung, dass Zusicherungen nur im Hinblick auf eine bestimmte Sach- undRechtslage abgegeben werden. Die Bindungswirkung entfällt unabhängig von einerBekanntgabe einer Aufhebung ipso iure. Bei der Betrachtung, ob eine solche Änderungeingetreten ist, kommt es nicht auf die zusichernde Behörde an, sondern auf eine objektiveBetrachtungsweise unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck der Rechtssätze, derenVollzug oder Wahrnehmung der zugesicherte Verwaltungsakt dient.

Ein Anspruch aus § 2 Abs. 1 GastG scheidet aus, da die Erlaubnis wegen der Unzuverlässigkeitdes G nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG zu versagen ist. Ein Anspruch könnte sich aber ausder Zusicherung der Behörde ergeben. Die Erklärung der Behörde ist als Zusage, einenbestimmten VA zu erlassen, auszulegen und stellt daher eine Zusicherung nach§ 38 Abs. 1 VwVfG dar. Diese ist auch wirksam erteilt worden. Jedoch greift§ 38 Abs. 3 VwVfG, da sich die Sachlage so geändert hat, dass die Behörde aufgrund dernachträglich eingetretenen Änderung nach § 4 Abs. 1 Nr. 1 GastG die Erlaubnis aus Rechtsgründenzu versagen hätte. Die Behörde ist daher an die Zusicherung nicht mehr gebunden.Die Zusicherung wird damit ipso iure hinfällig.

Bsp.: Gastwirt G möchte eine Gaststätte eröffnen und beantragt eine Gaststättenerlaubnisnach § 2 Abs. 1 S. 1 GaststättenG (GastG). Die zuständige Behörde teilt dem G schriftlichmit: „Aufgrund einer Vielzahl von Anträgen wird sich die Bearbeitung Ihres Antragsverzögern. Sie können jedoch davon ausgehen, dass der Erteilung der begehrten Erlaubnisnichts im Weg steht“. Nach zwei Monaten wird dem G die Erlaubnis verweigert, da sichwegen einer zwischenzeitlich begangenen Straftat die Unzuverlässigkeit des Gherausgestellt hat. Hat G einen Anspruch auf Erteilung der Erlaubnis?

Sie ist schließlich abzugrenzen vom vorläufigen Verwaltungsakt: Dieser trifft eine eigeneRegelung unter Vorbehalt (und sichert diese nicht nur zu). Die Behörde ist an keineRücknahmevorschriften gebunden, denn der Endbescheid ersetzt den vorläufigenVerwaltungsakt, womit sich dieser erledigt. Die Behörde ist aber anders als bei derZusicherung (dort außer in den Fällen des § 38 Abs. 3 VwVfG) nicht an die Regelung desvorläufigen Verwaltungsakts gebunden. Allerdings entfällt die Bindungswirkung beimvorläufigen Verwaltungsakt nicht ipso iure, sondern erst durch den Erlass eines endgültigenVerwaltungsakts.

Bsp.: W hat Probleme mit dem Finanzamt, weil er wegen des schlechten Wetters nichtabschätzen kann, wie viel er im kommenden Jahr verdienen wird. Er einigt sich mit demFinanzamt Baden-Baden darauf, dass seine Umsatzsteuer auf einer geschätzten Umsatzgrundlagevon 10 Mio. € ermittelt wird. In dieser Höhe stellt das Finanzamt einenvorläufigen Steuerbescheid aus. Ergibt sich am Jahresende, dass die Gewinne des W weithöher lagen, weil er wegen einer Zusicherung doch mutiger investiert hat, wird dervorläufige Steuerbescheid einfach durch den Endgültigen ersetzt.

Sie ist weiter abzugrenzen von der unverbindlichen Auskunft. Die Unterscheidung trifft inder Regel schon die Form: Während die Zusicherung in Schriftform ergehen muss (vgl.§ 38 Abs. 1 S. 1 VwVfG), wird die Auskunft meist mündlich erteilt. Die Auskunft ist einRealakt; die Zusicherung ist aufgrund der Regelung des § 38 Abs. 2 VwVfG verbindlich.

Bsp.: Weinbauer W fragt beim städtischen Wirtschaftsamt an, ob denn noch in Zukunftmit der Zahlung einer Subvention zu rechnen sei. Der Beamte antwortet, dass diese injedem Fall in den nächsten zwei Jahren noch gezahlt werde. Hier handelt es sich um eineAuskunft, die nur ausnahmsweise Vertrauensschutz begründen kann. Anders liegt es, wennW beim Amt nachfragt und eine schriftliche Antwort erhält, dass sein Antrag „in jedemFall“ positiv beschieden werde. Hier hängt viel von der Formulierung ab. KeineZusicherung: „Derzeit kann man davon ausgehen.“ Zusicherung: „Hiermit wird ihnenverbindlich erklärt …“

Zusicherung ist das verbindliche Versprechen einer Behörde, einen Verwaltungsakt zuerlassen oder nicht zu erlassen. Sie ist eine spezielle Form der Zusage, nämlich eine Zusage,die sich auf einen Verwaltungsakt bezieht. Sie gibt dem Bürger einen Anspruch auf den Erlassoder den Nichterlass eines Verwaltungsakts, unabhängig davon, ob dieser Anspruch nachmateriellem Recht auch besteht. Abzugrenzen ist die Zusicherung von Verwaltungsaktenmit unmittelbarer Regelungswirkung. Bei der Zusicherung hängt die Wirksamkeit deszugesicherten Verwaltungsakts von erst in der Zukunft liegenden Umständen ab, die in derGegenwart noch nicht feststehen; bei einem „normalen“ Verwaltungsakt wird dieunmittelbare Sachregelung sofort getroffen.

Bsp.: Bei der Ausstellung eines Führscheins wird die Rechtslage unmittelbar gestaltet, derInhaber darf ab sofort ein KFZ fahren. Bei der Zusicherung, dass eine Baugenehmigungerteilt wird, darf der Adressat der Zusicherung noch nicht bauen, hat aber einen Anspruchdarauf, dass die zugesicherte Genehmigung bei Vorliegen aller Voraussetzungen erteiltwird.

Nebenbestimmungen zum Verwaltungsakt, § 36 VwVfG

Die einzelnen Arten der Nebenbestimmungen werden in § 36 Abs. 2 VwVfG genannt:

Auflagenvorbehalt:

Behörde behält sich vor, nachträglich eine Auflage zu erlassen, diesezu ändern oder zu ergänzen.

Auflage:

Anders als Bedingung und Befristung enthält die Auflage eine eigeneSachregelung, nämlich die Verpflichtung des Begünstigten zu einem bestimmten Tun,Unterlassen oder Dulden. Sie ist daher selbst Verwaltungsakt. Sie ist dennochNebenbestimmung, da sie nur dann erfüllt werden muss, wenn von demHauptverwaltungsakt Gebrauch gemacht wird.

Bsp.: A betreibt ein Betonwerk. Die zuständige Bauaufsichtsbehördeerteilte am 1. Februar 2004 eine Genehmigung, die unter anderem eine „alsbesondere Auflage“ bezeichnete Nebenbestimmung enthielt: „Die Anlagensind so zu erstellen, dass der von ihnen ausgehende Lärmpegel, 0,5 Metervor dem geöffneten Fenster des am nächsten gelegenen Wohnhausesgemessen, am Tag 65 dB(A), nachts 50 dB(A) nicht überschreitet.“(BVerwG, DÖV 1974, S. 380)Die von der Bauaufsichtsbehörde erlassene Nebenbestimmung ändert dasbeantragte Vorhaben wesentlich ab. Anstelle eines „normalen“ Betonwerks,muss A ein Werk errichten, das die vorgeschriebenen Lärmpegel nichtüberschreitet. Hierfür ist ein hoher technischer Aufwand notwendig. NachAnsicht des BVerwG hat die als Auflage bezeichnete Bestimmung dasbegehrte Vorhaben wesentlich modifiziert, denn die „Auflage“ betraf nichteine bloß neben die Gewährung tretende selbständige Leistungspflicht,sondern unmittelbar das Vorhaben in wesentlichen Punkten (es wurde einanderes Vorhaben gewährt, da für die Erfüllung der „Auflage“ ein enormertechnischer Aufwand nötig war). Es handelt sich de facto um eine anderetechnische Anlage. Hinweis: Insgesamt herrscht großes Begriffswirrwarrund inhaltlicher Streit, zum Ganzen Stelkens/Stelkens, in:Stelkens/Bonk/Sachs, § 36 Rn. 48 ff.

Abzugrenzen ist die Auflage aber von der inhaltlichen Änderung derGenehmigung (modifizierte Genehmigung): Eine solche liegt vor, wenn dieVerwaltung dem Bürger etwas qualitativ anderes gewährt als er beantragt hat,ein aliud also und kein durch die Auflage bewirktes Weniger. Die Behörde sagtnicht „Ja, aber“, sondern „Nein, aber“. Ob eine Inhaltsänderung oder eineAuflage vorliegt, ist durch Auslegung zu ermitteln: Ist das tatsächlich Gewährtenach Auslegung des Antrags noch von diesem gedeckt? Prozessual ist die Fragedeshalb so wichtig, weil der Bürger eine Auflage mit der Anfechtungsklageangreifen kann, ohne die Genehmigung zu „gefährden“. Im Falle derInhaltsänderung wäre er auf eine Verpflichtungsklage verwiesen.

Unterschied zur Bedingung: Der mit der Auflage verbundene Verwaltungsaktwird auch bei Nichtbefolgung der Auflage wirksam, die Erfüllung der Auflagekann aber per Verwaltungszwang durchgesetzt werden. Der aufschiebendbedingte Verwaltungsakt wird erst mit Bedingungseintritt wirksam. DieserUnterschied wird auf den Punkt gebracht durch den oft zitierten Satz vonSavigny: „Die Bedingung suspendiert, zwingt aber nicht, der Modus (Auflage)zwingt, suspendiert aber nicht.“

Widerrufsvorbehalt:

ein Sonderfall der auflösenden Bedingung. Das Ereignis, das dieWirksamkeit des Verwaltungsakts beendet, ist der Widerruf des Verwaltungsakts durchdie Behörde.

Bedingung

macht die Wirksamkeit eines Verwaltungsakts vom Eintritt eines bestimmtenEreignisses abhängig.

Bsp.: Die Gewerbeerlaubnis wird unter der „Prämisse“ erteilt, dassder Nachweis über die erforderliche fachliche Qualifikation nachgereicht wird.

Befristung:

legt den Beginn oder das Ende der Wirksamkeit eines Verwaltungsakts inzeitlicher Hinsicht fest.

Bsp.: Gewerbeerlaubnis bis zum Ende der Sommersaison am30.9.

Nebenbestimmungen spielen in der Verwaltungspraxis eine erhebliche Rolle. Sie haben denZweck, rechtliche und tatsächliche Hindernisse zu beseitigen, die einer uneingeschränktenGenehmigung entgegenstehen. Damit geben sie der Verwaltung die Möglichkeit, Einfluss aufdie Ausgestaltung eines Projektes nehmen zu können, ohne dieses ablehnen zu müssen.Anstelle eines strikten „Nein“ kann sie „Ja, aber“ sagen. Nebenbestimmungen sind inSpezialgesetzen und in § 36 VwVfG geregelt. § 36 Abs. 1 regelt die Nebenbestimmungen zurechtlich gebunden Verwaltungsakten, Abs. 2 die zu Ermessensverwaltungsakten.

Rechtsfolgen von Fehlern

Ist eine Heilung nicht zulässig oder nicht erfolgt, kann noch auf § 46 VwVfG zurückgegriffenwerden: Formale Fehler, die offensichtlich die Entscheidung in der Sache nicht beeinflussthaben, sind nach § 46 VwVfG sogar unbeachtlich.

Es gibt aber auch Grenzen der Heilung:

Heilung kann nur bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens oder, falls ein solchesnicht stattfindet, bis zur Erhebung der Klage vor dem Verwaltungsgericht erfolgen.

Es können nur die in § 45 VwVfG aufgezählten Mängel geheilt werden.

Bei Form- und Verfahrensfehlern bestehen Besonderheiten: Sollen Verwaltungsakte nurdeshalb rechtswidrig sein, weil sie unter einem formalen Fehler leiden, im Übrigen aber mitdem gleichen Inhalt hätten erlassen werden müssen oder können? Dieses Ergebnis wäre sehrunökonomisch. Deshalb können bestimmte Verfahrensfehler gemäß § 45 VwVfG durchNachholung geheilt werden, wenn diese Fehler nicht zur Nichtigkeit geführt haben. DieHeilung führt zur Beseitigung des Verfahrensverstoßes.

Bsp.: Formale Begründungsfehler können nachgeholt werden. Eine Anhörung kannnachgeholt werden. Die fehlende oder fehlerhafte Rechtsbehelfbelehrung führt dazu, dasssich die prozessuale Anfechtungsklagefrist gemäß § 58 Abs. 2 VwGO auf ein Jahrverlängert.

Der nichtige Verwaltungsakt ist unwirksam. Er entfaltet von Anfang an keine Rechtsfolgen,der Bürger muss ihn nicht befolgen. Rechtswidrige Verwaltungsakte sind anfechtbar. Sieverlieren nicht ohne weiteres ihre Rechtswirksamkeit, sondern erst nach erfolgreicherAnfechtung. Sie können jedoch von der Behörde (unter den Voraussetzungen des§ 48 VwVfG) zurückgenommen werden, und es besteht die Möglichkeit der Umdeutungnach § 47 VwVfG. Ein offenbar unrichtiger Verwaltungsakt kann nach § 42 VwVfGberichtigt werden.

Prüfungsschema: Rechtmäßigkeit

Materielle Rechtmäßigkeit

Der Verwaltungsakt muss inhaltlich bestimmt sein (§ 37 Abs. 1 VwVfG). Er muss so klarformuliert sein, dass der Adressat eindeutig den Regelungsinhalt erkennen kann.

sie muss den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beachten. (Dazu B.III.3.)

Die Behörde muss die Grenzen eines ihr gegebenenfalls eingeräumten Ermessenseinhalten und entsprechend dem Zweck der gesetzlichen Ermächtigung ausüben.(Dazu B.III.2.b.)

Die Regelung darf den Gesetzen nicht widersprechen (Vorrang des Gesetzes). DieRegelung muss also den Voraussetzungen der Ermächtigungsgrundlage entsprechen.

Die materielle Rechtmäßigkeit bezieht sich auf den Inhalt des Verwaltungsakts und verlangt,dass die in dem Verwaltungsakt zum Ausdruck kommende Regelung den rechtlichenAnforderungen entspricht.

Formelle Rechtmäßigkeit

Form:

Grundsätzlich ist der Erlass des Verwaltungsakts, soweit nicht spezielleVorschriften eingreifen, an keine bestimmte Form gebunden. Formfehler sind folgendeVersäumnisse:· Fehlende Rechtsbehelfsbelehrung· Bekanntgabemangel· Fehlende oder unzureichende Begründung, § 39 VwVfG

Verfahren:

Die wichtigsten Verfahrensregeln enthält das VwVfG in §§ 9 ff. Demnachmuss z.B. eine Anhörung stattfinden, Vertreter müssen wirksam bestellt worden sein,befangene Beamte müssen ausgeschlossen werden usw.

Zuständigkeit:

Sofern Spezialgesetze fehlen, regelt § 3 VwVfG die örtlicheZuständigkeit. Im Rahmen der sachlichen Zuständigkeit muss zunächst die Verbandskompetenzgeklärt werden (Ist der Bund, das Land, die Gemeinde oder eineKörperschaft/Anstalt des öffentlichen Rechts zuständig?). Danach ist zu klären, welchesOrgan bzw. welche Verwaltungsbehörde innerhalb des Verbands zuständig ist. Diesergibt sich aus den Regelungen des Verbands: Spezialgesetze, z.B. für die Gemeindesind die Zuständigkeiten in der Gemeindeordnung verteilt. In wenigen Fällen enthält dasGesetz auch eine Bestimmung, welches Amt innerhalb einer Behörde zuständig ist.

Bsp.: Behördenleitervorbehalt bei verschiedenen Maßnahmen im Polizeirecht

Sie bezieht sich auf das Zustandekommen des Verwaltungsakts und verlangt, dass· der Verwaltungsakt von der zuständigen Behörde· unter Beachtung der vorgeschriebenen Verfahrensbestimmungen und· in der gebotenen Formerlassen wird.

Verwaltungsaktbefugnis

Vielfach enthält die gesetzliche Regelung nicht nur die inhaltliche Reichweite der Befugnis(Welche Maßnahmen darf die Verwaltung treffen?), sondern auch die Handlungsform (Darfdie Verwaltung einen Verwaltungsakt erlassen?). Einigkeit besteht aber darin, dass, wenn dieVerwaltung einen Vertrag mit dem Bürger abschließt, sie dem Vertragspartner gegenüberkeinen Verwaltungsakt hinsichtlich aller den Vertrag betreffenden Fragen erlassen darf (keineVollstreckung von Leistungsansprüchen per Verwaltungsakt, keine Kündigung perVerwaltungsakt usw.).

Bsp.: Die Stadt A schließt mit dem Bürger B einen Vertrag, wonach B eineSondernutzungserlaubnis für die Benutzung eines Parkplatzes erhält. Nach zwei Jahrenkündigt die Stadt den Vertrag durch einen Verwaltungsakt.

Ermächtigungsgrundlage

Soweit der Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes reicht, muss sich der Verwaltungsakt aufeine gesetzliche Ermächtigungsgrundlage stützen. Bei Verwaltungsakten, die in Rechte eingreifen,ist dies immer der Fall. Eine Ermächtigungsgrundlage fehlt, wenn das Gesetz wegenVerstoßes gegen höherrangiges Recht nichtig ist.

Wirksamkeit

Keine Nichtigkeit

Unwirksam sind schließlich auch nichtige Verwaltungsakte. Die Nichtigkeit ergibt sich ausSpezialgesetzen (z.B. § 11 BBG) oder aus § 44 VwVfG. Zwingende Nichtigkeitsgründesind in § 44 Abs. 2 VwVfG genannt, das heißt beim Vorliegen einer der dort genanntenVoraussetzungen ist der Verwaltungsakt in jedem Fall nichtig. Indizien gegen Nichtigkeitnennt § 44 Abs. 3 VwVfG, wonach ein Verwaltungsakt nicht allein deshalb nichtig ist, weileiner der dort aufgeführten Gründe vorliegt. Wenn zusätzliche Gründe vorliegen, schließt dasdie Nichtigkeit aber nicht aus. Ein Verwaltungsakt ist schließlich nach § 44 Abs. 1 VwVfGnichtig, wenn er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei Würdigungaller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Besonders schwerwiegend ist einFehler, wenn er in einem besonderen Widerspruch zur Rechtsordnung steht (Bsp.: Willkürmaßnahmen;Verwaltungsakte, denen offensichtlich eine gesetzliche Grundlage fehlt).Offenkundig ist der Fehler, wenn er dem Verwaltungsakt „auf die Stirn geschrieben“ steht.Der Fehler muss sich geradezu aufdrängen.

Keine Erledigung

Ein Verwaltungsakt hat sich erledigt, wenn er zurückgenommen, widerrufen oder auf andereWeise aufgehoben wurde oder sich durch Zeitablauf auf andere Weise erledigt hat,§ 43 Abs. 2 VwVfG. Erledigte Verwaltungsakte sind unwirksam.

Bsp.: Nach Erlass einer Ausbaugenehmigung brennt das Haus ab (tatsächliche Erledigung)

Bsp.: Verzicht des Betroffenen auf den Erlass einer Genehmigung

Bekanntgabe

Die Voraussetzungen der Bekanntgabe sind in §§ 41 und 37 Abs. 2 bis 4 VwVfG geregelt.Zu beachten sind weiter Spezialgesetze (StVO, Straßenrecht usw.). Die Verletzung derBekanntgabevorschriften führt zur Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts, berührt aber nichtdessen Wirksamkeit. Die Bekanntgabe hat durch die zuständige Behörde an den jeweiligenBetroffenen selbst zu erfolgen; sie kann mündlich oder schriftlich erfolgen; sie muss schriftlicherfolgen, wenn dies im Gesetz angeordnet ist oder ein berechtigtes Interesse an einerschriftlichen Bestätigung besteht. Eine besondere Form der Bekanntgabe ist die Zustellung(geregelt in den Verwaltungszustellungsgesetzen): Dabei handelt es sich um eine förmlicheund beurkundete Übergabe eines Schriftstücks (z.B. durch Post mit Zustellungsurkunde oderper Einschreiben oder durch die Behörde selbst). Zugestellt wird, wenn dies gesetzlich vorgeschriebenist (z.B. beim Widerspruchsbescheid in § 73 Abs. 3 S. 1 VwGO) oder dieBehörde die Zustellung anordnet. Eine weitere Form der Zustellung ist die ÖffentlicheBekanntgabe durch Publikationsorgane in einem Amtsblatt oder in der Tageszeitung. Sie istzulässig z.B. bei Allgemeinverfügungen (§ 41 Abs. 3 S. 2 VwVfG) oder im Planfeststellungsverfahren(bei mehr als 300 Betroffenen).

Ein Verwaltungsakt wird gemäß § 43 Abs. 1 VwVfG gegenüber demjenigen, für den erbestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihmbekannt gegeben wird. Die Wirksamkeit setzt also voraus, dass der Verwaltungsaktordnungsgemäß bekannt gegeben wurde, sich nicht erledigt hat und nicht nichtig ist.

Begriff, § 35 S. 1 VwVfG

auf Außenwirkung gerichtet

Sonderstatusverhältnisse: auch hier ist (wie bei der innerdienstlichen Weisung an denBeamten) zu unterscheiden, ob z.B. der interne Schulbetrieb betroffen ist (dann keinVerwaltungsakt: Aufforderung, die Tafel abzuwischen) oder der Schüler als Trägereigenständiger Rechte (dann Verwaltungsakt: Verweis von der Schule, vgl. B.III.2.c.bb.)

Maßnahmen der Kommunalaufsicht: wenn die Gemeinde nicht als Teil derhierarchischen Verwaltung fungiert, dann betrifft die Maßnahme immer das Selbstverwaltungsrecht.In diesem Fall fungiert die Gemeinde als eine selbständige juristischePerson, in deren Rechtskreis eingegriffen wird.

Innerdienstliche Weisungen: Anweisungen hinsichtlich der dienstlichen Stellung undTätigkeit sind keine Verwaltungsakte, da sie im verwaltungsinternen Bereich verbleiben.Andererseits sind solche Maßnahmen Verwaltungsakte, wenn sie den Beamten inseinem persönlichen Rechtskreis betreffen. Bsp.: alle Fragen, die mit dem Eintritt in dasBeamtenverhältnis oder dessen Beendigung zusammenhängen (Entlassung, Verweigerungder Einstellung usw.)

Bei diesem Merkmal geht es um die Abgrenzung zum Behördeninternum.Außenwirkung ist gegeben, wenn die Regelung in einen anderen Rechtskreis (Rechtskreiseiner natürlichen oder von der Verwaltung personenverschiedenen juristischen Person)eingreift.Die Außenwirkung muss ferner bezweckt sein. Es reicht also nicht, wenn die Maßnahme nurtatsächlich in den Rechtskreis eingreift.

auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts

Problemfälle:

Subventionsfälle: Subventionen sind vermögenswerte Zuwendungen des Staates odereines Verwaltungsträgers an Privatpersonen zur Förderung eines im öffentlichen Interesseliegenden Zwecks. Nach der Zwei-Stufen-Theorie ist zwischen dem „Ob“ derGewährung und dem „Wie“ (Abwicklung der Subvention) zu unterscheiden. Nurhinsichtlich des „Ob“ ist die Regelung öffentlich-rechtlich. Ausnahme: StaatlicheLeistungen, die nicht zurückerstattet werden müssen, werden einheitlich nachöffentlichem Recht beurteilt.

Hausverbote: Ein Hausverbot kann aufgrund der privatrechtlichen Eigentümerbefugnis(§ 903 BGB) als auch aufgrund der öffentlich-rechtlichen Sachherrschaft derBehörde ergehen. Nach Ansicht des OVG Münster ist ein Hausverbot öffentlichrechtlich,wenn der Bürger an einer der öffentlichen Zweckbestimmungentsprechenden Inanspruchnahme gehindert wird. Der BayVGH stellt demgegenüberauf den Zweck des Hausverbots ab und hält es für öffentlich-rechtlich, wenn es derSicherung der Erfüllung der öffentlichen Aufgaben im Verwaltungsgebäude dient.

Abzugrenzen sind Regelungen auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts von:

Privatrechtlichen Willenserklärungen, z.B. Kündigung eines privatrechtlichenMietvertrags; reine Fiskalgeschäfte der Verwaltung

Maßnahmen verfassungsrechtlicher, prozessrechtlicher, kirchenrechtlicher und völkerrechtlicherArt: Ausfertigung eines Gesetzes durch den Bundespräsidenten; Warnung vorder Osho-Sekte durch die Bundesregierung

Da das VwVfG in seinem Anwendungsbereich von vornherein auf öffentlich-rechtlicheVerwaltungstätigkeit begrenzt ist (§ 1 Abs. 1 VwVfG), muss es sich bei der Maßnahme umeine solche auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts handeln.

Hoheitliche Einzelfallregelung durch eine Behörde

Wenn eine Regelung einen konkreten Sachverhalt betrifft, sich aber an eine Vielzahl vonPersonen richtet, die einen im Wesentlichen bestimmbaren Personenkreis bilden, dann istsie konkret-generell. Auch dabei handelt es sich um einen Verwaltungsakt und zwar umeine Allgemeinverfügung. Diese ist in § 35 S. 2 VwVfG definiert. Es gibt drei verschiedeneArten der Allgemeinverfügung:

Benutzungsregelnde Allgemeinverfügungen (§ 35 S. 2 3. Var. VwVfG): Darunter fälltz.B. das Verkehrsschild.

Sachbezogene Allgemeinverfügungen

Darunter fallenWidmungen (Erklärung eines Staatsorgans, dass eine Sache einem bestimmtenöffentlichen Zweck dienen und deshalb den öffentlichen Vorschriften unterstehen soll)

Bsp.: Bestimmung, dass eine Straße eine Autobahn sein soll.

Adressatenbezogene Allgemeinverfügungen

sind Regelungen eines konkretenEinzelfalls, wobei der Adressatenkreis im Wesentlichen bestimmbar ist(§ 35 S. 2 1.Var. VwVfG)

Keine Allgemeinverfügung: Fahrverbot bei Smog-Alarm, da nicht vorhersehbar ist, wieviele Personen in das Smog-Gebiet einreisen werden

Bsp.: Endiviensalatfall: Im Großraum Stuttgart sind vermehrt Fälle von Typhusaufgetreten. Als Ursache wurde Endiviensalat angesehen. Das baden-württembergischeInnenministerium erließ ein Verbot, im Großraum Stuttgart Endiviensalat zu verkaufen.BVerwG: Anders als bei einer Rechtsnorm (dort steht bei Erlass nicht fest, wer allesbetroffen sein wird) war der Adressatenkreis (alle Salatverkäufer im GroßraumStuttgart) im Wesentlichen bestimmbar (BVerwGE 12, S. 87 ff.).

Die Regelung muss schließlich einen konkreten Einzelfall betreffen. Dieses Merkmal dientder Abgrenzung des Verwaltungsakts von der Rechtsnorm. Letztere regelt verbindlich, wasfür eine unbestimmte Anzahl von Personen für eine unbestimmte Anzahl von Fällen Rechtsein soll.

Behörde

Behörde ist gemäß § 1 Abs. 4 VwVfG jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltungwahrnimmt. Es handelt sich um einen funktionalen Begriff: Wenn und soweit eine Stellemit der Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben befasst ist, ist sie eine Behörde. Daherkönnen Behörden sein: Verfassungsorgane, Gemeindeorgane, Ausschüsse, Beliehene(Privatpersonen, die mit der hoheitlichen Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben imeigenen Namen betraut sind, Bsp.: Flugkapitän, TÜV).

Hoheitlich:

Das Tatbestandmerkmal „hoheitlich“ impliziert, dass die Maßnahme nur voneiner Behörde erlassen wird (Unterschied zum Verwaltungsvertrag). Dadurch wird eingewisses Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen Behörde und Bürger zum Ausdruckgebracht.

Regelung

Bei der Regelung sind je nach Regelungsinhalt zu unterscheiden:

Feststellende Verwaltungsakte: stellen ein Recht oder eine rechtlich erheblicheEigenschaft einer Person fest. Bsp.: Anerkennung als Kriegsdienstverweigerer

Rechtsgestaltende (normative) Verwaltungsakte begründen, verändern oder beseitigenein konkretes Rechtsverhältnis. Bsp.: Genehmigungen, Immatrikulation

Befehlende Verwaltungsakte enthalten ein Gebot oder Verbot; d.h. sie verpflichten zueinem bestimmten Verhalten (Tun, Dulden oder Unterlassen).

Abzugrenzen ist die Regelung von:

Teilakten, die keine selbständige Regelung enthalten:

Willenserklärungen ohne anordnenden Charakter:

Wiederholende Verfügungen, d.h. es wird nur eine Gesetzeslage wiederholt.

Vertragserklärungen

Nicht dagegen: Teilgenehmigung, da diese eine selbständige Regelung füreinen bestimmten Teil trifft, sie ist ein Verwaltungsakt

Klassenarbeiten oder Einzelnoten im Abiturzeugnis, da allein die Gesamtnoterechtserheblich ist; Ausnahme: eine bestimmte Einzelnote ist für eine Zulassungrechtserheblich

Verfahrenshandlungen (Bsp.: Aufforderung, bestimmte Unterlagenbeizubringen), da diese der Vorbereitung der eigentlichen Sachentscheidung dienen(Rechtsschutz ist in § 44a VwGO geregelt)

Realakten der Verwaltung: rein tatsächliche Verrichtungen

Bsp.: Erklärungen der Behörde, die nur mitteilen oder bewerten

Regelung ist eine rechtsverbindliche Anordnung, die auf die Setzung einer Rechtsfolgegerichtet ist. Sie ist damit eine öffentlich-rechtliche Willenserklärung.

Nach der Legaldefinition des § 35 S. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt eine hoheitlicheRegelung eines Einzelfalls durch eine Verwaltungsbehörde, die auf Außenwirkunggerichtet ist.

Bedeutung

Der Begriff des Verwaltungsakts ist zugleich ein Begriff des materiellen Verwaltungsrechts,des Verwaltungsverfahrensrechts und des Verwaltungsprozessrechts

Prozessrechtlich: Das Vorliegen eines Verwaltungsakts ist bedeutsam für die Wahl derKlageart

Vollstreckungsrechtlich: Der Verwaltungsakt ist ein Vollstreckungstitel für dieVerwaltung, vergleichbar mit einem Urteil eines Zivilgerichts.

Materiell-rechtlich: Der Verwaltungsakt legt die Rechtslage im Einzelfall verbindlichfest.

Verfahrensrechtlich: Der Verwaltungsakt schließt ein Verwaltungsverfahren ab.

Der Begriff des Verwaltungsakts erscheint das erste Mal im ersten Drittel des19. Jahrhunderts in der deutschen Literatur. Otto Mayer definierte ihn als„ein der Verwaltung zugehöriger obrigkeitlicher Ausspruch, der dem Unterthanengegenüber im Einzelfall bestimmt, was für ihn Rechtes sein soll.“Damit waren bereits damals die wichtigsten Merkmale herausgearbeitet, die sich heute in derLegaldefinition des § 35 S. 1 VwVfG wieder finden.
Der Verwaltungsakt ist die wichtigste und in der Praxis am häufigsten vorkommendeVerwaltungsmaßnahme.

Bsp.: Verkehrszeichen; Steuerbescheid; Auflösung einer Versammlung; Erteilung einerBaugenehmigung oder Erteilung des Abiturzeugnisses

Allgemeines Verwaltungsrecht
Einstweiliger Rechtsschutz ( §§ 80 Abs. 5, 80a VwGO, § 123 VwGO)

Einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO, wenn es nicht um die Suspendierung einesVerwaltungsakts geht.

Die Verfahren nach §§ 80a und 80 Abs. 5 VwGO, die die aufschiebende Wirkung desWiderspruchs und der Anfechtungsklage durch das Gericht wiederherstellen lassen (DieForm des einstweiligen Rechtsschutzes greift regelmäßig dann, wenn in der Hauptsachedie Anfechtungsklage statthafte Klage ist.). § 123 Abs. 5 VwGO ordnet die Spezialitätder §§ 80, 80a VwGO an.

Die VwGO kennt zwei Arten des einstweiligen Rechtschutzes:

Einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO

Begründetheit:

Der Antrag ist begründet, wenn Anordnungsgrund und Anordnungsanspruchglaubhaft gemacht worden sind. Dies ist der Fall, wenn eine summarischePrüfung ergibt, dass Anordnungsgrund und -anspruch aufgrund der vom Antragstellerglaubhaft vorgebrachten Tatsachen tatsächlich vorliegen. Das heißt, das Gericht prüft nichtumfassend die Sach- und Rechtslage, sondern geht hinsichtlich der Sachlage von denTatsachen aus, die der Antragsteller angibt und prüft darauf basierend die Rechtslage.Der Anordnungsanspruch besteht, wenn das Hauptsacheverfahren Aussicht auf Erfolghat. Der Anordnungsgrund besteht, wenn die Gefahr der Rechtsvereitelung tatsächlichbesteht bzw. die vorläufige Regelung tatsächlich notwendig ist.Schließlich darf die Hauptsache nicht vorweggenommen werden, denn die einstweiligeAnordnung darf dem Antragsteller nicht vollständig das gewähren, was er erst in derHauptsache erlangen kann. Bei Unzumutbarkeit ist hiervon jedoch eine Ausnahme zumachen (z.B. existenznotwendige Sozialleistung).

Im Beispielsfall besteht nach Überzeugung des VG der Anordnungsanspruch. Die Rechtedes A wären auch unzumutbar beeinträchtigt, könnte er nicht mit den anderen Studentengemeinsam anfangen zu studieren, sondern müsste er erst ein langjähriges Verfahrenabwarten. Daher besteht auch ein Anordnungsgrund. Das VG kann im einstweiligenRechtsschutz allerdings die Universität nur dazu verpflichten, A vorläufig einen Studienplatzzuweisen, da A im einstweiligen Rechtsschutz nicht schon eine endgültigeBewilligung erhalten kann. Dies würde die Hauptsache vorwegnehmen.

Antragsbefugnis Der Antragsteller muss die Möglichkeit eines Anordnungsanspruchs undeines Anordnungsgrundes geltend machen. Der Anordnungsanspruch umfasst das Bestehen des zu sichernden Rechts(Sicherungsanordnung) bzw. des zu regelnden Rechtsverhältnisses(Regelungsanordnung). Der Anordnungsgrund umfasst die Gefährdung der Rechtsverwirklichung(Sicherungsanordnung) bzw. die Notwendigkeit der vorläufigen Regelung(Regelungsanordnung).Hieran fehlt es, wenn z.B.· der Antragsteller die Behörde noch nicht mit der Sache befasst hat oder· wenn sich die Hauptsache erledigt hat.

Statthaftigkeit: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist nach § 123 Abs. 5statthaft, wenn in der Hauptsache Rechtsschutz durch eine Feststellungs-,Verpflichtungs- oder allgemeine Leistungsklage zu suchen wäre.Zu unterscheiden sind zwei Formen der einstweiligen Anordnung:

Regelungsanordnung: wenn eine einstweilige Anordnung zur Regelung einesvorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis begehrt wird,um wesentliche Nachteile abzuwenden oder Gefahren zu verhindern.

Im Beispielsfall müsste A den Erlass einer Regelungsanordnung beantragen, da in derHauptsache eine Verpflichtungsklage statthaft wäre. (A begehrt einen Zulassungsbescheid:der Unterschied zum „Bibliotheksverbotsfall“ besteht darin, dass S als Student dieBibliothek auch ohne ausdrückliche Erlaubnis benutzen darf bzw. eine solche erhalten hat,A aber erst noch eine Zulassung braucht. Die Anfechtung der Versagung würde ihm somitkeine Zulassung verschaffen.)

Sicherungsanordnung: wenn einstweilige Anordnung begehrt wird, weil dieGefahr besteht, dass durch die Veränderung des bestehenden Zustands dieVerwirklichung eines Rechts des Antragsstellers vereitelt oder wesentlicherschwert werden könnte.

Bsp.: Einstweiliger Unterlassungsanspruch gegen ehrverletzende Äußerungen.

Bsp.: Dem Abiturienten A wird von der Universität U der Studienplatz verweigert,woraufhin er im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes die Zulassung beantragt. WelcheArt des Rechtsschutzes kommt in Betracht? Warum kann das Gericht in diesem Verfahrenkeine Verpflichtung aussprechen, A endgültig zum Studium zuzulassen, auch wenn esdavon überzeugt ist, dass ein solcher Anspruch besteht?

§ 123 VwGO findet gegenüber den §§ 80a, 80 Abs. 5 VwGO subsidiär Anwendung.Die einstweilige Anordnung ist vergleichbar mit der Arrestverfügung in der ZPO.

Verfahren nach § 80a VwGO

§ 80a VwGO findet Anwendung bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung, also solchen, dieeinen begünstigen und einen Dritten zugleich belasten.

Bsp.: Dem Bauherrn B wird die beantragte Baugenehmigung nach § 58 LBO bewilligt. Nhat Bedenken und fürchtet einen sofortigen Baubeginn, der ihn vor vollendete Tatsachenstellen würde. B hat es auch eilig, weil sonst große wirtschaftliche Verluste drohen. N legtWiderspruch ein.In § 58 LBO steht: „Die Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn dem genehmigungspflichtigen Vorhabenkeine (…) öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen.“Wenn N die Vollziehung des begünstigenden Verwaltungsakts, der an B gerichtet ist,aussetzen will, kann er sich an die Behörde wenden. Da sein Widerspruch gemäߧ 212a BauGB keine aufschiebende Wirkung hat, muss er sich mit einem Antrag nach§ 80a Abs. 1 Nr. 2, 80 Abs. 4 VwGO an die Behörde wenden, will er den Baubeginnverhindern.Sein Antrag ist begründet, wenn die Baugenehmigung an B offensichtlich rechtswidrig istund deren Erteilung ein subjektives öffentliches Recht des N verletzt. Hierfür muss Nwieder eine drittschützende Norm für sich in Anspruch nehmen können. Nur dann überwiegtsein Aussetzungsinteresse.Bsp.: Bauvorhaben verstößt gegen die Bestimmungen über die Grenzabstände in§ 5 LBO: „Vor den Außenwänden von Gebäuden müssen Abstandsflächen liegen (…).“Hat der Antrag bei der Behörde keinen Erfolg, muss sich N an das VG wenden. VorGericht ist das Verfahren nach §§ 80a Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3, Var. 3, S. 2; 80 Abs. 4 und5 VwGO statthaft, wenn N einen Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung seinesRechtsbehelfs gegen die Baugenehmigung an B stellt.Hat N mit seinem Rechtsbehelf bei der Behörde auf Aussetzung der Vollziehung der BaugenehmigungErfolg, dann kann sich B mit Verfahren nach §§ 80a Abs. 3 S. 1 Var. 3,S. 2; 80 Abs. 5 VwGO wehren und bei Gericht einen Antrag auf Aufhebung derAussetzung der Vollziehung stellen.

Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO

Die übrigen Zulässigkeitsvoraussetzungen sind äußerst umstritten und bedürfen an dieserStelle keiner weiteren Vertiefung.

Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs und der Anfechtungsklage entfällt in denFällen des § 80 Abs. 2 Nr. 1-3 VwGO bzw. kann nach Nr. 4 VwGO entfallen, wenn dieBehörde die sofortige Vollziehung anordnet. Der Bürger kann im Gegenzug die Anordnungder aufschiebenden Wirkung (in den Fällen der Nr. 1-3) bzw. die Wiederherstellung deraufschiebenden Wirkung (im Fall der Nr. 4) beantragen. (In den Fällen, in denen derVerwaltungsakt bereits vollzogen ist, kann er die Rückgängigmachung der Folgen beantragen.)Die Statthaftigkeit sei an folgendem Beispielsfall illustriert:

Die Antragsbefugnis ist nur dann gegeben, wenn durch den Vollzug des Verwaltungsaktseine Rechtsverletzung des Antragstellers möglich ist. Durch die Untersagungsverfügung istC in seiner Berufsfreiheit aus Art. 12 Abs. 1 GG und in seiner Wissenschaftsfreiheit ausArt. 5 Abs. 3 S. 1 GG eingeschränkt, da er nicht weiterforschen kann. Eine Rechtsverletzungdurch den Vollzug der Untersagungsverfügung erscheint daher möglich.

Bsp.: Der Karlsruher Chemiker C kann es nicht ertragen, dass nur noch Amerikaner denNobelpreis erhalten. Deshalb arbeitet er fleißig an einer neuen Erfindung und betreibt zudiesem Zweck in seinem Haus ein kleines Chemielabor und experimentiert dort mitgiftigen Chemikalien. Die Ordnungsbehörde bekommt davon Wind und untersagt C dieweitere Arbeit in seinem Labor. Weiter ordnet sie die sofortige Vollziehung an undbegründet diese schriftlich. C steht aber kurz vor dem Durchbruch zu einerbahnbrechenden Erkenntnis und will unbedingt weiterarbeiten. Er legt Widerspruch einund will sofort weiterarbeiten. Hierfür wendet er sich an das VG.C will sofort weiterarbeiten. Sein Widerspruch entfaltet aber wegen§ 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO keine Suspensivwirkung – er hilft ihm also nicht weiter. Deshalbist einstweiliger Rechtschutz der Rechtsbehelf, der dem Begehren des C zum Erfolgverhelfen kann. Dies ist hier der Fall: C begehrt die Anfechtung der Untersagungsverfügung,also eines Verwaltungsakts. Da er die Wiederherstellung der aufschiebendenWirkung seines Widerspruchs begehrt, ist das Verfahren nach § 80 Abs. 5 S. 1, 2. Alt.VwGO statthafte Antragsart.

Hinweis: Beim einstweiligen Rechtsschutz spricht man nicht von Klage, sondern vomAntrag.

Im Verwaltungsrecht ist einstweiliger Rechtsschutz von großer Bedeutung: Die vollziehendeGewalt ist dem Bürger überlegen, weil sie Verwaltungsakte erlassen und diese selbstvollstrecken kann. Um die Gefahren aus der Vollstreckung etwaiger rechtswidrigerVerwaltungsakte abzuwenden, garantiert Art. 19 Abs. 4 GG umfassenden und wirksamenRechtsschutz. Effektivität heißt vor allem Rechtzeitigkeit.

Fortsetzungsfeststellungsklage im Überblick (§ 113 Abs. 1 S. 4 VwGO)

Zum Beispielfall: Die Klage des D ist nach § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog zulässig. DerVerwaltungsakt ist bereits vor Klageerhebung erledigt (die Auflösungsverfügung istvollzogen). Das besondere Feststellungsinteresse liegt in der Wiederholungsgefahr (weitereDemonstrationen sind geplant) und im Rehabilitationsinteresse. Auch die übrigen Voraussetzungensind erfüllt. Ob die Klage begründet ist, richtet sich danach, ob die Versammlungrechtmäßig aufgelöst wurde.

Voraussetzungen:

Frist:

- bei Erledigung nach Klageerhebung: keine Frist, aber u.U. Verwirkung (unter Beachtungvon Zeit- und Umstandsmoment)- bei Erledigung vor Klageerhebung: § 74 VwGO bzw. § 58 Abs. 2 VwGO

bei Erledigung nach Klageerhebung wie bei AusgangsklageBei Erledigung vor Klageerhebung darf der Verwaltungsakt vor Erledigung nichtbestandskräftig geworden sein.

Besonderes Feststellungsinteresse:

Beeinträchtigung einer wesentlichen Grundrechtsposition, Voraussetzung: Einegerichtliche Entscheidung konnte in der Zeitspanne nicht eingeholt werden.

zur Klärung der Rechtswidrigkeit bei einem beabsichtigtenAmtshaftungsprozess (nur wenn Erledigung nach Klageerhebung)

Rehabilitationsinteress

Wiederholungsgefahr

Die Erledigung muss nach Klageerhebung eingetreten sein (bei Erledigung vorKlageerhebung ist § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO analog anwendbar)

Der Verwaltungsakt muss erledigt (z.B. durch Zeitablauf) und im Zeitpunkt der Erledigungrechtswidrig gewesen sein (analoge Anwendung bei erledigter Verpflichtungsklage),andernfalls könnte der Kläger Anfechtungsklage erheben.

Hintergrund: Art. 19 Abs. 4 GG fordert Rechtsschutz gegen alle Maßnahmen deröffentlichen Gewalt, auch gegen solche, die bereits erledigt sind, wenn hieran ein berechtigtesInteresse besteht.

Nach § 113 Abs. 1 S. 4 VwGO spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, dass derVerwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse andieser Feststellung hat. Es geht also um die Feststellung der Rechtswidrigkeit einesVerwaltungsakts, wobei die Besonderheit besteht, dass die Klage eigentlich wegenErledigung abgewiesen werden müsste.

Bsp.: Die Polizei löst eine Demonstration auf. Der Demonstrant D fühlt sich in seinerDemonstrationsfreiheit verletzt und befürchtet ein ähnliches Vorgehen bei weiterendemnächst geplanten Demonstrationen. Er wendet sich gegen das Vorgehen an das VG.

Normenkontrollverfahren (§ 47 VwGO)

Im Normalfall steht der Verfassungsgerichtsbarkeit die Verwerfungskompetenz fürNormen zu. Daher beschränkt § 47 VwGO die Normenkontrolle auf untergesetzlicheNormen und sieht diese auch nur für wenige Fälle vor (z. B. Bausatzungen) und überlässt dieEinführung weiterer Ausnahmen dem Landesgesetzgeber. Die Normenkontrolle istbegründet, wenn die Satzung bzw. Verordnung ungültig ist. Anders als bei den anderenKlagearten kommt es nicht darauf an, ob auch eine subjektive Rechtsverletzung vorliegt.

Allgemeine Leistungsklage (§ 43 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 VwGO)

Die Klage ist begründet, wenn der Kläger gegen den Rechtsträger der beklagten Behördeeinen Anspruch auf die begehrte Handlung bzw. Unterlassung hat und die Sache spruchreifist. Ein solcher Anspruch kann sich ergeben aus Gesetz (z.B. öffentlich-rechtlicherFolgenbeseitigungsanspruch), einer Zusage der Behörde, einem öffentlich-rechtlichemVertrag oder sogar unmittelbar aus der Verfassung (Widerruf ehrenrühriger Behauptungen).Die Rechtsverletzung ist bei der allgemeinen Leistungsklage nicht gesondert zu prüfen, dadie rechtswidrige Verweigerung immer eine Rechtsverletzung darstellt, wenn der Klägereinen Anspruch auf die Leistung bzw. Unterlassung hat.

Sonstige Zulässigkeitsvoraussetzungen:

Ein Widerspruchsverfahren kommt nicht inBetracht (Ausnahme: § 126 Abs. 3 BRRG), da §§ 68 ff. VwGO nur für Anfechtungs- undVerpflichtungsklage gelten. Eine Klagefrist braucht nicht eingehalten zu werden.

Die allgemeine Leistungsklage ist nur zulässig, wenn der Kläger klagebefugtist, denn § 42 Abs. 2 VwGO wird analog angewendet, weil die Intention des§ 42 Abs. 2 VwGO greift, die Verwaltungsgerichte vor Popularklagen zu bewahren.

Bsp.: Dem S steht aufgrund des bestandskräftigen Bewilligungsbescheids ein Anspruchauf Auszahlung der Gelder zu. S kann geltend machen, durch die nicht erfolgteAuszahlung möglicherweise in seinen Rechten verletzt zu sein.

Klageziel kann jede Leistung oder Unterlassung sein, die nicht Verwaltungsaktist (z.B. Auskunftsansprüche, Widerruf, Auszahlung einer bewilligten Leistung).

Leistungsklagen sind alle Klagen, mit denen der Kläger ein Tun oder Unterlassen(Unterlassungsklage) begehrt. Diese Klageart wird in der VwGO nicht ausdrücklich geregelt,sondern vorausgesetzt (§ 43 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 VwGO).

Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO)

Spruchreife:

Spruchreife bedeutet, dass alle tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungenfür eine abschließende gerichtliche Entscheidung gegeben sind. Hieran fehlt es in der Regel(Ausnahme: Ermessensreduzierung auf Null) bei Ermessensentscheidungen, da es weitererechtmäßige Entscheidungsalternativen für die Behörde gibt. Bei Spruchreife ergeht einVornahmeurteil (§ 113 Abs. 5 S. 1 VwGO); fehlt es an der Spruchreife ergeht einBescheidungsurteil (§ 113 Abs. 5 S. 2 VwGO).

Bsp.: Hat die Universität bei der Auswahl der Bewerber ein gewisses Ermessen, darfdas Gericht auf Klage eines unterlegenen Bewerbers die Auswahlentscheidung nichtselbst vornehmen, sondern muss ein Bescheidungsurteil erlassen, wonach dieUniversität die Rechtsauffassung des Gerichts (etwa eine Rüge hinsichtlich desAuswahlverfahrens) zu berücksichtigen hat.Bsp.: Spruchreife liegt hingegen vor, wenn Taxifahrer T eine Taxikonzession begehrtund das Gericht zu der Auffassung gelangt, dass alle Voraussetzungen der§§ 2, 13 PBefG vorliegen.

Rechtsverletzung:

Da die Ablehnung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist, wenn siegegen eine anspruchsbegründende Norm verstößt, führt die Rechtswidrigkeit regelmäßigzur Rechtsverletzung.

Rechtswidrigkeit der Ablehnung:

Die Ablehnung ist rechtswidrig, wenn der Kläger einenAnspruch auf den Erlass des begehrten Verwaltungsakts hat. Lehnt die unzuständigeBehörde den Verwaltungsakt ab, so ist die Ablehnung schon deshalb rechtswidrig. Auchnicht geheilte Verfahrensfehler führen zur Rechtswidrigkeit. Ob der Kläger einenAnspruch auf den Erlass des Verwaltungsakts hat, richtet sich nach materiellem Recht undergibt sich zumeist aus einfachgesetzlichen Regelungen, in Ausnahmefällen auch direkt ausden Grundrechten.

Passivlegitimation: vgl. § 78 VwGO

Die Begründetheit der Verpflichtungsklage setzt nach § 113 Abs. 5 VwGO voraus, dass derBeklagte passivlegitimiert ist, die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsaktsrechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt und die Sache spruchreifist.

Rechtsschutzbedürfnis:

Dieses fehlt, wenn der Kläger auf leichterem Weg zum Erfolgkommen könnte und wenn die Klage missbräuchlich oder das Klagerecht verwirkt ist. AmRechtsschutzbedürfnis fehlt es z.B., wenn kein Antrag bei der Behörde gestellt wurdeoder die Anfechtungsklage der einfachere Weg wäre.

Bsp.: Der Dekan erteilt dem Studenten S ein Verbot, in den nächsten Monaten dieBibliothek zu betreten, weil S mehrfach beim lauten Sprechen erwischt wurde. S willdie Universität „verpflichten“, ihn wieder zur Bibliothek zuzulassen. Dieser Weg wäreviel zu umständlich. Es reicht, gegen das Verbot Widerspruch oder / und Anfechtungsklageeinzulegen, da diese Rechtsbehelfe die Rechtswirksamkeit des Hausverbotssuspendieren (vgl. § 80 Abs. 1 VwGO) und im Falle des Erfolgs des Widerspruchs / derAnfechtungsklage S die Räume ohne entsprechende Verpflichtung wieder betretendürfte.

Klagefrist:

Die Klagefrist für die Erhebung einer Versagungsgegenklage beträgtgerechnet ab der Bekanntgabe des Verwaltungsakts bzw. der Zustellung des Widerspruchsbescheidseinen Monat (§ 74 Abs. 2 VwGO).Die Untätigkeitsklage kann, soweit nicht besondere Gründe vorliegen, erst nach Ablaufder Dreimonatsfrist des § 75 VwGO erhoben werden.

Widerspruchsverfahren:

Vor Erhebung der Verpflichtungsklage ist nach § 68 Abs. 2VwGO ein Vorverfahren durchzuführen. Wichtige Ausnahmen bei der Verpflichtungsklage(§ 68 Abs. 1 S. 1 VwGO): Untätigkeitsklage (§§ 68 Abs. 2; 75 VwGO) und der Fall,dass der Abhilfe- oder Widerspruchsbescheid eine erstmalige Beschwer enthält(§ 68 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 VwGO).

Klagebefugnis:

Die Verpflichtungsklage ist nur zulässig, wenn der Kläger geltend macht,durch die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zusein, § 42 Abs. 2 VwGO. Rechte sind hierbei die grundrechtlich geschützten Freiheiten,z.B. Religionsfreiheit und Freiheiten, die durch einfache Gesetze gewährleistet werden.Dabei muss es sich um eigene Rechte des Klägers handeln.

Statthaftigkeit:

Die Verpflichtungsklage ist nur statthaft, wenn der Erlass eines Verwaltungsaktsbegehrt wird. Lehnt die Behörde den Erlass ab, so ist die Verpflichtungsklage inForm der Versagungsgegenklage statthaft; reagiert die Behörde gar nicht, so ist eineUntätigkeitsklage nach § 75 VwGO zu erheben.

Bsp.: Student S beantragt bei der Uni Karlsruhe den Zugang zum VWL-Studium. DieUniversität lehnt den Antrag ab. S muss Verpflichtungsklage erheben. Rührt sich dieUni überhaupt nicht, ist nach drei Monaten die Untätigkeitsklage statthaft.

Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO)

Begründetheit

Die Rechtsverletzung ist immer gegeben, wenn der Kläger der Adressat des rechtswidrigenbelastenden Verwaltungsakts ist. Sie kann bei bloßen Formfehlern fehlen, wenndiese keine Auswirkungen auf die Entscheidung hatten.

Rechtswidrig ist der Verwaltungsakt, wenn er gegen geltendes Recht verstößt. Dabei istzu unterscheiden zwischen formeller Rechtswidrigkeit (Zuständigkeit, Verfahren, Form)und materieller Rechtswidrigkeit (Vereinbarkeit mit der Ermächtigungsgrundlage).

Passivlegitimiert ist derjenige Träger der öffentlichen Verwaltung, dessen Behörde denangegriffenen Verwaltungsakt erlassen hat (vgl. § 78 VwGO).

Die Anfechtungsklage ist nach § 113 Abs. 1 S. 1 VwGO begründet, wenn der Beklagtepassivlegitimiert ist, der Verwaltungsakt rechtswidrig ist und der Kläger dadurch in seinenRechten verletzt wird.

Zulässigkeit

Allgemeines Rechtsschutzbedürfnis: Hieran fehlt es z.B., wenn es eine leichtereRechtsschutzmöglichkeit gibt, das begehrte Klageziel zu erreichen oder das Rechtsmittelverwirkt ist.

Klagegegner: Dieser bestimmt sich nach § 78 Abs. 1 VwGO.

Klagefrist § 74 VwGO: Die Anfechtungsklage muss innerhalb eines Monats nachZustellung des Widerspruchsbescheids bzw., wenn ein Vorverfahren nicht erforderlich ist,nach Bekanntgabe des Verwaltungsakts erhoben werden.Gegen die Versäumung der Frist kann der Kläger Wiedereinsetzung in den vorherigenStand beantragen, wenn die Versäumung unverschuldet war, §§ 70 Abs. 2, 60 VwGO.

Bsp.: Hindernisse bei der Beförderung des Widerspruchs, Krankheit, fehlendeSprachkenntnisse usw.

Vorverfahren §§ 68 ff. VwGO: Zulässigkeitsvoraussetzung der Anfechtungsklage ist dievorherige und erfolglose Durchführung eines Widerspruchsverfahrens. Dieses ist bis zumAbschluss der mündlichen Verhandlung nachholbar, jedoch ist eine Klage unzulässig,wenn bereits das Widerspruchsverfahren wegen Fristversäumnisses (§ 70 VwGO) nichtmehr durchführbar ist. In den Fällen des § 68 Abs. 1 S. 2 VwGO ist die Durchführung einesVorverfahrens entbehrlich.

Ist der Kläger nicht Adressat des Verwaltungsakts, ist zu fragen, ob dem Kläger ein eigenessubjektives öffentliches Recht zusteht, das durch den Verwaltungsakt möglicherweise verletztwird? Diese sind die Grundrechte und die einfachgesetzlich zuerkannten Rechts-positionen. Ob es sich um ein Recht des Klägers handelt oder um ein allgemeines Recht,bestimmt sich nach der Schutznormtheorie, deren ideengeschichtlicher Hintergrund ist,dass das öffentliche Recht traditionell gemeinschaftsorientiert ist und vor allem dasöffentliche Interesse schützt. Nur ausnahmsweise ist ein Dritter nach der Schutznormtheorieklagebefugt, wenn der Zweck einer Norm zumindest auch auf den Schutz desKlägers gerichtet ist.

Bsp.: Die Klagebefugnis liegt vor, wenn der Nachbar des Bauherrn die Verletzung vonVorschriften über die Abstandsflächen geltend macht.Bsp.: Die Klagebefugnis fehlt, wenn geltend gemacht wird, dass der an einen anderengerichteten Verwaltungsakt durch eine unzuständige Behörde erlassen wurde.Bsp.: Die Klagebefugnis fehlt, wenn geltend gemacht wird, dass die gegenüber einemanderen ausgesprochene Genehmigung rechtswidrig sei, weil das genehmigte Bauwerknicht den Vorschriften über die Wärmedämmung genüge.

Klagebefugnis § 42 Abs. 2 VwGO: Die Anfechtungsklage ist nur zulässig, wenn derKläger geltend macht, durch den Verwaltungsakt in seinen Rechten verletzt zu sein.Sinn: Schutz der Gerichte vor ungerechtfertigter Inanspruchnahme durch Popularklagen,denn die Verwaltungsgerichte schützen die Rechte des Einzelnen vor staatlichenÜbergriffen und sind keine Instanz der objektiven Rechtmäßigkeitskontrolle. Die Klagebefugnisist immer gegeben, wenn der Kläger geltend machen kann, durch denVerwaltungsakt oder dessen Ablehnung in seinen Rechten verletzt zu sein(vgl. § 42 Abs. 2 VwGO). Dies ist jedenfalls der Fall, wenn der Kläger Adressat desbelastenden Verwaltungsakts ist. In diesem Fall ist er jedenfalls in seinem Recht aufallgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) beeinträchtigt.

Bsp.: Gegen eine Abrissverfügung kann der Abrisspflichtige Anfechtungsklageerheben.

Statthaftigkeit der Anfechtungsklage: Die Statthaftigkeit fragt danach, ob die jeweiligeKlage für das Klageziel die richtige Klageart ist. Mit der Anfechtungsklage kann derBürger die Aufhebung für ihn belastender Verwaltungsakte begehren. Voraussetzung istdas Vorliegen eines Verwaltungsakts (dazu unten D II).

Die Beteiligten müssen zunächst rechts- und prozessfähig sein, §§ 61 f. VwGO.

Im Rahmen der Zulässigkeit wird erörtert, ob sich das Gericht überhaupt mit der Sacheinhaltlich befassen darf bzw. muss. Dafür müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein.

Überblick über die Klagearten im Verwaltungsprozess und sonstiges Verwaltungshandeln

Im folgenden Kapitel soll gezeigt werden, inwieweit die Unterscheidung der verschiedenenHandlungsformen der Verwaltung für den Rechtsschutz des Bürgers von Bedeutung ist: Jenach Handlungsform muss der Bürger die Klageart vor dem Verwaltungsgericht wählen.Bevor entschieden wird, welche Klageart zu wählen ist, muss selbstverständlich derVerwaltungsrechtsweg eröffnet sein. Dies richtet sich nach § 40 VwGO, wonach es sich umeine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nichtverfassungsrechtlicher Art handeln muss, diekeiner abdrängenden Sonderzuweisung unterliegt. Eine abdrängende Sonderzuweisung liegtvor, wenn die Vorschrift einen (eigentlich verwaltungsgerichtlichen) Streit anderen Gerichtenzuweist.( z.B. Art. 34 GG, Art 73 PAG, § 217 I 4 BauGB) Verfassungsrechtlich ist die Streitigkeitnur dann, wenn Verfassungsorgane über ihre verfassungsmäßigen Rechte streiten (vgl.die Aufzählung in Art. 93 GG). Ob eine Streitigkeit öffentlich-rechtlicher Natur ist, bestimmtsich nach den für die Abgrenzung zu anderen Rechtsmaterien relevanten Theorien(ausführlich oben A.III.).

Einleitender Hinweis

Folgende wichtige Gesetze auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts sollten im Groben bekanntsein: Allgemeine Ausführungen zum Verhältnis Bürger-Behörde und zum Verwaltungsverfahrenenthält das Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), insbesondere die Vorschriftenüber formelle und Verfahrensvoraussetzungen von Verwaltungsakten, aber auch überverwaltungsrechtliche Verträge. Gerichtliche Rechtsschutzfragen zwischen Bürger undBehörde regelt die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).Spezielle Regelungen für die einzelnen Materien stehen in den Gesetzen zu den einzelnenSachgebieten.

Bsp.: Die Bauplanung ist zu einem Großteil im Baugesetzbuch geregelt.

Bsp.: Dem Studenten S wurde durch Bewilligungsbescheid eine Leistung nach BAföGbewilligt. Die Auszahlung lässt jedoch auf sich warten. S wendet sich an dasVerwaltungsgericht. S begehrt eine Leistung, die Auszahlung einer Förderung. Erbegehrt hingegen nicht den Erlass des Bewilligungsbescheids – dieser wurde bereitserlassen. Somit begehrt S eine Leistung, die kein Verwaltungsakt ist (sondern Realakt).Die allgemeine Leistungsklage ist statthafte Klageart

Arten des Verwaltungshandelns
Handlungsarten

Informales Verwaltungshandeln

Merkmale informalen Handelns:

Mangel an verfahrensrechtlichen Vorgaben, so dass Verfahrenssicherungen zugunstenDrittbetroffener umgangen werden können.

Bsp.: Die Flachglas-AG beabsichtigt in der Stadt Stuttgart eine Fabrik zu errichten.Diese soll auf einem unbebauten Gelände entstehen, an dem unmittelbar Kleingärtenund Wohnhäuser angrenzen. Grundlage für die Baugenehmigung ist ein Bebauungsplan,der das betreffende Gelände einschließlich der Wohnsiedlung als Industriegebietausweist. Dieser wurde vor dem Stadtratsbeschluss zwischen der Verwaltungsspitze unddem Vorstand der Flachglas-AG abgesprochen. Der Bewohner K wendet sich gegen dieBaugenehmigung. (BVerwGE 45, 309) Hier war zu befürchten, dass die Belange desAnwohners durch Verkürzungen des Abwägungsvorgangs und durch Absprachen mitdem Unternehmen einfach übergangen werden. Deshalb sind solche Absprachen, diebesondere Verfahren zu umgehen drohen, im Grundsatz unzulässig

Konsensuale und „weiche“ Verhaltenssteuerung

Die Bedeutung dieser Handlungsform liegt darin, dass sie den Gestaltungsspielraum derVerwaltung vergrößert und zugunsten des Bürgers unter Umständen den Erlass gegenläufigerRegelungen sperrt.

Bsp.: Die Stadt Kassel erließ eine Satzung, die eine Verpackungssteuer für nicht wiederverwendbare Verpackungen erhob. Der Unternehmer U wandte sich gegen die Steuer undberief sich auf das freiwillige Selbstbeschränkungsabkommen der Wirtschaft mit derBundesregierung betreffend die Reduktion von Abfällen. Danach ist es der Wirtschaftselbst überlassen, ein eigenes Verpackungsentsorgungssystem zu entwickeln (BVerfG,NJW 1998, 2341 stark vereinfacht). Die abfallwirtschaftliche Lenkung der Steuerwidersprach nach Ansicht des BVerfG dem Abfallrecht des Bundes. Der Bund verfolge imSinne einer gemeinsamen Umweltverantwortung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaftbestimmte Ziele der Abfallwirtschaft in Formen kooperativen Verhaltens. Eine Steuerwiderspreche dieser Konzeption, weil sie ein sanktionsbewehrt bestimmtes Verhalten lenke.Dies widerspräche dem Rechtsstaatsprinzip, wonach den Bürger nicht widersprüchlicheNormen treffen dürfen.

Unter die Kategorie „informales Verwaltungshandeln“ werden die Formen der Kooperationder Verwaltung mit dem Bürger gefasst, die nicht auf eine verbindliche Regelung abzielen.

Bsp.: Duldung eines rechtswidrigen Zustands (Verzicht auf Rücknahme einesrechtswidrigen VA); Absprachen; Selbstverpflichtungen (z.B.: Verzicht auf Normerlass)

Privatisierungsvarianten:

Bei der funktionalen Privatisierung werden Dritte (so genannte Verwaltungshelfer) indie Erfüllung der behördlichen Aufgabe eingeschaltet. Die Aufgabenerfüllung bleibtdabei hoheitlich.

Die materielle Privatisierung erfolgt regelmäßig durch Unternehmens- oder Anteilsverkäufe.Damit geht der vollständige Verzicht des Verwaltungsträgers einher, eineAufgabe weiterhin in eigener Verantwortung wahrzunehmen.

Formelle Privatisierung: Bei der rein formellen, so genannten Organisationsprivatisierungwählt die öffentliche Hand zur Durchführung bestimmter hoheitlicherAufgaben eine private Organisationsform, meist eine juristische Person desPrivatrechts in der Rechtsform der AG oder der GmbH. Die privaten Rechtsträgerwerden entweder neu gegründet, oder es erfolgt eine Umwandlung von anderenRechtsträgern in private Gesellschaften. Diese nehmen die bisher öffentlich-rechtlicherfüllten staatlichen Aufgaben in privatrechtlichen Handlungs- oder Organisationsformenunter Beibehaltung der materiellen Anforderungen des öffentlichen Rechts wahr.Bei der beschriebenen Vorgehensweise bleibt der Staat 100%iger Inhaber derGeschäftsanteile der neu gegründeten Gesellschaft

Privatrechtliches Verwaltungshandeln

Unmittelbare Erfüllung öffentlicher Aufgaben (Verwaltungsprivatrecht): In diesenFällen bedient sich der Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben privatrechtlichen Formen. DieGemeinde ist z.B. nach dem Kommunalrecht verpflichtet, die Gemeindebevölkerung mitbestimmten Gütern und Diensten (Wasser, Abfallentsorgung) zu versorgen („Daseinsvorsorge“;§ 15 KrW-/AbfG). Diese Aufgabe kann sie in Privatrechtsform erbringen (dazugleich mehr), an einen Privaten übertragen (§ 16 KrW-/AbfG) oder in öffentlich-rechtlicherForm (Anstalt des öffentlichen Rechts) erfüllen.Bei einer Zusammenarbeit der öffentlichen Hand mit Privaten spricht man auch vonPublic-Private-Partnerships.

Bsp.: Die Betreibergesellschaft B-GmbH, an der die Stadt S zu 100% beteiligt ist, hatvon der Stadt S die Stadthalle langfristig gepachtet. A plant die Ausrichtung einesMusikfestivals und möchte die Halle für eine Veranstaltung mieten, was die B-GmbHohne Angabe von Gründen verwehrt. Die Halle wurde indes auch in der Vergangenheitfür Musikveranstaltungen genutzt und ist für den fraglichen Zeitpunkt auch nichtreserviert. Was kann A gegen die Stadt tun?Ein Anspruch auf Nutzung der Halle besteht nur im Rahmen des faktisch Möglichen,das heißt, wenn die Halle nicht schon anderweitig besetzt ist. Da die Stadthalle auch inder Vergangenheit für Musikveranstaltungen genutzt wurde und diese auch nichtbereits anderen Nutzern für den fraglichen Termin überlassen wurde, kann davon ausgegangenwerden, dass gegen die S nach § 10 Abs. 2 der Gemeindeordnung einAnspruch auf Zugang bestünde, wenn S Eigentümer und Betreiber der Halle wäre.§ 10 Abs. 2 Gemeindeordnung BW lautet:„Die Gemeinde schafft in den Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit die für das wirtschaftliche, soziale undkulturelle Wohl ihrer Einwohner erforderlichen öffentlichen Einrichtungen. Die Einwohner sind im Rahmendes geltenden Rechts berechtigt, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde nach gleichenGrundsätzen zu benützen. Sie sind verpflichtet, die Gemeindelasten zu tragen.“Betreiber ist aber die B-GmbH, so dass S den Anspruch nicht selbst erfüllen kann.Daher ist die S zur Einwirkung auf die B-GmbH verpflichtet (Einwirkung durchGestaltung des Pachtvertrags oder durch gesellschaftsvertragliche Verflechtung: die Sist zu 100% beteiligt), mit A zu kontrahieren. Andernfalls wäre es der S möglich, sichdurch den privatrechtlich ausgestalteten Betrieb der Stadthalle den kommunalrechtlichenBindungen zu entziehen. Indes handelt die S auf dem Gebiet derLeistungsverwaltung (Daseinsvorsorge), auch wenn die Einrichtung deröffentlich-rechtlichen Daseins-vorsorge privatrechtlich betrieben wird.

Grenzen: In diesem Bereich bleibt die öffentliche Hand an die Zuständigkeitsregelungenund an die Grundrechte gebunden. Es darf „Keine Flucht ins Privatrecht“ geben.

Erwerbswirtschaftliche Tätigkeit: Damit ist gemeint, dass sich der Staat an Unternehmenbeteiligt und Aktivitäten mit Gewinnerzielungsabsichten verfolgt. Die Verwaltung hat indiesem Bereich Wahlfreiheit, ob sie öffentlich-rechtlich (Bsp.: kommunale Eigenbetriebe)oder privatrechtlich (in Form einer GmbH usw.) tätig wird.

Grenzen: Die Grenzen der wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen Hand sind hochumstritten: die Gemeindeordnung von Baden-Württemberg enthält in § 102 Abs. 1 eineSubsidiaritätsklausel, wonach die Aufgabenerfüllung durch Private nicht wirtschaftlicheroder besser erfüllt werden können darf (dazu BVerwGE 39, 329). Art. 12 und Art. 14 GGschützen den Privaten hingegen nicht vor Wettbewerb, auch nicht vor dem mit deröffentlichen Hand; allerdings darf diese ihre besondere Stellung nicht ausnutzen.

Beschaffungswesen: Zur Erfüllung ihrer Aufgaben muss sich die Verwaltung auf demMarkt Güter kaufen (Computer, Bleistifte, Autos). Dabei kann sie sich grundsätzlich keinerhoheitlichen Mittel bedienen.

Grenzen: Angesichts der großen Nachfragemacht und wegen der Bindung an denGleichheitssatz aus Art. 3 Abs. 1 GG des Staates ist die Verwaltung an das Vergaberechtund das Kartellrecht gebunden. Ob die Verwaltung an die Grundrechte gebunden ist, istfür das Beschaffungswesen umstritten (vgl. Maurer, allg. Verwaltungsrecht, § 3 Rn 7).

Bsp.: öffentliche Ausschreibung eines Bauauftrags für ein neues städtisches Theater

Verwaltungsinterne Regelung

Abgrenzung zum Verwaltungsakt:

Rechtswidrige Anordnungen sind nichtig; rechtswidrige Verwaltungsakte können inBestandskraft erwachsen (vgl. § 43 Abs. 2 VwVfG).

Die Verwaltungsanordnung ist sofort zu befolgen; der Verwaltungsakt ist anfechtbar mitder Suspensivwirkung des Rechtsbehelfs (Ausnahme § 80 Abs. 2 VwGO).

Die Verwaltungsanordnung braucht nicht vollstreckt zu werden; Verwaltungsaktebedürfen zu ihrer Durchsetzung der verwaltungsrechtlichen Vollstreckung.

Die Verwaltungsanordnung betrifft das Betriebsverhältnis; der Verwaltungsakt subjektiveöffentliche Rechte des Bürgers (Grundverhältnis).

Zwischen den Handlungsformen Verwaltungsakt und Realakt ist rechtssystematisch dieVerwaltungsanordnung anzusiedeln. Sie ist wie der Verwaltungsakt eine Regelung, jedochohne Außenwirkung. Sie konkretisiert Pflichten im verwaltungsinternen Bereich. DerenNichtbeachtung ist demzufolge kein Rechtsverstoß, sondern kann Disziplinarmaßnahmennach sich ziehen.

Bsp.: Zuweisung eines Dienstzimmers, Festlegen der Öffnungszeiten; Teilnoten in derSchule

Die Notwendigkeit der Planung ist im Prinzip unbestritten. Eine rechtliche Pflicht ergibt sichaus dem Sozialstaatsprinzip (Verteilung der knappen Güter). Gleichwohl hat der Bürger keinenAnspruch auf die Erstellung eines Plans. Die Handlungsformen der Planung sindvielfältig. Sie reichen von der Absichtserklärung (auch politischer Natur), über die Rechtsnorm(Bauplan, Haushaltsplan), bis zum Verwaltungsakt (Planfeststellungsbeschluss bei z.B.Straßenplänen, vgl. §§ 72 ff. VwVfG). Wegen der Unterschiedlichkeit der Pläne ist auch dieHerausbildung eines juristischen Begriffs „Plan“ nicht möglich. Plan ist vielmehr eineSammelbezeichnung. Pläne unterliegen in der Regel besonderen formellen Voraussetzungenund zeichnen sich dadurch aus, dass die Belange aller Betroffenen sorgfältig abgewogenwerden.

Planung bedeutet eine in die Zukunft wirkende Aufgabe der Verwaltung. Sie ist die„Festlegung von Entscheidungsprämissen für künftige Entscheidungen“ (N. Luhmann).

Bsp.: Bauplan, Flächennutzungsplan, Landschaftsplan, Finanzplanung.

Unter Plan versteht man alles, was der Gesetzgeber selbst als Plan bezeichnet.

Bsp.: Haushaltspläne, Raumordnungspläne, Baupläne

Gleichwohl haben Verwaltungsvorschriften oftmals Einfluss auf den Bürger.

Einige wenige Verwaltungsvorschriften können ausnahmsweise eine Bindungswirkungentfalten. Es handelt sich um normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften ausdem technischen Bereich des Immissionsschutz- oder Atomrechts, die durch Gremienvon technischen Fachleuten (pluralistisch zusammengesetzt) erlassen werden (z.B. sog.TA Luft oder TA Lärm); Die TA Luft legt z.B. die zulässigen Schadstoffmengen imAbluftstrom von Kraftwerken fest.

Norminterpretierende Verwaltungsvorschriften legen unbestimmte Rechtsbegriffeeiner Rechtsnorm aus. Sie haben vor allem Bedeutung, wenn der Verwaltung bei derAuslegung einer Vorschrift ein Beurteilungsspielraum zukommt.

ermessenslenkende Verwaltungsvorschriften bestimmen, wie dem Bürger gegenüberdas Ermessen auszuüben ist, Bsp.: Subventionsrichtlinien. Über den Gleichheitssatzkann sich der Bürger auch auf sie berufen und im konkreten Fall eine bestimmteBehördenpraxis verlangen. (Selbstbindung der Verwaltung)

Verwaltungsvorschriften sind verwaltungsinterne Regelungen abstrakt-genereller Art. Siekönnen organisatorische Fragen betreffen, Anweisungen über die Auslegung von Gesetzenerteilen oder Normen konkretisieren. Verwaltungsvorschriften sind z.B. Erlasse, Ausführungsbestimmungen,Erläuterungen und Richtlinien. Sie binden grundsätzlich nur dieBehörden und den einzelnen Beamten selbst, nicht aber die Gerichte (sie haben keineAußenwirkung).

Bsp.: Verwaltungsvorschriften für die Erteilung von BaföG legen fest, wie die Behördedas Gesetz auszulegen hat, etwa wann ein teurer Pkw eines Studenten ein Vermögensbestandteildarstellt. Im Ernstfall, wenn es zu einem Prozess kommt, ist die Richtlinie für dasGericht allerdings grundsätzlich nicht bindend, dieses legt die Gesetze selbst aus.

Grundlagen und Grenzen der Satzungsgebung:

Bsp.: M ist Facharzt für kosmetische Chirurgie und veröffentlicht in einerFachzeitschrift seine neuen Techniken zur Behandlung von Gesichtsnarben sowieseine bisherigen Behandlungserfolge. Die Landesärztekammer sieht hierin eineversteckte Werbung und verhängt gegen M auf Grundlage der Satzung ein Bußgeld.(siehe auch BVerfGE 33, 125)Laut Landesärztegesetz darf die Ärztekammer für ihre Mitglieder eine Berufsordnungerlassen und bei Zuwiderhandlungen Sanktionen anordnen. Jedoch bestehenBedenken, inwieweit aufgrund einer Satzung Bußgeldbescheide erlassen werdendürfen. Grundrechtseingriffe müssen sich immer auf eine gesetzliche Regelungzurückführen lassen. Dies ist hier der Fall, da die Satzung ein Gesetz im materiellenSinne darstellt. Fraglich ist dann allein, ob das Landesärztegesetz die Regelung hätteselbst treffen müssen (Parlamentsvorbehalt). Anwendbar ist die Wesentlichkeitsrechtsprechungdes BVerfG. Wenn das Landesärztegesetz ausdrücklich zum Erlasseines sanktionsbewährten Werbeverbots ermächtigt hat, ist der Bußgeldbescheidrechtmäßig. Anders: Wenn im Landesärztegesetz eine bloß generalklauselartigeErmächtigung zu Disziplinarmaßnahmen statuiert ist. (Im Fall war der Bescheid derÄrztekammer aber rechtswidrig, weil zum Beruf des Arztes auch gehört, dass er seineBehandlungsmethoden und -erfolge in eine öffentliche, zumal wissenschaftliche –Publikation in einer Fachzeitschrift! – Auseinandersetzung einbringt. Der werbewirksameEffekt stellt sich daher als bloße Nebenfolge dar.)

Dieses Gesetz verleiht die Befugnis zur Satzungsgewalt und zieht gleichzeitig derenGrenzen: Die Satzungsbefugnis gilt nur im jeweiligen Aufgabenbereich und nur für dieMitglieder der Körperschaft oder Nutzer der Anstalt. Alle wesentlichenEntscheidungen (insbesondere Grundrechtseinschränkungen) muss der Gesetzgeberselbst treffen und darf sie nicht der Körperschaft überlassen. Daneben ist eineBeschränkung der Satzungsbefugnis durch Gesetz jederzeit möglich (Ausnahme: beiGemeinden nur unter Beachtung der Selbstverwaltungsgarantie, Art. 28 Abs. 2 GG).

Die Befugnis zum Erlass von Satzungen beruht auf einer staatlichen Delegation (ähnlichwie bei den Rechtsverordnungen), meist durch ein Gesetz.

Das satzungsgebende Organ bestimmt sich nach dem Innenrecht der jeweiligen juristischenPerson. Bei den Gemeinden zum Beispiel ist das satzungsgebende Organ die gewählteGemeindevertretung, also der Rat. Bei Vereinen des Privatrechts ist dies meist dieMitgliederversammlung.

Merkmale der Satzung:

Sie gelten nur für die Mitglieder bzw. die Nutzer dieser juristischen Person.

Sie werden nicht vom Staat, sondern von einer rechtlich selbständigen juristischenPerson des öffentlichen Rechts erlassen.

Satzungen sind Rechtsnormen, die von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zurRegelung ihrer Angelegenheiten erlassen werden. Zu den juristischen Personen desöffentlichen Rechts zählen beispielsweise die Gebietskörperschaften (Gemeinden, Kreise),Universitäten, Kammern oder Rundfunkanstalten.

Rechtsverordnung

Vorteile einer Rechtsverordnung:

Jedoch handelt die Exekutive nur kraft abgeleiteten Rechts: Art. 80 Abs. 1 GG verlangt,dass das Parlament die Exekutive durch formelles Gesetz zum Erlass einer Rechtsverordnungermächtigt und diese Ermächtigung nach Inhalt, Zweck und Ausmaßbestimmt sein muss.

Bsp.: Nach § 11b Abs. 2 Hundeverbringungs- und -einfuhrbeschränkungsgesetz regeltder zuständige Bundesminister, für welche aggressiven Hundesrassen ein Zuchtverbotbestehen soll. Die daraufhin erlassene Tierschutz-Hundeverordnung bestimmt in § 11:„Eine Aggressionssteigerung im Sinne des § 11 b Abs. 2 des Tierschutzgesetzes liegt bei Hunden vor,die ein übersteigertes Angriffs- und Kampfverhalten aufweisen, das durch artgemäße Signale nicht hinreichendgesteuert wird. Das Verpaaren von Hunden mit anderen Caniden ist verboten. Bei Pitbull-Terriern, Staffordshire Bullterriern, American Staffordshire Terriern und Bullterriern sowieKreuzungen mit diesen Tieren ist vom Vorliegen einer derartigen Aggressionssteigerung auszugehen.“(dazu BVerfG, Urteil vom 16. März 2004, 1 BvR 1778/01, abrufbar im WWW unterder URL http://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20040316_1bvr177801.html)§ 11 der Rechtsverordnung ist rechtmäßig, denn der Gesetzgeber bestimmt selbst, dassaggressive Hundearten nicht gezüchtet werden dürfen. Inhaltlich ist die Regelungnicht zu beanstanden, da nicht pauschal von der Rasse auf die Aggressivitätgeschlossen wird. Im Fall war indes die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nichtgegeben.

Problematisch ist das Demokratiedefizit: Nicht der demokratisch legitimierte Gesetzgeberbestimmt die Regelung, sondern die Exekutive. Auch das Gewaltenteilungsprinzipist berührt: Nach der herkömmlichen Vorstellung der Gewaltenteilung steht dieRechtssetzungsbefugnis allein dem Gesetzgeber zu.

Bei Rechtsverordnungen unterer Instanzen können regionale Unterschiede besserberücksichtigt werden.

Die Exekutivorgane sind oftmals sachnäher (gerade bei technischen Fragen).

Sie führen zu einer Entlastung des Parlaments, das mehr Zeit für politische Grundsatzfragenhat.

Zeitlicher Faktor: Rechtsverordnungen können schneller auf sich veränderndeUmstände reagieren.

Für den Bürger sind sie ebenso verbindlich wie Parlamentsgesetze. Mittlerweile sindRechtsverordnungen unentbehrlich.

Bsp.: Kampfhundeverordnung, StVO

Sonstige öffentlich-rechtliche Schuldverhältnisse

Unter den Begriff der sonstigen öffentlich-rechtlichen Schuldverhältnisse werden diejenigenRechtsverhältnisse eingeordnet, die weder Verwaltungsakt, noch Vertrag, noch Realakt sind,sondern faktischen Verträgen ähneln. Ihre Bedeutung liegt darin, dass sie ein Auffangrechtsverhältnisbei fehlgeschlagenen Verwaltungsverträgen oder bei lückenhaftengesetzlichen Regelungen darstellen. Anwendungsfälle:

Öffentlich-rechtliche GoA: Unter öffentlich-rechtlicher Geschäftsführung ohne Auftrag(GoA) versteht man die Konstellationen, in denen zwischen zwei Behörden oder zwischenBehörde und Bürger ein quasi-altruistisches Verhältnis bestand, das der GoA im BGBähnelt.

Einigkeit besteht, dass die Abwicklungsvorschriften der GoA des BGB entsprechendAnwendung finden können. Hinsichtlich einer Eingriffsbefugnis ist das Handeln aber aufNotfälle beschränkt, da die Behörde nur handeln darf, wenn dies gesetzlich vorgeschriebenist (wenn sie eine Befugnis hat). Besteht eine Befugnis, handelt sie aber nicht mehr ohneAuftrag.

Bsp.: Bauherr B errichtet eine Erschließungsanlage, wofür nach § 123 Abs. 1 BauGBdie Gemeinde zuständig ist.

Öffentlich-rechtliche Verwahrung, die in § 40 Abs. 2 VwGO vorausgesetzt ist(Verwahrung nach der polizeilichen Beschlagnahme eines Gegenstands)

Bsp.: A verlor auf einem Autobahnparkplatz einen wertvollen Gegenstand. B,Angestellter der Autobahnmeisterei, fand den Gegenstand und übergab sie dem Einsatzführer.Als A sich den Gegenstand abholen wollte, war dieser nicht mehr auffindbar(BGH, NJW 1990, 1230): Der BGH entschied, dass zwischen A und dem Träger derAutobahnmeisterei (Bund) ein verwaltungsrechtliches Schuldverhältnis zustandegekommen ist. Sinn: Damit war die Anwendung des zivilrechtlichen Haftungsrechtsin entsprechender Anwendung eröffnet (So hat der BGH dem A einen Schadensersatzanspruchwegen Unmöglichkeit der Herausgabe des Gegenstands gewährt.).

Anschluss- und Benutzungszwang bei kommunalen Einrichtungen (Abwasserkanalisation;Benutzung des städtischen Schlachthofs)

Bsp.: Die Gemeinde X verpflichtet nach ihrer Satzung jeden Gemeindeanwohner, seinHaus an die gemeindeeigene Abwasserkanalisation anzuschließen. Sinn: Volksgesundheitund Kostensenkung des Betriebs, wenn alle Anwohner angeschlossen sind.

Realakt

Im Unterschied zu Verwaltungsakten bezwecken sie keinen rechtlichen Erfolg, sondern einentatsächlichen. In der Praxis treten Realakt und Verwaltungsakt häufig nebeneinander auf undsind zuweilen schwer zu unterscheiden.

Bsp.: V verlangt von der Stadt Karlsruhe in seiner Straße ein Geschwindigkeitsbegrenzungsschild„Tempo 30“ aufzustellen und Schwellen auf der Fahrbahn anbringen zulassen.Die Bewilligung/Ablehnung des Ansinnens von V durch die Stadt ist ein Verwaltungsakt.Das Aufstellen des Schildes wäre Verwaltungsakt und Realakt gleichzeitig: Verwaltungsaktdeshalb, weil Verkehrsschilder Verwaltungsakte sind (Allgemeinverfügungen nach§ 35 S. 2 VwVfG), die regeln, dass in dieser Straße nur mit Tempo 30 gefahren werdendarf; Realakt, weil eine tatsächliche Verrichtung vorliegt: die Aufstellarbeiten. DasAnbringen der Schwellen wäre indes rein tatsächliches Handeln (Montagearbeit) und somitRealakt.

Realakt ist eine einseitige Tathandlung der Behörde, mit der primär faktische Wirkungenintendiert sind. Sie kommen sowohl im verwaltungsinternen Bereich als auch imAußenverhältnis vor.

Bsp.: Auskünfte; Warnungen (vor Sekten oder Weinherstellern); Bauarbeiten

Öffentlich-rechtlicher Vertrag, § 54 ff. VwVfG

Andererseits handelt es sich bei privatrechtlichen Verträgen, die Verwaltungsträgerabschließen, nicht um Verwaltungsverträge.

Bsp. für Verwaltungsverträge: Klassisches Beispiel ist der Dispensvertrag im Baurecht.Der Bauherr B wird von bestimmten baurechtlichen Pflichten freigestellt (etwa der in§ 37 LBO aufgestellten Pflicht zur Schaffung von Stellplätzen für Pkw) und zahlt imGegenzug einen bestimmten Geldbetrag. In § 37 Abs. 1 S. 1 LBO heißt es:„Bei der Errichtung von Gebäuden mit Wohnungen ist für jede Wohnung ein geeigneter Stellplatzherzustellen.“

Bsp.: Die Stadt Karlsruhe möchte ein eigenes Kulturzentrum errichten und mietet sich zudiesem Zweck ein Gebäude. Der Mietvertrag ist privatrechtlicher Natur, weil der Gegenstanddes Vertrags rein privatrechtlicher Natur ist. Sowohl die Überlassung des Gebäudesals auch die Zahlung des Mietzinses sind dem öffentlichen Recht zuzuordnen(Zur Abgrenzung oben A.III.).

Neben der hoheitlichen Einzelfallregelung des Verwaltungsakts kann die Behörde auch denWeg der einvernehmlichen Regelung wählen und mit dem Bürger einen Verwaltungsvertragabschließen. In der Praxis werden am häufigsten Verwaltungsverträge geschlossen, wenn manden Sachverhalt nicht durch einen Verwaltungsakt regeln, sondern gerade zu einer einverständlichenLösung kommen möchte. Der Anwendungsbereich des Verwaltungsvertragsbeschränkt sich aber nicht auf das Gebiet, das auch der Verwaltungsakt erfasst, sondern gehtweit darüber hinaus. Vielfach werden Verwaltungsverträge zwischen zwei gleichgeordnetenVerwaltungsträgern, etwa zwischen zwei Gemeinden geschlossen, die ihre Beziehungenmangels Über-Unterordnungsverhältnisses nicht durch Verwaltungsakt regeln können.

Verwaltungsakt, § 35 VwVfG

Die häufigste und praktisch wichtigste Handlungsform der Verwaltung ist der Verwaltungsakt.Nach der Legaldefinition des § 35 S. 1 VwVfG ist ein Verwaltungsakt eine hoheitlicheRegelung eines Einzelfalls durch eine Verwaltungsbehörde, die auf Außenwirkung gerichtetist. (Ausführlich zum Verwaltungsakt unten D.II.)

Verwaltungsbehörden können auf vielfältige Weise im Rechtsverkehr handeln: Sie könnenprivatrechtlich tätig werden. Wenn und soweit sie öffentlich-rechtlich handeln (zurAbgrenzung oben A.III.), kommen in Betracht:

Planung

Rechtssetzendes Handeln: Erlass von Rechtsverordnungen, Satzungen oder Verwaltungsvorschriften

sonstiges (sog. schlichtes) Verwaltungshandeln (nicht durch VA), z.B. Erteilung vonAuskünften, öffentliche Äußerungen von Amtsträgern, Baumaßnahmen, Zwangsmaßnahmen(Schlag mit dem Polizeiknüppel) usw.

Abschluss öffentlich-rechtlicher Verträge nach §§ 54 ff. VwVfG.

Handeln durch Verwaltungsakt (VA) im Sinn des § 35 VwVfG: also Erlass vonBescheiden, Verfügungen, Anordnungen usw.

Grundrechte
Gleichheit; Prozessuale Grundrechte

Rechtsschutzgarantie

ne bis in idem (Art. 103 Abs. 3 GG): Art. 103 Abs. 3 GG verbietet, jemanden wegenderselben Tat mehrmals zu bestrafen. Die Verhängung von Strafe, sogar die Einleitungeines Strafverfahrens ist aber auch dann verboten, wenn wegen derselben Tat einFreispruch ergangen ist. Das Merkmal der „allgemeinen Strafgesetze“ soll die Anwendungdes Art. 103 Abs. 3 GG aber auf den Bereich des Kriminalstrafrechts des StGBbeschränken und gilt daher nicht für das Disziplinarstrafrecht usw.

Bsp.: Ein Soldat wird wegen eines Vergehens von einem Wehrstrafgericht mit Arrestund zusätzlich vom Amtsgericht mit Freiheitsstrafe bestraft. Hierin liegt zwar kein Verstoßgegen Art. 103 Abs. 3 GG, die Wehrstrafe ist aber aus Gründen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzesauf die Freiheitsstrafe anzurechnen (BVerfGE 27,180).

Der Grundsatz nulla poena sine lege (Art. 103 Abs. 2 GG) besagt dreierlei: Zum einendarf nur dann gestraft werden, wenn ein Gesetz dies bestimmt. Zum zweiten muss dasGesetz bereits zum Tatzeitpunkt bestanden haben. Schließlich muss das Strafgesetz sogenau gefasst sein, dass der Bürger in der Lage ist, sein Verhalten danach einzurichten.Art. 103 Abs. 2 GG gilt nur für Strafgesetze, wobei der Begriff weit zu fassen ist und alleSanktionen umfasst, die auf rechtswidriges und schuldhaftes Verhalten mit dem Ziel derRepression reagieren und eine Missbilligung zum Ausdruck bringen.Bsp.: Wehrstrafgesetze, Ordnungswidrigkeiten, Disziplinarstrafrecht.

Bsp.: Das Land Baden Württemberg erließ als Reaktion auf eine große Anzahl vonKinderschändungen ein Gesetz, dass es Strafgerichten ermöglichte, gegenüber Triebtäternbei dem begründeten Verdacht der Tatwiederholung Sicherungsverwahrunganzuordnen (so genanntes Straftäterunterbringungsgesetz, StUG). Der Häftling Hkonnte bei Antritt seiner Haft sicher mit seiner baldigen Freilassung nach 5 Jahrenrechnen, wurde aber aufgrund psychiatrischer Gutachten und auf Grundalge des erstnach Haftbeginn erlassenen StUG nach Ablauf seiner Haft sicherungsverwahrt.Verstößt das Gesetz gegen Art. 103 Abs. 2 GG? Nach Ansicht des BVerfG handelt essich bei dem StUG nicht um ein Strafgesetz, da dieses Gesetz allein die präventiveGefahrenabwehr im Auge habe und nicht die Repression. Daher konnte die Sicherungsverwahrungauch rückwirkend (Grenze: Art. 20 Abs. 3 GG) angeordnet werden.Art. 103 Abs. 2 GG gilt somit für die Maßregeln der Besserung und Sicherung (§§ 61 ff.StGB) nicht.(Urteil v. 5.2.2004 2 BvR 2029/01 im WWW abrufbar unter der URLhttp://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20040205_2bvr202901.html)

Art. 102 GG verbietet die Todesstrafe. Der Staat ist aber auch verpflichtet, tätig zu werden,wenn einem Deutschen im Ausland die Todesstrafe droht. (Bsp.: La Grant-Fall in denUSA, in dem die USA zwei Deutsche zum Tode verurteilten. Deutschland war zumRechtsbeistand verpflichtet, vgl. § 7 KonsularG: „Konsularbeamte sollen (…) Strafgefangene aufderen Verlangen betreuen und ihnen Rechtsschutz vermitteln.“ Das Ermessen der Beamten ist beidrohender Todesstrafe wegen Art. 1 Abs. 1 GG und Art. 102 GG auf Null reduziert).Ebenso verbietet Art. 102 GG wohl auch die Auslieferung eines Ausländers an seinenHeimatstaat, wenn ihm dort die Todesstrafe droht (spezialgesetzlich geregelt in§ 53 Nr. 2 AuslG).

Art. 104 Abs. 1 S. 2 GG normiert ein absolutes Folterverbot, daher ist die Androhung vonFolter auch dann unzulässig, wenn hierdurch das Leben unschuldiger Menschen gerettetwerden könnte.

Nach Art. 104 GG liegt die Entscheidung über eine Freiheitsentziehung bei einem Richter.

Bsp.: Polizeilicher Gewahrsam nach § 54 PolG BW:„Die Polizei kann eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn auf andere Weise eine unmittelbar bevorstehendeerhebliche Störung der öffentlichen Sicherheit oder Ordnung nicht verhindert oder eine bereits eingetreteneerhebliche Störung nicht beseitigt werden kann, oder der Gewahrsam zum eigenen Schutz einerPerson gegen drohende Gefahr für Leib oder Leben erforderlich ist und die Person um Gewahrsam nachsuchtoder sich erkennbar in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand oder sonst ineiner hilflosen Lage befindet oder Selbstmord begehen will, oder die Identität einer Person auf andereWeise nicht festgestellt werden kann.“

Das Recht auf den „gesetzlichen Richter“ aus Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG verbietet Willkürund Manipulation bei der Besetzung des Spruchkörpers. Der gesetzliche Richter ist daherder Richter, dessen Zuständigkeit in den allgemeinen Normen der Gesetze und derGeschäftsverteilungspläne der Gerichte vorgesehen ist.

Ein weiteres prozessuales Grundrecht ist in Art. 103 Abs. 1 GG normiert: das Recht auf„rechtliches Gehör“, wonach der Einzelne Gelegenheit zur Anhörung hat und auch zumTeil Prozess- und Behördenakteneinsicht bekommt. Spezialgesetzlich geregelt ist diesesGrundrecht für den Verwaltungsprozess in § 100 VwGO und für das Verwaltungsverfahrenin § 29 VwVfG.

Bsp.: Die Staatsanwaltschaft verdächtigt M der Mitgliedschaft in einer terroristischenOrganisation und ordnet mit richterlicher Genehmigung eine Hausdurchsuchung an,ohne M vorher anzuhören. Zur Strafverfolgung gehört auch die Beweissicherung ohnevorherige Anhörung, wenn andernfalls die Gefahr besteht, dass der Zweck nicht erreichtwird. Die StPO regelt daher, dass bei Gefahr in Verzug oder besonders schwerenStraftaten eine Anhörung unterbleiben kann. Dies verletzt wegen der kollidierendenBelange nicht Art. 101 Abs. 1 GG.

Als wichtigstes prozessuales Grundrecht gilt Art. 19 Abs. 4 GG (Rechtsschutz gegen die„öffentliche Gewalt“, d.h. gegen Behörden, ist gewährleistet), der insbesondere durch dasKlagensystem vor dem Verwaltungsgericht effektive Rechtsschutz gegen exekutivesHandeln gewährleistet. Effektiv bedeutet das, dass es auch einstweiligen Rechtsschutz gibt,der den Vollzug einer staatlichen Maßnahme vorübergehend abwehren kann (ausführlichhierzu unten D.I.2.g.). Unter dem Begriff der öffentlichen Gewalt sind allerdings nurExekutiventscheidungen zu verstehen, weil es nicht Sinn von Art. 19 Abs. 4 GG ist, einenunendlichen Instanzenzug zu garantieren.

Bsp.: Als nicht unproblematisch sind im Hinblick auf Art. 19 Abs. 4 GG die überlangenVerfahrensdauern bei deutschen Gerichten zu werten.Bsp.: Art. 19 Abs. 4 GG fordert die Belehrung eines Rechtsunkundigen über seineRechte.

Gleichheitsrecht aus Art. 3 GG

Bei der Ermessensausübung ist die Verwaltung nicht vollkommen frei, sie muss ihr Ermessenpflichtgemäß ausüben (ausführlich unten D.I.1.g. und bereits oben B.III.2.b.bb.). Ferner darfsie sich bei der Ermessensausübung durch interne Verwaltungsvorschriften binden, allerdingsmit der Folge, dass sie von der eingeschlagenen Praxis nicht mehr ohne weiteres abweichenkann (Selbstbindung der Verwaltung), sondern hierfür sachliche Gründe vorliegen müssen.

Die Verwaltung ist beim Gesetzesvollzug gehalten, die Gesetze gegenüber jedem Bürger aufdie gleiche Weise zu vollziehen. Problematisch ist dies, wenn das Gesetz der Verwaltung einErmessen einräumt, die Verwaltung also beim Vorliegen aller gesetzlichen Tatbestandsmerkmaledie Rechtsfolge wählen kann.

Bsp.: Nach § 2 Abs. 1 S. 2 GastG kann die Erlaubnis zum Betrieb eines Gaststättengewerbesauch nichtrechtsfähigen Vereinen erteilt werden. Nach einer Dienstvorschriftdes Behördenvorgesetzten werden alle Beamten angewiesen, von dieser Regelung keinenGebrauch zu machen und nichtrechtsfähigen Vereinen wegen erhöhter Insolvenzgefahrkeine Erlaubnis zu erteilen. Dem nichtrechtsfähigen Verein A wird dementsprechend dieErlaubnis verwehrt, dem nichtrechtsfähigen Verein B wenige Wochen später eine solcheErlaubnis erteilt. A sieht sich in Art. 3 GG verletzt.

Knüpft die Differenzierung an nicht personenbezogene Merkmale an, findet eine(weniger strenge) Willkürkontrolle statt. Die Differenzierung muss einen legitimen Zweckverfolgen und sachlich gerechtfertigt sein.

Bsp.: Diskriminierung der steuerzahlenden Aktieninhaber, wenn aufgrund des strengenBankgeheimnisses die meisten Bürger faktisch keine Steuern für Aktiengewinne zahlen.(BVerfG, Urt. v. 9.3.2004 1 BvL 17/02 im WWW abrufbar unter der URLhttp://www.bverfg.de/entscheidungen/ls20040309_2bvl001702.html)

Bsp.: keine unzulässige Diskriminierung, wenn Tierärzte im Unterschied zu Ärztenkein Zeugnisverweigerungsrecht haben (BVerfGE 38, 312)

Rechtfertigung von Ungleichbehandlungen: Bei der Rechtfertigung von Ungleichbehandlungenist zu unterscheiden, ob die Differenzierung an personenbezogeneMerkmale anknüpft oder an andere Merkmale. Bei personenbezogenen Merkmalen istdie Differenzierung nur dann gerechtfertigt, wenn zwischen den PersonengruppenUnterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleicheBehandlung rechtfertigen können. Es erfolgt eine Verhältnismäßigkeitskontrolledahingehend, ob das Differenzierungskriterium einen legitimen Zweck verfolgt, geeignet,erforderlich und angemessen ist.

Bsp.: Differenzierungen nach Abstammung, Religion usw. sind nach Art. 3 Abs. 3 GGschlechterdings unzulässig.

Bsp.: Differenzierungen nach dem Geschlecht lassen sich nur aufgrund desArt. 3 Abs. 2 GG unter engen Voraussetzungen rechtfertigen, es sei denn biologischeGründe verlangen eine solche Differenzierung.

Über seinen Wortlaut hinaus verpflichtet Art. 3 Abs. 1 GG den Gesetzgeber bei der Gesetzgebungsowie Behörden und Gerichte bei der Anwendung des Gesetzes keine Diskriminierungenvorzunehmen. Der allgemeine Gleichheitssatz gebietet wesentlich Gleichesgleich zu behandeln und verbietet Ungleiches gleich zu behandeln. Die Schwierigkeit desGleichheitssatzes besteht darin, die jeweiligen Vergleichsgruppen zu finden, weil dasVergleichspaar erstens regelmäßig gemeinsame Merkmale aufweist, sich in anderer Hinsichtaber unterscheidet und weil zweitens von der Bildung des Vergleichspaares entscheidend dasErgebnis abhängt.

Bsp.: Apothekenbetreiber A wehrt sich dagegen, dass Bahnhofsapotheken keinen Beschränkungenin den Öffnungszeiten unterliegen, andere Apotheken jedoch nur anbestimmten Wochenendtagen geöffnet haben dürfen. Bildet man das VergleichspaarApotheke/Bahnhofsapotheke, liegt eine Ungleichbehandlung vor, die gerechtfertigt werdenmüsste. Bildet man hingegen das Vergleichspaar Bahnhofsapotheke/Bahnhofsgeschäft,läge schon gar keine Ungleichbehandlung vor.

Schulwesen aus Art. 7 GG

Nach Art. 7 Abs. 1 GG hat der Staat einen Bildungs- und Erziehungsauftrag, wobei er beider Ausgestaltung der Schulformen frei ist. Wegen der Berührung mit dem Erziehungsrechtder Eltern ist aufgrund der Wesentlichkeitstheorie jedoch eine formell-gesetzlicheGrundlage nötig, wenn es sich bei der Materie um eine tiefgreifende und in derÖffentlichkeit viel diskutierte Entscheidung handelt. Daher ist der Erlass des Kultusministersrechtswidrig. Eine solch tiefgreifende Entscheidung, wie die über die Abschaffungeiner Schulform muss der Gesetzgeber selber treffen. In Baden Württemberg istdies in §§ 4 ff. Schulgesetz geschehen.

Art. 7 Abs. 1 GG enthält Grundrechte, sowie Auslegungsregeln und Einrichtungsgarantien.Garantiert wir das Institut der staatlichen Schulaufsicht, des Religionsunterrichts und derPrivatschulen. Eine Begrenzung des Schulwesens findet durch das Elternrecht zurErziehung statt (Art. 6 Abs. 2 GG). Allerdings kommt der Schulverwaltung ein weiterSpielraum bei didaktischen und pädagogischen Konzepten zu.

Bsp.: Kultusminister K erlässt eine Richtlinie, wonach die Gymnasien zukünftigabgeschafft und durch Gesamtschulen ersetzt werden sollen. Die Eltern E von Schüler Xsind über diesen Bildungsverfall empört.

Schutz von Ehe und Familie aus Art. 6 GG

Die Mutter wird insbesondere durch Art. 6 Abs. 4 GG geschützt. Sie hat Anspruch aufstaatlichen Schutz und Fürsorge der Gemeinschaft, was sich auch im arbeitsrechtlichenKündigungsschutz äußert.

Bezüglich des Elternrechts aus Art. 6 Abs. 2 Satz 1 GG enthält Satz 2 eine grundrechtsimmanenteSchranke. Ein einschränkendes Gesetz hat hierbei der Pflege und Erziehung vonKindern zu dienen. Es handelt sich um einen qualifizierten Gesetzesvorbehalt. DieKindesentziehung kann nur dann zulässig sein, wenn ein Versagen der Erziehungsberechtigtenvorliegt oder die Verwahrlosung der Kinder droht.

Der Schutz reicht von der Eheschließung über das eheliche Zusammenleben und dieEntscheidung, ob und wie viele Kinder die Partner haben wollen, sogar über eine Scheidunghinaus, da auch Folgeansprüche aus der Ehe wie Unterhaltsansprüche von Art. 6 GG erfasstsind.

Art. 6 GG schützt Ehe und Familie, indem er ein objektives Diskriminierungsverbot undbestimmte Schutzpflichten und Einrichtungsgarantien enthält. Das Grundrecht verpflichtetden Staat, die Ehe unter einen besonderen Schutz zu stellen. Nach dem BVerfG (E105, 313) ist unter Ehe die „weltliche“ bürgerlich-rechtliche Ehe zu verstehen, so dassnichteheliche Partnerschaften aus dem Schutzbereich von Art. 6 GG herausfallen. Ziel ist diegemeinsame Lebensgestaltung der Partner.

Bsp.: Gleichwohl verstößt es nicht gegen den besonderen Schutz der Ehe, wenn der Staatgleichgeschlechtlichen und nichtehelichen Lebenspartnerschaften gewisse Rechteeinräumt, solange dadurch nicht der privilegierte Bestand der Ehe in Frage gestellt wird.

Schutz vor Ausbürgerung und Asylrecht aus Art. 16 und 16a GG

Asylrecht Art. 16a GG: Dieses Grundrecht schützt ausschließlich Nichtdeutsche. Sachlichgeschützt wird vor der Auslieferung politisch Verfolgter ans Ausland. Die inArt. 16a GG normierte so genannte Drittstaatenregelung ist mit dem Wesensgehalt vonArt. 16a GG vereinbar (BVerfGE 94, 49). Die Ausweitung des Asylrechts auf eineVerfolgung durch staatsähnliche Gruppen ist umstritten.

Bsp.: Da es in Somalia faktisch keine Staatsgewalt mehr gibt, findet politischeVerfolgung dort durch „Warlords“ statt.

Schutz vor Ausbürgerung nach Art. 16 GG: geschützt wird die deutsche Staatsangehörigkeit,die für den Grundrechtsträger eine bestimmte Rechtsstellung mit sich bringt(Bürgerrechte, in völkerrechtlicher Hinsicht: diplomatischer Schutz und Aufnahmepflichtdes Staates). Die Staatsangehörigkeit hat, wer Mitglied im Staatsverband ist. Die Staatsangehörigkeitgründet sich auf das Abstammungsprinzip nach dem Reichs- und Staatsangehörigkeitsgesetzvom 22.06.1913 und wird durch Geburt erworben (ius sanguinis). Art. 16Abs. 1 GG ist ein Abwehrrecht gegen den Staat (status negativus) insbesondere gegen dieEntziehung der Staatsangehörigkeit (Art. 16 Abs. 1 S. 1 GG) und individuelle Zwangsausbürgerung.Dagegen wird der Verlust der Staatsangehörigkeit nur unter bestimmtenVoraussetzungen geschützt (Art.16 Abs. 1 S. 2 GG), so dass beide Begriffe abgegrenztwerden müssen. Der Verlust der Staatsangehörigkeit muss sich auf ein formelles Gesetzgründen. Der Verlust der Staatsangehörigkeit kann gegen den Willen des Betroffenen nureintreten, wenn er dadurch nicht staatenlos wird, wohingegen bei ausdrücklicherEinverständniserklärung auch ein Verlust der Staatsangehörigkeit eintreten kann, wennderjenige dann staatenlos wird.

Unverletzlichkeit der Wohnung aus Art. 13 GG

Art. 13 GG schützt die Wohnung. Darunter versteht man alle Räume, die der allgemeinenZugänglichkeit durch eine räumliche Umgrenzung entzogen sind und dem privaten Lebenund Wirken dienen. Auch Nebenräume wie Keller, Dachboden und auch Hotelzimmer,Zelte, Wochenendhäuser, etc. gehören dazu. Nach herrschender Meinung wird auch derBereich der Geschäfts- und Betriebsräume erfasst (str.). Es handelt sich um ein Grundrecht,das Eingriffe des Staates wie Durchsuchungen oder sonstiges Eindringen (Bsp.: „GroßerLauschangriff“) abwehren soll (status negativus; siehe dazu C.I.4.). Art. 13 GG enthält in denAbsätzen 2 bis 7 unterschiedliche Schrankenregelungen. Dabei findet man in Abs. 3 bis 6spezielle Regelungen für Fälle technischer Wohnraumüberwachung. Abs. 2 legt fest, dassDurchsuchungen ( = ziel- und zweckgerichtetes Suchen nach Personen oder Sachen oder zurErmittlung eines Sachverhalts, um etwas aufzuspüren, was der Inhaber der Wohnung von sichaus nicht offen legen oder herausgeben will) grundsätzlich nur durch einen Richter angeordnetwerden können. Andere Organe können dies nur bei Gefahr im Verzug in der dortbeschriebenen Form tun. Gefahr im Verzug liegt vor, wenn die vorherige Einholung einerrichterlichen Anordnung den Erfolg der Durchsuchung gefährden würde.

Zum „Großen Lauschangriff“ und zur teilweisen Nichtigkeit der StPO-Normen sieheBVerfG, Urt. vom 3.3.2004, 1 BvR 2378/98 im WWW abrufbar unter der URLhttp://www.bverfg.de/entscheidungen/rs20040303_1bvr237898.html

Freizügigkeit nach Art. 11 GG

Ein weiterer Gesetzesvorbehalt ergibt sich aus Art. 17a Abs. 2 GG zur Verteidigung undzum Schutz der Zivilbevölkerung.

zum Schutz Jugendlicher vor Verwahrlosung und Kriminalprävention.

bei Seuchengefahr und Bekämpfung von Naturkatastrophen oder besonders schwerenUnglücksfällen (aus gesundheitlichen Gründen, zum Schutz der Allgemeinheit)

zur Abwehr einer Gefahr für Bestand oder freiheitliche demokratische Grundordnungdes Bundes oder eines Landes

Bsp.: Situation nach Art. 91 GG, bei Staatsstreichen, Revolutionen, Putschen, etc.

bei Fehlen einer ausreichenden Lebensgrundlage

Bsp.: bei großen Aussiedler- und Flüchtlingsströmen

Bei der Freizügigkeit handelt es sich um ein Deutschengrundrecht. Geschützt wird dieFreiheit, an jedem beliebigen Ort im Bundesgebiet Aufenthalt und Wohnsitz zu nehmen;die Ausreisefreiheit ist nicht erfasst (wird aber über die allgemeine Handlungsfreiheitgeschützt). Art. 11 Abs. 2 GG schränkt die Freizügigkeit durch fünffachen qualifiziertenGesetzesvorbehalt ein:

Glaubens- und Gewissensfreiheit nach Art. 4 GG

Gewissensfreiheit

Die Gewissensfreiheit ist neben der Religionsfreiheit ein eigenständiges Grundrecht und setztim Gegensatz zur Religionsfreiheit keine Gemeinschaft voraus. Geschützt wird dieGewissensentscheidung als jede ernsthafte sittliche, das heißt an den Kategorien von Gutund Böse orientierte Entscheidung, die der Einzelne als bindend erfährt und gegen die ernicht ohne Gewissensnot handeln kann.

Bsp.: Kriegsdienstverweigerung

Glaubensfreiheit

Der Schutzbereich wird durch Art. 140 GG i.V.m. Art. 135 S. 3, 136 Abs. 1 WRV insoweitergänzt, als hergebrachte Grundsätze des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche übernommenwurden (Bsp.: Garantie kirchlicher Feiertage durch den Staat).

Grundrechtsträger der Glaubensfreiheit sind alle Menschen. Kinder sind in der Regel nicht inder Lage, ihren Glauben selbst zu bestimmen bis sie „religionsmündig“ sind (in der Regel ab14 Jahren). Der Schutzbereich umfasst die Überzeugung vom Ursprung und der Bedeutungdes Lebens sowie der Stellung des Menschen in der Welt und seiner Bedeutungsowie die Ansicht über die Bedeutung des Todes. Es geht darum, die Auffassung von derSinnhaftigkeit oder Sinnlosigkeit menschlichen Daseins zu schützen im Sinn einerWeltanschauungsfreiheit aufgrund von Wahrheitsüberzeugung. Dabei kann es sich umreligiöse oder areligiöse sowie weltanschauliche Bekenntnisse handeln. Damit wird dieinnere Überzeugung und Überzeugungsbildung geschützt (forum internum).

Bsp.: N wohnt in der Nähe einer Kirche und fühlt sich durch das Glockenläuten gestört. Erwill von der zuständigen Behörde, dass diese das morgendliche Läuten sowie denGlockenschlag alle Viertelstunde unterbindet. Das liturgische Morgengeläut gehört zurReligionsausübung, nicht aber das viertelstündige Schlagen, so dass Maßnahmen, dieLetzteres betreffen, zulässig sind, um die Lärmbelästigung zu begrenzen (BVerwGE 68,62; 90, 163).

Bsp.: Religionsausübung wie etwa der Bau einer Kirche oder Moschee; das Tragen einesKopftuchs; Prozessionen

Menschenwürde aus Art. 1 Abs. 1 GG

Die Menschenwürde soll vor entsprechenden staatlichen Eingriffen schützen. Gleichzeitigergibt sich aus ihr aber auch eine Verpflichtung des Staates zu ihrem Schutz gegenVerletzungen durch Dritte zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz.

Bsp.: Vorgehen der Frankfurter Polizei im Fall des entführten Bankier-Sohnes Jakobvon Metzler: Die Polizeibeamten haben einen festgenommenen Verdächtigen durchAndrohung physischer Gewalt dazu gebracht, ihnen das Versteck des Kindes mitzuteilen,um dessen Leben zu retten. Der ehemalige Polizeivizepräsident von Frankfurta.M. Daschner wurde verurteilt. Nach zutreffender Meinung statuiert das Grundgesetzein absolutes Folter- und Misshandlungsverbot, Art. 104 Abs. 1 S. 2 GG i.V.m.Art. 1 Abs. 1 GG. Hier gilt es jeglichen Dammbruch abzuwehren. Die andere Meinungwill in diesem Kollisionsfall zwischen Menschenwürde und akuter Lebensgefahr desEntführungsopfers (sowie der staatlichen Schutzpflicht zur Wahrung der Würde desEntführungsofpers) im Wege der Abwägung entscheiden. Das Folterverbot werde mitseiner Durchsetzung in einem solchen Fall seines materiellen Sinnes beraubt; seinursprünglicher Zweck werde in das Gegenteil verkehrt.

Bsp.: § 14 LuftSiG erlaubt in letzter Konsequenz den Abschuss eines Flugzeuges, dasdas Leben außerhalb des Flugzeuges befindlicher Menschen bedroht, selbst wenn es mitunbeteiligten Dritten besetzt ist. Nach bisheriger und zuletzt ausdrücklich erneuerterVerfassungsrechtsprechung ist eine Abwägung Leben gegen Leben im Rahmen desArt. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG unzulässig.

Bsp.: Verbot des so genannten Zwergenwerfens als menschenunwürdiges Verhalten

Bsp.: Verbot einer Peepshow zum Schutz der Tänzerin (BVerwGE 64, 274)

Ein Eingriff kann aber nur angenommen werden, wenn die Menschenwürde schwerwiegendbeeinträchtigt ist, insbesondere wenn in die körperliche und/oder geistige Identitäteingegriffen wird, wenn die rechtliche Gleichheit betroffen ist oder wenn eine Person zumObjekt eines Verfahrens wird.

Bsp.: Lügendetektoren im Strafverfahren sind mit der Menschenwürde unvereinbar.

Träger der Menschenwürde ist jeder Mensch, auch das ungeborene Leben. Geschützt wirddie Menschenwürde als Anspruch auf soziale Achtung. Das Grundrecht erlischt mit demTod, jedoch kommt auch danach dem Einzelnen eine zu beachtende Würde zu. Ein Gesetzesvorbehaltscheidet aus, da das Grundrecht bereits nach dem Wortlaut unantastbar ist, und weildie Menschenwürde als oberster Wert der demokratischen Grundordnung und alstragendes Konstitutionsprinzip dem entgegensteht. Aus demselben Grund ist eineBeeinträchtigung durch andere Grundrechte (verfassungsimmanente Schranken) undenkbar(str.).

Sonstige Freiheits- und Grundrechte jeweils im Überblick

Körperliche Unversehrtheit, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG

Eingriffe können aufgrund eines Gesetzes erfolgen (Art. 2 Abs. 2 S. 3 GG).

Bsp.: Nach § 81a der StPO darf eine Blutentnahme angeordnet werden, wenn dies derAufklärung einer Straftat dient:„Eine körperliche Untersuchung des Beschuldigten darf zur Feststellung von Tatsachen angeordnet werden,die für das Verfahren von Bedeutung sind. Zu diesem Zweck sind Entnahme von Blutproben undandere körperliche Eingriffe (…) durch einen Arzt (…) zulässig.“

Geschützt wird die physische Unversehrtheit; die Psyche ist insoweit erfasst, alskörperlich messbare Folgen damit verbunden sind. Der Staat hat eine Schutzpflicht unddie Pflicht für die Gesundheit der Bürger im Rahmen der staatlichen Leistungsfähigkeitzu sorgen.

Bsp.: Das Bundesverfassungsgericht hat es abgelehnt, eine Verletzung der Schutzpflichtdes Gesetzgebers angesichts einer etwaigen Gesundheitsgefährdung durch Mobilfunkanlagenfestzustellen. Die entsprechenden nachbarschützenden Vorschriften des BGBund des Bundesimmissionsschutzgesetzes (BImSchG) und der Verordnung überelektromagnetische Felder (26. BImSchV) würden eine ausreichende Vorsorge bieten,sofern die entsprechenden Grenzwerte eingehalten werden.(Beschluss 1 BvR 1676/01 vom 28.2.2002, abrufbar im WWW unter der URLhttp://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20020228_1bvr167601.html)

Bsp.: Der Staat erfüllt seine Schutzpflicht, indem er bestimmte Tätigkeiten einerGenehmigungspflichtigkeit unterstellt (vgl. Bundesimmissionsschutzgesetz fürimmitierende Anlagen; Atomgesetz für Kernkraftwerke)

Recht auf Leben, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG

Art. 2 Abs. 2 S. 3 GG statuiert einen Gesetzesvorbehalt, so dass grundsätzlich staatlicheEingriffe in das Rechtsgut Leben denkbar sind; das Leben genießt aber einen besondershohen Rang, so dass außergewöhnliche Umstände eintreten müssen, um einen Eingriff zurechtfertigen.

Bsp.: Der nach § 54 Abs. 2 PolG BW zulässige „finale Rettungsschuss“: Dieser lässt sicham Maßstab des Übermaßgebots rechtfertigen und ist aufgrund der staatlichenSchutzpflicht für das Leben geboten, wenn er das einzige Mittel ist, um das Leben einesanderen zu retten. Im § 54 Abs. 2 PolG BW heißt es:„Ein Schuss, der mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit tödlich wirken wird, ist nur zulässig, wenner das einzige Mittel zur Abwehr einer gegenwärtigen Lebensgefahr oder einer gegenwärtigen Gefahr einerschwerwiegenden Verletzung der körperlichen Unversehrtheit ist.“

Grundrechtsträger des Lebensrechts ist jeder Mensch, auch der nasciturus. Das menschlicheLeben endet mit dem Hirntod (Erlöschen der Hirnströme). Neben dem Abwehrrecht (der Staatsoll gehindert werden, in das Schutzgut Leben einzugreifen) entfaltet Art. 2 Abs. 2 GGgegenüber dem Staat eine Schutzpflicht für menschliches – auch vorgeburtliches – Leben.

Das BVerfG hat die staatliche Schutzpflicht für das Leben des Entführten betont, dennocheinen Anspruch auf die Maßnahme, den Terroristen nachzugeben, verneint. Das Leben desEntführten und die Sicherheit der Allgemeinheit muss vom Staat abgewogen werden.Zudem würde ein Rechtsanspruch die Reaktion des Staates auf solche Erpressungenkalkulierbar machen, was mit Art. 2 Abs. 2 S. 1 GG unvereinbar sei (BVerfGE 46, 160).

Bsp.: Am 5.9.1977 wird der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie undder Deutschen Arbeitgeberverbände Hanns Martin Schleyer von Terroristen entführt.Letztere verlangen von der Bundesregierung die Freilassung mehrere inhaftierter Terroristen.Die Bundesregierung schließt die Freilassung nicht aus, zögert aber die Entscheidunghinaus. Der Sohn des Entführten stellt beim BVerfG den Antrag, auf Erlass einereinstweiligen Anordnung, mit der die Bundesregierung verpflichtet werden soll, denEntführern nachzugeben.

Allgemeines Persönlichkeitsrecht, Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG

Eingriffe bedürfen einer formellen gesetzlichen Grundlage. Maßgeblich ist die Schrankentriasvon Art. 2 I GG. Je näher sich die Persönlichkeitssphäre der Menschenwürde nähert,desto strenger ist der Maßstab an die Verhältnismäßigkeit zu legen.

Bei dem Grundrecht des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt es sich um einungeschriebenes Recht, das im Wege der richterlichen Rechtsfortbildung entwickelt wurde(hierzu siehe oben A.IV.1.g.). Geschützt wird die enge persönliche Lebenssphäre alsSchutz von Privatsphäre sowie das Recht auf Selbstbestimmung. Unter Letzteres fällt vorallem auch das so genannte Recht auf informationelle Selbstbestimmung, so dass jederselbst entscheiden kann, welche persönlichen Lebenssachverhalte er in welchem Umfangoffenbart. Erfasst wird auch der soziale Geltungsanspruch, also das Recht, zu bestimmen,in welcher Weise man sich in der Öffentlichkeit darstellen will, zum Beispiel das Recht ameigenen Bild. Geschützt wird außerdem vor bestimmten Fragen, denen man imBerufsleben ausgesetzt ist, die persönliche Lebensumstände betreffen.

Bsp.: Eine Frau griechischer Abstammung (Beschwerdeführerin) hatte eine gerichtlicheAuseinandersetzung mit einer Nachbarin. Der Ehemann der Nachbarin sprach daraufhinunter anderem folgenden Text auf den Anrufbeantworter der Beschwerdeführerin:„Hallo, Du fette hässliche Griechenhure, jetzt geht es erst richtig los. Wir werden Dichfertig machen vor Gericht, Du wirst zahlen, Du wirst büßen, Du fettes hässlichesGriechenscheißstück, Du Hurenbastard. O.K., verstanden, alles klar, vor Gericht geht esweiter, viel Freude.“ Nachdem das Amtsgericht Ratingen der Beschwerdeführerin einSchmerzensgeld in Höhe von 2.000 DM zugesprochen hatte, wies das Landgericht dieKlage ab. Es fehle an den Voraussetzungen, unter denen auf Grund einer Verletzung desPersönlichkeitsrechts ein Schmerzensgeld zu zahlen sei, nämlich einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts und der Unmöglichkeit, anderweitigeine Genugtuung zu erlangen. Das Bundesverfassungsgericht stellte nicht zuletztangesichts der ausländerfeindlichen Bezeichnungen (zu Recht!) eine Verletzung desallgemeinen Persönlichkeitsrechts fest.(Beschluss vom 4.3.2004, 1 BvR 2098/01, abrufbar im WWW unter der URLhttp://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20040304_1bvr209801.html).

Bsp.: Ebenso kann eine Frau bei einem Einstellungsgespräch verheimlichen, dass sieschwanger ist, wenn sie danach gefragt wird. Anders ist dies jedoch dann, wenn ein berechtigtesInteresse des Arbeitgebers an dieser Frage besteht (z.B. bei der Gefahr vonGesundheitsgefährdung der werdenden Mutter in einem Chemielabor).

Bsp.: Die Frage des Arbeitgebers beim Einstellungsgespräch nach einer HIV-Infektionist nicht gestattet. Fragt er dennoch, so hat der Betroffene regelmäßig ein Recht zurLüge.

Allgemeine Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) – Fortbewegungsfreiheit (Art. 2Abs. 2 S. 2 GG)

Für den massiven Eingriff der Freiheitsentziehung gilt Art. 104 Abs. 2 GG. Hierzu zählenalle Maßnahmen des unmittelbaren Zwangs sowie die Maßnahmen, die mit unmittelbaremZwang durchgesetzt werden können, wenn sie gegen die Entscheidungsfreiheit desGrundrechtsträgers gehen.

Für die allgemeine Handlungsfreiheit gilt die Schrankentrias aus Art. 2 Abs. 1 GG; fürArt. 2 Abs. 2 S. 2 GG gilt der Gesetzesvorbehalt des Art. 2 Abs. 2 S. 3 GG, der durch dieVerfahrensgarantien des Art. 104 GG näher ausgestaltet und ergänzt wird:Art. 104 Abs. 1 GG verlangt ein förmliches Gesetz zur Beschränkung dieser Freiheit,z.B. § 28 PolG BW:„Die Polizei kann eine Person in Gewahrsam nehmen, wenn (…) die Identität einer Peson auf andere Weisenicht festgestellt werden kann.“

Grundrechtsträger ist jeder Mensch. Nach Art. 2 Abs. 1 GG werden jeglichemensch-ichen Handlungen geschützt. Die Fortbewegungsfreiheit folgt hingegen ausArt. 2 Abs. 2 S. 2 GG.

Wirtschaftsgrundrechte

Eigentumsfreiheit aus Art. 14 GG

Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

Voraussetzungen einer Enteignung:

Schließlich darf die Enteignung nicht unverhältnismäßig sein. Dies ist etwa der Fall,wenn auch der Abschluss eines Kaufvertrags möglich wäre (vorausgesetzt der Eigentümerweigert sich nicht strikt gegen den Abschluss eines solchen Vertrags).

Entscheidend ist aber nicht die Person des Begünstigten, sondern der Enteignungszweck.So kann auch ein Privater Begünstigter der Enteignung sein:

Bsp.: Die privatrechtliche organisierte Hockenheim-AG beabsichtigt, die Teststreckeauf dem Hockenheimring zu erweitern. Für den Bau ist die Enteignung eines Grundstücksstreifensnotwendig. Das Allgemeininteresse besteht darin, dass die Teststreckegebraucht wird, um den internationalen Standards der Formel 1 zu genügen und sich ausder Veranstaltung ein hoher (auch wirtschaftlich messbarer) Imagegewinn für das LandBaden-Württemberg ergibt.

Nach Art. 14 Abs. 3 S. 2 GG dürfen Enteignungennur durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes vorgenommen werden, wobei das Gesetzdie Art und das Ausmaß der Entschädigung selbst regeln muss. Die Enteignung ist nur zumWohl der Allgemeinheit zulässig.

Bsp.: Die Enteignung für den Straßenbau ist nur zulässig, wenn die Straße für Bedarfsdeckungnotwendig ist.

Voraussetzungen einer Inhalts- und Schrankenbestimmung:

Dies bedeutet indes nicht,dass Inhalts- und Schrankenbestimmungen unbegrenzt zulässig sind. Vielmehr müssenauch diese Schranken die Bedeutung des Grundrechts im Sinne einer Wechselwirkungbeachten: So muss eine Inhalts- und Schrankenbestimmung Übergangs- und Härteklauselnvorsehen (siehe das obige Atomausstiegsbeispiel). Ferner muss das Gesetz bei Härtefälleneine Entschädigung vorsehen.

Bsp.: Verleger V verlegt Bücher in geringer Auflage. In einem einschlägigen Landesgesetzist vorgesehen, dass von jedem im Geltungsbereich des Gesetzes erscheinendenDruckwerks ein Belegstück kostenlos an die Landesbibliothek abgeliefert werden muss.V trifft dies bei der geringen Auflage seiner teuren Bücher empfindlich. Er fordert eineEntschädigung. (BVerfGE 58, 137 – Pflichtexemplarentscheidung) Da ein Druckerzeugnisauch ein geistiges und kulturelles Allgemeingut darstellt, ist die Abgabepflichtim Grundsatz angemessen. In Fällen, in denen die Abgabe aber eine wesentlichewirtschaftliche Belastung darstellt, muss es Ausnahmen von der Abgabepflicht geben.Einen solchen Ausnahmefall erblickte das BVerfG im vorliegenden Fall.Bsp.: Entschädigungspflicht bei übermäßig hohen Belastungen durch Denkmalschutzpflichten

Eingriffe

Art. 14 GG sieht zwei Maßnahmen von „Eigentumseingriffen“ vor: In Art. 14 Abs. 3 GGwird für die Eigentumsenteignung eine Entschädigungspflicht normiert. NachArt. 14 Abs. 1 S. 2 GG sind entschädigungslose Inhalts- und Schrankenbestimmungenzulässig. Damit stellt sich das Problem der Abgrenzung. Während früher beide nach demGrad der Schwere des Eingriffs unterschieden wurden (Enteignung lag vor, wenn jemandim Vergleich zu anderen besonders schwer belastet war), unterscheidet die heutigeRechtsprechung beide Eingriffsarten wie folgt:

Bsp.: Der Ausstieg aus der Atomenergie ist keine Enteignung, da abstrakt-generellbestimmt wird, dass Eigentum an AKW nicht mehr bestehen darf. Es handelt sich wederum eine Enteignung für die schon gebauten AKW, noch für die zukünftig geplantenAKW. Hinsichtlich der Erstgenannten sind wegen der Verhältnismäßigkeit und desVertrauensschutzes Übergangsfristen zu beachten. Wird ein Gesetz beschlossen,wonach alle AKW sofort abzuschalten sind, handelt es sich um ein verfassungswidrigesGesetz. Nach der allgemeinen Rechtsprechung des BVerfG wird daraus jedoch keineentschädigungspflichtige Enteignung.

Bsp.: E betreibt auf seinem Grundstück den gewerbsmäßigen Abbau von Kies. Dieswurde ihm von der zuständigen Wasserbehörde jedoch untersagt, weil das Grundstückim Grundwasserschutzbereich liegt. E begehrt eine Enteignungsentschädigung.(BVerfG 58, 300 – Nassauskiesungsentscheidung) Nach Ansicht des Gerichts wurdedem E kein Eigentum entzogen. Zum Grundstückseigentum des E gehört zwar nach denzivilrechtlichen Vorschriften (§ 903 BGB) auch der Grund und Boden. Nach derabstrakt-generellen gesetzlichen Regelung der §§ 2, 3 WHG (Genehmigungspflicht fürGrundwassernutzung) wurde das Grundwasser aber aus dem Eigentum ausgeklammert,was auch verhältnismäßig ist (Abwägung mit Allgemeinbelangen des Umwelt- undGesundheitsschutzes).

Inhalts- und Schrankenbestimmung: Generell abstrakte Regelung, die dasgesetzliche Eigentum ausgestaltet, wobei die grundsätzliche Anerkennung desPrivateigentums und die Sozialbindung in einen verhältnismäßigen Einklang zubringen sind.

Enteignung: Entzug (teilweise oder vollständig) einer vermögenswertenRechtsposition durch gezielten hoheitlichen Eingriff. Intensität (Sonderopfer oderSchwere) sind nicht maßgeblich. Es erfolgt also eine rein formale Betrachtung.

Sachlich schützt Art. 14 GG das Sacheigentum (Bsp.: Eigentum an Gegenständen,Grundstücken usw.), vermögenswerte Forderungen (Bsp.: Aktien) und öffentlichrechtlichePositionen, soweit sie ein Äquivalent eigener Leistungen sind (Bsp.: Rentenansprüche,Ansprüche aus der Arbeitslosenversicherung). Nach der neuerenRechtsprechung des BVerfG ist sogar das Besitzrecht des Mieters durch Art. 14 GGgeschützt:

Bsp.: Mieter M wohnt zusammen mit seinem Vermieter V in einem Haus. Der Sohn Sdes V lebt im Nachbarhaus. Da V mittlerweile pflegebedürftig ist, kündigt er M, damitS in demselben Haus wohnen kann. Hiergegen wehrt sich M. (vgl. BVerfGE 89, 1) Dadie Wohnung Mittelpunkt der privaten Existenz für viele Bürger ist, die nicht in derLage sind, auf eine eigene Immobilie zurückzugreifen, ist sie ebenso wie das Eigentumin den Schutzbereich des Art. 14 GG einzubeziehen. Denn sowohl das Eigentum alsauch das Mietrecht haben die Funktion, die Sache dem Berechtigten zur ausschließlichenNutzung zu überlassen. Im Fall konnte der V aber die Kündigung auf§ 573a BGB stützen (§ 564b BGB a.F.), weshalb die Räumungsklage Erfolg hatte.Diese Vorschrift bringt den beiderseitigen Eigentumsschutz in einen gerechten Ausgleich.§ 573a BGB lautet: „Ein Mietverhältnis über eine Wohnung in einem vom Vermieter selbst bewohntenGebäude mit nicht mehr als zwei Wohnungen kann der Vermieter auch kündigen, ohne dass es eines berechtigtenInteresses (…) bedarf.“

Art. 14 GG schützt nicht das Privateigentum, sondern das Eigentum Privater. DieseUnterscheidung hat zur Folge, dass sich juristische Personen des öffentlichen Rechts(z.B. Gemeinden) auch dann nicht auf Art. 14 GG berufen können, wenn sie wie einPrivater Eigentümer eines Grundstücks, eines Unternehmens usw. sind.

Berufsfreiheit aus Art. 12 GG

Schranken-Schranken:

Die Einordnung einer Tätigkeit als Beruf oder nur als Berufsausübung hat daherwesentlichen Einfluss auf die Möglichkeit, dieser Tätigkeit Schranken zu setzen:

Bsp.: Bei der Einordnung eines Kampfhundezüchters als eigenen Beruf müsste einZüchtungsverbot für Kampfhunde als objektive Zulassungsbeschränkung angesehenwerden. Betrachtet man das Züchten von Kampfhunden hingegen als besondereAusübung des Berufs Hundeszüchter handelt es sich bei dem Verbot nur um eineBerufsausübungsregel.

Objektive Zulassungsbeschränkungen sind nur zum Schutz überragend wichtigerGemeinschaftsgüter gegen nachweisbare oder höchstwahrscheinliche schwereGefahren zulässig.

Bsp.: Als unzulässig hat das BVerfG die Kontingentierung im Apothekenwesenerachtet, vgl. BVerfGE 7, 377. Andererseits hat das Gericht die Regelung des§ 13 Abs. 4 PBefG für zulässig erachtet, wonach Taxikonzessionen bei Beeinträchtigungdes öffentlichen Verkehrsinteresses zu versagen sind, da das öffentlicheVerkehrsinteresse als überragend wichtiges Gemeinschaftsgut anzusehen ist.

Subjektive Zulassungsbeschränkungen müssen dem Schutz wichtiger Güter dienen.

Bsp.: Die Zuverlässigkeit eines Gastwirts bietet die Gewähr, dass keine gesundheitsschädlichenSpeisen verkauft werden. Die Ausübung des Arztberufs verlangt einegewisse Qualifikation, die durch Staatsexamina nachgewiesen werden muss.

Berufsausübungsregelungen müssen nur durch vernünftige Gründe des Allgemeinwohlsgerechtfertigt sein.

Bsp.: Die Verlängerung der Arbeitszeit ist zur Sicherung der Sozialsysteme gerechtfertigt.

Je nachdem, welche Art des Eingriffs vorliegt, sind an dieRechtfertigung unterschiedlich hohe Anforderungen zu stellen:

Eingriff/Schranken

Objektive Zulassungsbeschränkungen machen die Berufswahl von Kriterien abhängig,auf die der Bewerber keinen Einfluss hat.Bsp.: Kontingentierung der Notariate in einem Ort

Subjektive Zulassungsbeschränkungen legen persönliche Kriterien fest, die vorliegenmüssen, damit eine Person einen Beruf ausüben darf.Bsp.: Hochschulabschluss, Abitur, Zuverlässigkeit für den Betrieb einer Gaststätte nach§ 2 GastG.

Berufsausübungsregelungen bestimmen die Art und Weise, wie ein Beruf ausgeübt wird.Bsp.: Verlängerung der Arbeitszeit

Nach der so genannten Drei-Stufen-Theorie des BVerfG sind folgende Eingriffe zuunterscheiden:

Schutzbereich

Entsprechend der Einteilung des Schutzbereichs in Berufswahl undBerufsausübung unterliegen die Eingriffsschranken und deren Rechtfertigung unterschiedlichenAnforderungen. In beiden Fällen handelt es sich jedoch nur dann um einen Eingriffin Art. 12 GG, wenn der Maßnahme eine subjektiv oder objektiv berufsregelndeTendenz innewohnt. Das heißt, die Maßnahme muss entweder Auswirkungen auf dieBerufsfreiheit beabsichtigen oder eine solche Auswirkung muss sich unmittelbar aus derMaßnahme ergeben.

Bsp.: Die Einführung der Zeitumstellung in den Sommermonaten hat unbestrittenAuswirkungen auf die Ausübung des Berufs (veränderte Arbeitszeiten usw.), stellthingegen keinen Eingriff in die Berufsfreiheit dar, da die Auswirkungen nur nebensächlichund mittelbar sind. Anders beeinträchtigt die gesetzliche Einführung der41-Stunden-Woche im öffentlichen Dienst die Berufsausübungsfreiheit, da hierdurchdie Verlängerung der Arbeitszeit beabsichtigt ist.

Art. 12 GG gewährleistet ebenso die freie Wahl der Ausbildungsstätte, denn dieAusbildung ist als Vorstufe des Berufs eng mit der Berufswahlfreiheit verbunden.

Bsp.: Die Einführung eines Numerus clausus für den Zugang zu bestimmten Studienfächernmuss sich ebenfalls an den Eingriffsschranken (dazu sogleich) messen lassen.

Allerdings können auch untypische Tätigkeiten einen Beruf darstellen; eine Festlegung auftraditionelle Berufsbilder trifft Art. 12 GG nicht. Geschützt werden durch Art. 12 GGsowohl die Wahl des Berufs als auch dessen Ausübung.

Vom Schutzbereich der Berufsfreiheit erfasst sind Tätigkeiten, die aufDauer angelegt sind und der Schaffung und Erhaltung einer Lebensgrundlage dienenund somit über bloße Hobbies hinausgehen. Die Tätigkeit muss jedoch an sich, also auchnicht berufsmäßig betrieben, erlaubt sein.

Bsp.: Berufskiller können sich nicht auf Art. 12 GG berufen, da die Tötung vonMenschen auch von Verfassungs wegen verboten ist.

Kommunikationsgrundrechte

Versammlungsfreiheit (Art. 8 GG) sowie Vereinigungs- und Koalitionsfreiheit(Art. 9 GG)

Die Koalitionsfreiheit

Die Koalitionsfreiheit ist nicht nur vor staatlichen Eingriffen geschützt, sondernauch vor Eingriffen Dritter. Art. 9 Abs. 3 S. 2 GG statuiert somit einen (Ausnahme-)Fall derunmittelbaren Drittwirkung von Grundrechten. Eingriffe können gerechtfertigt sein, wenndiese verhältnismäßig sind.

Bsp.: Unzulässig ist ein ruinöser Arbeitskampf mit dem Ziel, die andere Partei zuzerstören. Beamte genießen kein Streikrecht, weil deren Koalitionsfreiheit durch daskollidierende Verfassungsgut des Art. 33 Abs. 5 GG beschränkt ist.

Art. 9 Abs. 3 GG garantiert einen von der staatlichen Einflussnahme freien Bereich tariflicherGestaltung, der als Tarifautonomie bezeichnet wird. Geschützt werden ferner allekoalitionsspezifischen Verhaltensweisen, wozu z.B. neben der Gründung von Gewerkschaftenauch der Arbeitskampf und Werbeaktivitäten gehören:

Bsp.: B hatte während seiner Arbeitszeit an seine Kollegen Werbematerial seiner Gewerkschaftverteilt. Daraufhin erteilte ihm sein Arbeitgeber eine Abmahnung. B sieht sichhierdurch in seinem Recht aus Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG verletzt und wendet sich zunächsterfolglos an das Arbeits-, später an das Bundesverfassungsgericht (BVerfGE 93,352).Nach Ansicht des BVerfG fällt das Verhalten des B in den Schutzbereich der Koalitionsfreiheit,denn dieses Recht schützt auch die Koalitionsbetätigung.

In Art. 9 Abs. 3 S. 1 GG ist ferner die Koalitionsfreiheit geschützt. Dieses Grundrechtgewährleistet das Recht, zur Wahrung und Förderung der WirtschaftsbedingungenVereinigungen zu bilden. Aus der allgemeinen Vereinigungsfreiheit wird damit einTeilbereich herausgeschnitten und einem besonderen Schutz unterstellt. Unter einer Koalitionin diesem Sinne ist zu verstehen die Vereinigung, die frei gebildet, gegnerfrei und aufüberbetrieblicher Grundlage organisiert und ihrer Struktur nach unabhängig ist, um dieInteressen ihrer Mitglieder auf arbeits- und sozialrechtlichem Gebiet zu vertreten und dasTarifrecht als für sich verbindlich anerkennt.

Die Vereinigungsfreiheit

In die Vereinigungsfreiheit darf unter der Maßgabe des Art. 9 Abs. 2 GG eingegriffenwerden. Die dort aufgezählten Verbotsgründe sind abschließend.

Bsp.: Verboten werden könnte etwa eine Vereinigung, die terroristische Anschläge inDeutschland organisiert. (Siehe hierzu die Verschärfung des VereinsG nach denAnschlägen vom 11. September 2001: Das Vereinsgesetz wurde komplett neu gestaltet.Die wichtigste Neuerung ist, dass das so genannte Religionsprivileg des§ 2 Abs. 2 Nr. 3 a.F. ersatzlos gestrichen wurde und somit auch Vereine verboten werdenkönnen, die sich als Religionsgemeinschaften ausgeben.)

Art. 9 Abs. 1 GG schützt die Freiheit, Vereine und Gesellschaften zu gründen. Damit sindaber nicht die Gesellschaftsformen des BGB gemeint, sondern es werden darüber hinaus dieGründung und der Bestand jeder Vereinigung geschützt. Geschützt ist außerdem dasRecht, einer solchen Vereinigung fernzubleiben.

Bsp.: Der praktizierende Arzt A ist Mitglied der „Ärztekammer des Landes B“, einerKörperschaft des öffentlichen Rechts, die sich um die beruflichen Belange der Ärztekümmert. A ist kraft Gesetzes verpflichtet, dieser Kammer anzugehören und einenjährlichen Beitrag zu zahlen. Er fühlt sich dadurch in seiner negativen Vereinigungsfreiheitverletzt. (BVerfGE 38,281 abgewandelt) Da es sich um eine Körperschaft desöffentlichen Rechts handelt, ist nach Ansicht des BVerfG Art. 9 GG gar nicht einschlägig.Da die Vereinigungsfreiheit nur die Gründung und den Bestand privater Vereinigungenschützt, schützt sie umgekehrt auch nur vor der Zwangsmitgliedschaft in privatenVereinigungen. (Im Fall war daher nur Art. 2 Abs. 1 GG einschlägig. Da die Zwangsmitgliedschafteinen legitimen Zweck verfolgt – die Regelung beruflicher Angelegenheitenin Eigenverantwortung – und nicht unverhältnismäßig ist, musste die Verfassungsbeschwerdeabgewiesen werden.)

Die Versammlungsfreiheit

Schranken:

Hinsichtlich der Grundrechtsschranken unterscheidet Art. 8 Abs. 2 GGzwischen Versammlungen in geschlossenen Räumen und solchen unter freiem Himmel.Während gegen Erstgenannte nur Maßnahmen ergriffen werden können, wenn diese nichtfriedlich und waffenlos sind, dürfen Versammlungen unter freiem Himmel durch Gesetzoder aufgrund eines Gesetzes beschränkt werden. Unter verschlossenen Räumen ist abernicht unbedingt die Überdachung zu verstehen, sondern die räumliche Abgegrenztheit vonder Umwelt. Die wichtigste Einschränkung für Versammlungen unter freiem Himmelstellt die Anmeldepflicht dar. Allerdings müssen Spontanversammlungen von dieserPflicht befreit werden, da deren Durchführung anderenfalls unmöglich wäre.

Bsp.: D gehört zu den Unterzeichnern eines Aufrufs, der sich gegen den Einsatz derBundeswehr in Afghanistan wendet und zur Teilnahme an einer Protestkundgebung vordem Karlsruher Bahnhof am nächsten Tag auffordert. Die Versammlung wurde nichtangemeldet. An dem besagten Tag fanden sich vor dem Bahnhof etwa 20 Personen,darunter D ein, um gegen den Bundeswehreinsatz zu demonstrieren. Das AmtsgerichtKarlsruhe verurteilte D wegen der Veranstaltung einer Versammlung unter freiemHimmel ohne Anmeldung nach § 26 Nr. 2 VersG zu einer Geldstrafe. (BVerfG 85,69leicht abgewandelt) Nach Ansicht des Gerichts hat D eine Versammlung unter freiemHimmel abgehalten, die unzweifelhaft dem Schutzbereich des Art. 8 GG unterliegt,jedoch hätte angemeldet werden müssen. Um eine Spontanversammlung handelte essich ebenfalls nicht, da die Leute zur Teilnahme aufgerufen wurden und sich nichtzufällig und durch plötzlichen Entschluss zu einer Versammlung zusammenfanden.Daher musste D nicht von der Anmeldpflicht befreit werden. Für Eilversammlungen,die angesichts eines aktuellen Ereignisses kurzfristig einberufen werden müssen, istzwar anerkannt, dass sich die Frist des § 14 Abs. 1 VersG verkürzt. Jedoch entbindetder Umstand, dass im Fall eine Eilversammlung vorlag, den D nicht gänzlich von derAnmeldepflicht.

Der Schutzbereich des Art. 8 GG ist auf solche Versammlungen beschränkt, die friedlichund ohne Waffen verlaufen. Bewaffnete Personen können sich daher von vornherein nichtauf die Versammlungsfreiheit berufen.

Von der Versammlungsfreiheit werden auch die Anfahrt und die Vorbereitung geschützt,soweit dies für den effektiven Grundrechtsschutz erforderlich ist.

Bsp.: Die Polizei hält einen Reisebus mit Anreisenden zu einer politischen Kundgebungauf der Autobahn fest, um deren Teilnahme zu verhindern.

Die Versammlungsfreiheit schützt ebenso wie Art. 5 GG die Freiheit der politischen Willensbildung.Grundrechtsträger sind nur Deutsche. Eine Versammlung ist eine Zusammenkunftmehrerer Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks mit mindestens zweiPersonen. Von einer bloßen Ansammlung grenzt sich die Versammlung durch den gemeinsamenZweck der Teilnehmer ab. Die Zusammenkunft muss, will sie eine Versammlung sein,in irgendeiner Weise der Bildung oder der Äußerung eines gemeinsamen Willens dienen.

Bsp.: keine Versammlung ist die Ansammlung von Schaulustigen bei einemVerkehrsunfall

Brief-, Post und Fernmeldegeheimnis aus Art. 10 GG

Einschränkungen:

Ein Grundrechtsvorbehalt findet sich in Art. 10 Abs. 2 GG. Aufgrundder Staatsschutzklausel des Art. 10 Abs. 2 S. 2 GG können durch Gesetz Eingriffeangeordnet werden, ohne dass diese dem Betroffenen mitgeteilt werden.

Bsp.: In einem Normenkontrollverfahren war das Bundesverfassungsgericht (Beschlussvom 3.3.2004, 1 BvF 3/92 abrufbar im WWW unter der URLwww.bverfg.de/entscheidungen/rk20040303_1bvf392.html) mit der Frage beschäftigt, obdie Befugnisse des Zollkriminalamtes mit dem Grundgesetz vereinbar sind, Sendungen, diedem Brief-, Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegen, zur Verhütung von Straftatennach dem Außenwirtschaftsgesetz (AWG) oder dem Kriegswaffenkontrollgesetz zu öffnenund einzusehen, sowie die Telekommunikation zu überwachen und aufzuzeichnen.Ermöglicht werden entsprechende Anordnungen, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen,dass die von der Anordnung betroffenen Personen bestimmte Straftaten vonerheblicher Bedeutung planen. Auch Dritte können davon betroffen sein. Außerdem gehtes um die Befugnis öffentlicher Stellen, die dabei erlangten personenbezogenen Daten zuverarbeiten. Konkret ging es um folgende Bestimmung des § 39 AWG:„Zur Verhütung von Straftaten nach dem Außenwirtschaftsgesetz oder dem Kriegswaffenkontrollgesetz istdas Zollkriminalamt berechtigt, dem Brief-, Post- oder Fernmeldegeheimnis unterliegende Sendungen zuöffnen und einzusehen sowie die Telekommunikation einschließlich der dazu nach Wirksamwerden derAnordnung (§ 40) innerhalb des Telekommunikationsnetzes in Datenspeichern abgelegten Inhalte zuüberwachen und aufzuzeichnen. Das Grundrecht des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses (Artikel 10GG) wird insoweit eingeschränkt.“Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass diese Bestimmung mit Art. 10 GGunvereinbar ist, weil ein hinreichender Rechtsschutz für sämtliche Betroffenen gegenüberder Datenerhebung und Weiterverwertung nicht gegeben und die Vernichtung nicht mehrbenötigter oder rechtswidrig erhobener Daten nicht ausreichend sichergestellt ist.

Einschlägig ist nicht das Postgeheimnis, denn die Weiterleitung zur Post wurde geradeverhindert. G kann sich auf das Briefgeheimnis berufen. Der Schriftwechsel darf aber nach§ 29 Abs. 2 StVollzG überwacht werden. Auch ist der Anstaltsleiter nach § 31 StVollzGberechtigt, Schreiben anzuhalten. Im Fall stützte der Beamte die Maßnahme allerdings aufeine verwaltungsinterne Dienstvorschrift (zur damaligen Zeit war das StVollzG noch nicht inKraft). Diese genügt dem Gesetzesvorbehalt hingegen nicht. (Ausführlich zur Geltung desGesetzesvorbehalts bei Strafgefangenen und in anderen Sonderstatusverhältnissen obenB.III.2.c.bb.)

Bsp.: G ist Strafgefangener und äußert sich in einem Brief an eine Organisation zurBetreuung von Strafgefangenen abfällig über die Verhältnisse in der Justizvollzugsanstalt.Der zuständige Beamte hält das Schreiben unter Berufung auf Nr. 155 derDienst- und Vollzugsverordnung (eine verwaltungsinterne Dienstvorschrift) an, weil esdie Sicherheit und Ordnung in der Anstalt beeinträchtige (BVerfGE 33, 1).

Grundrechtsträger

Grundrechtsträger sind alle natürlichen Personen und juristischen Personen desPrivatrechts. Geschützt wird Privatheit der in Art. 10 GG genannten Kommunikationsformen.Der Begriff des Briefes umfasst alle schriftlichen Mitteilungen zwischen einemAbsender und dem bestimmungsgemäßen Empfänger. Es kommt nicht darauf an, ob dieMitteilung verschlossen ist oder nicht. Das Schutzgut des Postgeheimnisses umfasst allevon der Post übermittelten Sendungen vom Zeitpunkt ihrer Abgabe bis zur Anlieferung.Das Fernmeldegeheimnis schützt die Kommunikation mittels unkörperlicher Signale.

Kunst- und Wissenschaftsfreiheit nach Art. 5 Abs. 3 GG

Wissenschaft ist jede Tätigkeit, die nach Inhalt und Form als ernsthafter planmäßigerVersuch der Wahrheitsfindung anzusehen ist. Erforderlich ist der Aufbau eines gewissenErkenntnisstands als auch das Bemühen um Erkenntniserweiterung mit einer planvollenMethode. Dabei spielt es keine Rolle, ob der jeweilige Wissenschaftler eine Mindermeinungvertritt.

Grundrechtsträger sind der Künstler und der Mittler der Kunst (Verleger, Galerist usw.).Geschützt sind weiter sowohl die Schaffung der Kunst (Werkbereich) als auch derenAusstellung (Wirkbereich).

Bsp.: Dieter Bohlen möchte ein Buch mit dem Titel „Hinter den Kulissen“ veröffentlichen.Im Vorfeld kündigt er Enthüllungen gegen seinen Ex-Kollegen Thomas Anders und andereProminente an. Tatsächlich werden Begebenheiten, zum Teil auch „sexuelle Abenteuer“dargestellt, die diese „Promis“ lächerlich zu machen geeignet sind. Anders erwirkt gegendie Veröffentlichung des Buches erfolgreich eine einstweilige Verfügung. Bohlen machtdie Verletzung seiner Kunstfreiheit geltend, immerhin garantiere ihm die Verfassung einRecht zur Karikatur.Allein der Umstand, dass es sich bei dem Buch zum Teil um eine satirische Darstellunghandelt, eröffnet noch nicht den Schutzbereich von Art. 5 Abs. 3 GG. Satire kann zwarKunst sein, nicht jede Satire ist aber zugleich auch Kunst. Für die rechtliche Einordnungkommt es darauf an, ob die Darstellung das geformte Ergebnis einer freien schöpferischenGestaltung ist. Dies ist nicht schon bei jeder Übertreibung, Verzerrung oder Enthüllung derFall. Bei den Enthüllungen des Buchs handelt es sich vorwiegend um die Wiedergabebloßer Details, die nicht dem satirischen Bereich der Kunst unterfallen. (Geschützt istvielmehr die Meinungsfreiheit, die aber aufgrund des kollidierenden Persönlichkeitsrechts50der Prominenten insoweit zurücktreten muss, als Enthüllungen sexueller Art nicht mitnamentlich genannten Personen in Verbindung gebracht werden dürfen.) LG Berlinabrufbar unter http://www.berlin.de/senjust/gerichte/lg/Siehe auch Urteil des OLG München zum Verbot des Romans „Esra“ von Maxim Biller,Az.: 18 U 4890/03. In diesem Buch wurde in unverfremdeter Weise die ehemaligeLebensgefährtin des Autors dargestellt.Anders folgendes Bsp.: Im Bundestagswahlkampf 1980 wurde von politischen Gegnerndes Kandidaten Franz Josef Strauß ein politisches Straßentheater in Form eines ausFahrzeugen und Fußgängern bestehenden Zuges in verschiedenen Städten aufgeführt.Dieses Theater erfolgte in Anlehnung an ein Gedicht B. Brechts: „Der anachronistischeZug oder Freiheit und Democracy“. Eine Figur in diesem Stück wurde mit einer MaskeFranz Josef Strauß` in einem Wagen mit verschiedenen Nazigrößen dargestellt. DasStrafgericht verurteilte die Veranstalter wegen Beleidigung. (BVerfGE 67, 213) DasBVerfG hob die Strafurteile auf, weil es sich bei dem Straßentheater um Kunst handele.Diese Freiheit findet zwar ihre Schranke im allgemeinen Persönlichkeitsrecht von FranzJosef Strauß. Allerdings ist Kunst interpretationsfähig. Es kann nicht ohne weiteres davonausgegangen werden, dass Franz Josef Strauß mit Nazigrößen gleichgesetzt wurde, nurweil die ihn darstellende Puppe mit ihnen in einem Wagen sitzt.

Der Begriff der Kunst gilt als nicht definierbar. Das BVerfG verwendet daher einen offenenKunstbegriff, wonach für die Kunst kennzeichnend sei, dass es wegen Mannigfaltigkeit ihresAussagegehalts möglich ist, der Darstellung im Wege einer fortgesetzten Interpretation immerweiterreichende Bedeutungen zu entnehmen. Auf den Kunstgeschmack des Betrachters oderauf eine Niveaukontrolle kommt es nicht an, so dass die Ausklammerung bestimmter Werkeaus dem Schutzbereich wegen deren Etikettierung als „entartet“ selbstverständlich nicht inBetracht kommt.

Meinungs-, Informations-, Presse-, Rundfunk- und Filmfreiheit (Kommunikationsfreiheit)aus Art. 5 Abs. 1 GG sowie Kunst- und Wissenschaftsfreiheit aus Art. 5 Abs. 3GG

Schranken-Schranke

Als spezielle Ausprägung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat das BVerfG die sogenannte Wechselwirkungslehre entwickelt, wonach die in Art. 5 Abs. 2 GG aufgeführtenSchranken die Geltungskraft der Grundrechte des Art. 5 Abs. 1 GG nicht einseitig beschränkendürfen. Das beschränkende Gesetz muss vielmehr im Licht des Grundrechtsausgelegt werden.

Anders, wenn mit der Meinungsäußerung die Drohung mit wirtschaftlicher Repressionverbunden ist. Der Verlag Axel Springer hatte allen Zeitschriftenhändlern in Hamburggedroht, die Geschäftsbeziehungen zu solchen Händlern abzubrechen, die Zeitungen mit demProgramm des DDR-Fernsehens verkaufen (BVerfGE 25, 256).

Bsp.: Anlässlich der Berlinale ruft der Leiter L der Pressestelle einer Großstadt dazuauf, den neuen Film des Regisseurs R nicht in den Kinos zu zeigen, da dieser Filmgegen die Vorstellungen aller anständig denkenden Menschen verstoße. R erwirkt einUnterlassungsurteil. (BVerfGE 7, 198 hier leicht abgewandelt) Nach Ansicht desBVerfG hat L unzweifelhaft eine Meinung geäußert, die den Schutz desArt. 5 Abs. 1 GG genießt. Dieses Recht findet seine Schranke allerdings in denallgemeinen Gesetzen, hier: im Unterlassungsanspruch aus § 826 BGB. Allerdings istnach dem BVerfG die Bedeutung des Art. 5 GG nicht hinreichend beachtet, wenn einBoykottaufruf als sittenwidrig i.S.d. § 826 BGB betrachtet werde, ohne die Motive desL zu untersuchen. Wenn L den Film wegen dessen Inhalt als unanständig empfinde, darfihm die Freiheit dieser Äußerung nicht genommen werden.

Grundrechtsschranken, Art. 5 Abs. 2 GG

Auch die gesetzlichen Bestimmungen über den Schutz der persönlichen Ehre richten sichgegen eine Meinung als solche. Zu den ehrschützenden Vorschriften zählen etwa § 185StGB (Beleidigungsverbot) und die medienrechtlichen Vorschriften über die Gegendarstellungund Unterlassung

Im Unterschied zu den allgemeinen Gesetzen gestatten die gesetzlichen Bestimmungenzum Schutz der Jugend Eingriffe in bestimmte Meinungsäußerungen:

Bsp.: Kriegsverherrlichung; Pornographie; Rassenhass

Allgemeine Gesetze sind solche, die nicht eine Meinung als solche verbieten, die sich nichtgegen die Äußerung einer Meinung als solche richten, die vielmehr dem Schutz einesschlechthin, ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützenden Rechtsgutsdienen, dem gegenüber die Meinungsfreiheit den Vorrang genießt.

Bsp.: Um kein allgemeines Gesetz handelte es sich bei dem Verbot „staatsfeindlicherÄußerungen“. Wenn dagegen der Klage eines Vermieters gegen einen Mieter aufBeseitigung eines Wahlplakats an der Außenwand stattgegeben wird, handelt es sichfraglos um einen Eingriff in die Meinungsfreiheit. Die den Unterlassungsanspruchstützende Norm des § 1004 BGB verbietet aber keine bestimmte Meinung als solche,sondern bezweckt den Schutz des Eigentums.

In die genannten Freiheiten kann nach Art. 5 Abs. 2 GG nur aufgrund allgemeiner Gesetze,den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutz der Jugend und dem Recht der persönlichen Ehreeingegriffen werden.

Die Abgrenzung des Rundfunks von den sonstigen Inhaltsdiensten und vonder Telekommunikation

Abgrenzung des Rundfunks (Rundfunkfreiheit) von der Telekommunikation (Berufsfreiheit)in vertikaler Hinsicht

Dabei beschränkt sich die Telekommunikation auf die bloßen technischen Aspekte derKommunikationsübertragung. Insofern kann auf Art. 2 lit. c Telekommunikations-Rahmenrichtlinie 2002/21/EG (ABl. EG 2002, Nr. L 108/33) verwiesen werden, der einetreffende Definition für die dort als „elektronische Kommunikationsdienste“ bezeichneteEbene der Telekommunikation (als Transportdienst) bereithält und diese zugleich von derEbene der Inhaltsdienste abgrenzt: Diese werden definiert als „gewöhnlich gegen Entgelterbrachte Dienste, die ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalen über elektronischeKommunikationsnetze bestehen, einschließlich Telekommunikations- undÜbertragungsdienste in Rundfunknetzen, jedoch ausgenommen Dienste, die Inhalte überelektronische Kommunikationsnetze anbieten oder eine redaktionelle Kontrolle über sieausüben; nicht dazu gehören die Dienste der Informationsgesellschaft im Sinn von Artikel 1der Richtlinie 98/34/EG, die nicht ganz oder überwiegend in der Übertragung von Signalenüber elektronische Kommunikationsnetze bestehen“. Sofern und soweit also eine inhaltlichebzw. redaktionelle Zusatzleistung hinzukommt, liegt ein Teledienst (bzw. Mediendienst)vor, beispielsweise im Fall eines Online-Suchdienstes. Dies gilt auch für gemischte Anbietervon telekommunikativen Zugangsdienstleistungen und Inhaltsangeboten. Insoweit ist dieLeistung in die jeweiligen Bestandteile aufzuteilen und den divergierenden Grundrechtstatbeständenzu unterwerfen. Anhand dessen lassen sich auch die Dienstleistungen im47Zusammenhang mit dem oftmals pauschal als „Internet“ bezeichneten Kommunikationsmediumzuordnen. Die bloßen Zugangsdienste unterfallen hier der Berufs- undEigentumsfreiheit, die redaktionelle Aufbereitung (etwa in Form von Börsendatendiensten)hingegen der Meinungsfreiheit.

Während die einzelnen Kommunikationsmittel in horizontaler Hinsicht insbesondere mit demZiel voneinander abgegrenzt werden, die Rechtfertigungsprüfung mit Blick auf die verschiedenenSachbesonderheiten der einzelnen Medien vorzustrukturieren, ist die Abgrenzung invertikaler Hinsicht der verschiedenen Kommunikationsmittel als Inhaltsdienste von derTelekommunikation als Transportdienst von erheblicher Bedeutung, da die Telekommunikationnicht von der Meinungs-, Rundfunk- oder Pressefreiheit erfasst wird.Insoweit greift vielmehr die Berufsfreiheit bzw. die Eigentumsfreiheit.

Bsp.: Abgrenzungsprobleme stellen sich insbesondere bei den so genannten Mehrwertdienstender Telekommunikationsdienstleister. Darunter sind all diejenigen Angebote zuverstehen, die über das bloße Zurverfügungstellen einer Telekommunikationsverbindunghinausgehen, beispielsweise Online-Dienste (wie Datenbanken, Suchdienste etc.).

Abgrenzung des Rundfunks (Rundfunkfreiheit) von den sonstigen Inhaltsdiensten (insbesondereMediendienste – Meinungs-, Presse- und Filmfreiheit/Berufsfreiheit) in horizontalerHinsicht

Die Abgrenzung des Rundfunks von sonstigen Medien- bzw. Telediensten (in horizontalerHinsicht) kann danach erfolgen, ob eine redaktionelle Aufbereitung („Darbietung“) vonInformationen und Meinungen erfolgt, die eine unmittelbare Relevanz für die öffentlicheMeinungsbildung bedingt und von einer entsprechenden Suggestivkraft ist. Dann liegtRundfunk vor. Andernfalls greift regelmäßig nur die Berufsfreiheit (etwa für das Tele46shopping) bzw. die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 GG, sofern es um dieVerbreitung von Meinungen geht (etwa bei Kommentaren in Online-Nachrichtendiensten).

Die Abgrenzung des Rundfunks von den sonstigen Inhaltsdiensten und insbesondere von denMediendiensten sowie von der Telekommunikation ist von großer Bedeutung, da nur für dieRundfunkfreiheit eine umfangreiche, auch positive Rundfunkordnung, aus Art. 5 Abs. 1S. 2 Alt. 1 GG vom Bundesverfassungsgericht entwickelt worden ist. Diese „dienende Freiheit“greift nicht für die Mediendienste oder die Telekommunikation, die primär durch dieBerufsfreiheit als „verdienende Freiheit“ geschützt werden.

Der Schutzbereich der Rundfunkfreiheit, Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 2 GG

Bsp.: Vor dem Landgericht Berlin fand ein Strafverfahren gegen ein führendes Mitglieddes Politbüros der DDR statt. Auf Anordnung des Vorsitzenden durften pro Sitzungstagjeweils nur ein Team eines Senders sowie ein Fotograf einer Agentur an der Sitzungteilnehmen. Dieser Sender bzw. diese Agentur (Poolführer) mussten sich schriftlichverpflichten, das Bildmaterial kostenlos ihren Konkurrenten zur Verfügung zu stellen. DieRundfunkanstalten sahen sich durch diese Anordnung in ihrer Rundfunkfreiheit verletzt,wobei ihnen das BVerfG Recht gab (BVerfGE 91, 125).

Allerdings geht die dienende Funktion nicht soweit, dass der Staat jegliche Abwehrrechtebeschneiden könnte:

Aufgrund dieses weiten Schutzbereichs sind also Hörfunk, Fernsehen, digitale Medien usw.geschützt. Geschützt ist nicht nur die Freiheit des Einzelnen, einen Rundfunksender zubetreiben, sondern auch die freie Programmgestaltung. Letztere unterliegt gewissenGrenzen, denn die Rundfunkfreiheit ist eine so genannte dienende Freiheit. Sie dient derfreien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung. Diese setzt aber voraus, dass sich derEinzelne über das Meinungsbild umfassend und ausgewogen informieren kann. DerRundfunk ist bei der Meinungsbildung ein unabdingbares Medium. Daher dient dieRundfunkfreiheit nicht allein der Abwehr staatlicher Übergriffe, sondern fordert vom Staatsicherzustellen, dass der Rundfunk die Vielfalt und Themen der Gesellschaft insgesamt45wiedergibt und aufnimmt (Grundversorgung). Diesem Anspruch müssen neben denöffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten (ARD, ZDF usw.) auch die privatrechtlichenRundfunkveranstalter (RTL, SAT 1 usw.) genügen. Daher muss auch bei den privaten Rundfunkbetreibernein Mindestmaß an inhaltlicher Ausgewogenheit und Sachlichkeit imProgramm gegeben sein, das von einer Staatsaufsicht zu kontrollieren ist (Zum GanzenBVerfGE 83, 238).

Der Begriff des Rundfunks umfasst jede an eine Vielzahl von Personen gerichtete Übermittlungvon Gedankeneinheiten durch physikalische, insbesondere elektromagnetische Wellen,ohne Rücksicht darauf, ob dies drahtlos oder über Leitungen erfolgt.

Der Schutzbereich der Filmfreiheit, Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 3 GG

Unter Film versteht man eine Übermittlung von Gedankeneinheiten durch Bilderreihen, diezur Projektierung bestimmt sind. Im Gegensatz zur Pressefreiheit umfasst diese alle inFilmform wiedergegebenen Meinungsäußerungen, also nicht nur Dokumentarfilme,sondern auch Spielfilme usw.

Der Schutzbereich der Pressefreiheit, Art. 5 Abs. 1 S. 2 Alt. 1 GG

Die Pressefreiheit ist von der Meinungsfreiheit abzugrenzen. Sie ist kein Spezialfall derMeinungsfreiheit, sondern regelt einen eigenen Bereich. Während jede Meinungsäußerung– auch die in der Presse – dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit unterfällt, schützt diePressefreiheit die im Pressewesen tätigen Personen in der spezifischen Ausübung ihrerFunktion (z.B. bei der Recherche). Mit guten Gründen lässt sich die Pressefreiheit auch aufdie Online-Verbreitung redaktionell aufbereiteter Inhalte übertragen (z.B. Online-Nachrichtendienste).

Bsp.: Wegen der damit verbundenen Störung der Redaktionstätigkeit und der Möglichkeitder einschüchternden Wirkung stellt die Durchsuchung von Redaktionsräumen eine Beeinträchtigungder Pressefreiheit dar, die strengen Rechtfertigungsanforderungen unterliegt(Beschluss vom 01.02.2005 – 1 BvR 2019/03, abrufbar unterhttp://www.bverfg.de/entscheidungen/rk20050201_1bvr201903.html).

Der Pressebegriff erfasst alle Druckerzeugnisse, die zur Verbreitung geeignet und bestimmtsind. Geschützt werden die pressespezifischen Tätigkeiten von der Beschaffung derInformation bis zur Verbreitung der Nachricht und alle im Pressewesen tätigen Personen44(Informanten, Pressegroßhändler, Redakteur, Journalist usw. aber auch Werbeplakate und dieGründung einer Zeitung).

Der Schutzbereich der Informationsfreiheit, Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 GG

Bsp.: A ist Abonnent einer rechtsradikalen Zeitschrift. Er muss feststellen, dass diese ihmäußerst unregelmäßig geschickt wird. Auf Anfrage hin teilte ihm die Staatsanwaltschaftmit, dass alle Exemplare bestimmter Ausgaben auf Beschluss des Landegerichts X wegenVerstoßes gegen eine Reihe von Strafvorschriften beschlagnahmt worden seien. (BVerfGE27, 71 leicht abgewandelt). Nach Ansicht des BVerfG handelte es sich bei derbetreffenden Zeitschrift um eine allgemein zugängliche Quelle, die ihren Charakter alssolche nicht dadurch verliert, dass gegen ihre Verbreitung Maßnahmen ergriffen werden.Anderenfalls läge es in der Hand der Staatsgewalt, das Schutzgut der Informationsfreiheitzu definieren.

Die Informationsfreiheit schützt die Freiheit, sich aus allgemein zugänglichen Quellenungehindert zu unterrichten. Unter einer allgemeinen Quelle ist der Träger oder der Inhalteiner Information zu verstehen, die an einen nicht abgegrenzten Personenkreis gerichtet ist.Nicht geschützt ist die rechtswidrige Informationsbeschaffung durch Spionage oderÄhnlichem, da hierbei keine allgemein zugängliche Quelle vorliegt.

Der Schutzbereich der Meinungsfreiheit, Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 GG

Bsp.: Die Firma Benetton plakatierte Werbung, auf der ein nacktes menschliches Gesäßgezeigt war, auf das die Worte „H.I.V. Positive“ aufgestempelt waren. Rechts darunter amBildrand stand die Aufschrift „United Colours of Benetton“. Der Abdruck wurde von denZivilgerichten gestützt auf die Vorschrift des § 1 UWG a.F. untersagt, in der es hieß:„Wer im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Handlungen vornimmt, die gegen die gutenSitten verstoßen, kann auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch genommen werden.“Nach Ansicht des BGH soll durch die Anzeige die Stigmatisierung HIV-Infizierter als gesellschaftlicherMissstand vor Augen geführt werden. Die Anzeige sei sittenwidrig, weil siewegen ihres eigennützigen Wettbewerbszwecks die Menschenwürde verletze und das Elendder HIV-Infizierten zum Objekt eigennütziger Zwecke mache. Das BVerfG hob dieEntscheidungen auf, denn das Plakat verspotte nicht die Betroffenen, sondern mache auf sieaufmerksam. Allein der Aufmerksamkeitseffekt verlässt nicht den Bereich der geschütztenMeinungsfreiheit.

Um das Spannungsverhältnis von Meinungsfreiheit und Menschenwürde ging es imfolgenden Fall:

Bsp.: Der Kriegsdienstverweigerer K schrieb ein Transparent mit der Aufschrift „Soldatensind Mörder“. Ein Soldat und das Bundesverteidigungsministerium stellten Strafantrag. Kwurde wegen Beleidigung nach § 185 StGB verurteilt. Das BVerfG (E 93,266) hob dasStrafurteil auf, weil die Meinungsfreiheit des K nicht genügend beachtet wurde.

Hingegen kommt es nicht darauf an, ob die Meinung ehrverletzend oder scharf geäußertwurde. Dies spielt erst eine Rolle bei der Abwägung der Meinungsfreiheit mit demAllgemeinen Persönlichkeitsrecht.

Bsp.: Auf die Einladung der NPD zu einer Vortragsveranstaltung des als rechtsextrembekannten Historikers David Irving erteilte die zuständige Behörde eine Auflage, durchgeeignete Maßnahmen zu verhindern, dass auf der Veranstaltung die Verfolgung vonJuden im Dritten Reich geleugnet werde. Hiergegen erhoben die Veranstalter Verfassungsbeschwerde.Nach Ansicht des BVerfG (E 90,241) handelt es sich bei der Behauptung, eshabe keine Judenverfolgung stattgefunden, um eine Tatsachenbehauptung, die nachAugenzeugenberichten, Dokumenten, Gerichtsverfahren und der Geschichtswissenschafterwiesen unwahr ist und deshalb den Schutz des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 GG nicht genießt.

Die Meinungsfreiheit aus Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 GG schützt die Freiheit, seine Meinung zuäußern. Grundrechtsträger ist jeder Mensch. Meinungsäußerungen sind von Tatsachenbehauptungenzu unterscheiden und zeichnen sich durch ein Element wertender Stellungnahmenaus. Tatsachen können hingegen nach objektiven Kriterien überprüft werden.Allerdings ist hierbei großzügig zu verfahren, denn auch der Auswahl von Tatsachen kanneine Meinungsbekundung innewohnen. Im Ergebnis fallen daher nur statistische Angaben undbewusst falsche Aussagen aus dem Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 GG heraus.(Aber selbst dies ist strittig).

Die Verfassungsbeschwerde

begründet,

Wenn die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, muss sie des Weiteren begründet sein.Sie ist begründet, wenn der Akt der öffentlichen Gewalt den Beschwerdeführer tatsächlich ineigenen Grundrechten verletzt.

Form und Frist:

Für die Verfassungsbeschwerde ist nach § 23 Abs. 1 S. 1 BVerfGG dieSchriftform vorgesehen. Die Frist bestimmt sich nach § 93 BVerfGG.

Rechtswegerschöpfung:

Schließlich muss der Beschwerdeführer gemäߧ 90 Abs. 2 BVerfGG alle Maßnahmen ausgeschöpft haben, bevor er sich an dasVerfassungsgericht wendet, insbesondere den Rechtsweg erschöpfend durchlaufen haben.

Beschwerdebefugnis:

Nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG ist beschwerdebefugt,wer behaupten kann, in den genannten Rechten verletzt zu sein. Der Beschwerdeführermuss substantiiert darlegen, inwiefern er in seinen Rechten verletzt zu sein glaubt.Dabei muss er darlegen, dass er selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen ist. Erkann also nicht Verfassungsbeschwerde erheben, wenn er eine staatliche Maßnahme alsallgemein ungerecht empfindet.

Bsp.: An der unmittelbaren Beschwer fehlt es, wenn der den Beschwerdeführerwomöglich verletzende Akt erst noch eines Vollzugs bedarf. Wenn sich ein Studentgegen ein Gesetz wendet, dass die Vorschriften über den Zugang zum Studiumerheblich verschärfen will, ist der Student durch das Gesetz noch nicht unmittelbarbeschwert, sondern erst durch einen Ablehnungsbescheid.

Bsp.: Der Beschwerdeführer ist nicht selbst beschwert, wenn er sich gegen eineEnteignung seines Nachbar wendet, auch dann nicht, wenn sich der Nachbar und derBeschwerdeführer zu einem Bürgerverein gegen die Enteignung zusammengeschlossenhaben.

Bsp.: An der gegenwärtigen Beschwer fehlt es, wenn der Akt der öffentlichen Gewaltnur angekündigt wurde. Allerdings gilt für Zustimmungsgesetze zu völkerrechtlichenVerträgen eine Ausnahme, da diese nach Ratifizierung nicht mehr revidierbar sind.

Beschwerdegegenstand:

Nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG kommenals Beschwerdegegenstand alle Akte der öffentlichen Gewalt in Betracht. Hierunter fallenGesetze, Gerichtsentscheidungen, Verwaltungshandeln usw.

Beschwerdeberechtigung:

Nach Art. 93 Abs. 1 Nr. 4a GG, § 90 Abs. 1 BVerfGG kannjedermann mit der Behauptung, in seinen dort genannten Rechten verletzt worden zu sein,Beschwerde erheben. Dies setzt zum einen die Antragsberechtigung voraus, die fehlenkann, wenn etwa ein Ausländer sich auf ein Deutschengrundrecht (Bürgerrecht) beruft.Schließlich muss der Antragsteller grundrechtsmündig sein. Grundrechtsmündig ist derAntragsteller jedenfalls dann, wenn er prozessfähig ist. Darüber hinaus erkennt das BVerfGdie Grundrechtsmündigkeit an, wenn der Antragsteller, ohne prozessfähig zu sein, dieEinsicht besitzt, das Grundrecht selbst auszuüben.

Bsp.: Bereits als 14-Jähriger besitzt man in der Regel die Fähigkeit zu entscheiden,welcher Religion man angehören möchte. Daher ist man hinsichtlich Art. 4 GG bereitsab diesem Alter grundrechtsmündig.

Zunächst muss die Verfassungsbeschwerde zulässig sein.

Die Verfassungsbeschwerde ist in der Praxis das bedeutendste Verfahren vor dem BVerfG.Der einzelne Bürger kann das Gericht anrufen, um die Verfassungswidrigkeit staatlichenHandels zu rügen. Allerdings gilt dies nur unter bestimmten Voraussetzungen, die in Art. 93Abs. 1 Nr. 4a GG sowie in §§ 13 Nr. 8a, 90 ff. BVerfGG genannt sind.

Allgemeine Grundrechtslehren und Verfassungsbeschwerde

Kurfassung Prüfungsschema Grundrechte

Prüfungsaufbau: Grundrechte

Schranken-Schranken

Schließlich verbietet Art. 19 Abs. 1 S. 1 GG einschränkende Einzelfallgesetze. Danachkann ein grundrechtseinschränkendes Gesetz nur dann verfassungsrechtlich gerechtfertigtsein, wenn es allgemein und nicht nur für einen Einzelfall gilt. Das soll den Gesetzgeberdaran hindern, in den Bereich der Verwaltung einzudringen. Nach dem Zitiergebot desArt. 19 Abs. 1 S. 2 GG kann ein Gesetz nur dann verfassungsrechtlich gerechtfertigt sein,wenn es das eingeschränkte Grundrecht unter Angabe des Artikels nennt. Allerdings wirddiese Vorschrift sehr eng ausgelegt, damit sie nicht zu einer leeren Förmlichkeit erstarrt.Sie gilt daher nicht für allgemeine Gesetze im Sinne des Art. 5 GG, bei vorbehaltlosenGrundrechten, bei Art. 12 Abs. 1 GG, bei Art. 14 GG und bei Art. 2 Abs. 1 GG.

Im Übrigen ist aber noch weithin ungeklärt, wie der Wesengehalt bestimmt wird, obbezogen auf jedes einzelne Grundrecht (Theorie vom absoluten Wesensgehalt) oder sogarfür jeden einzelnen Fall (Theorie vom relativen Wesensgehalt). Letzterer Ansatz führt imErgebnis auf eine Gleichsetzung mit der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne hinaus.

Weiter darf der Wesensgehalt des jeweiligen Grundrechts nicht angetastet werden(Vgl. Art. 19 Abs. 2 GG). Das heißt, es muss für den Grundrechtsträger „etwas von seinergrundrechtlichen Freiheit übrig bleiben“.

Bsp.: § 14 LuftSiG erlaubt in letzter Konsequenz den Abschuss eines Flugzeuges, das(von Terroristen gelenkt) das Leben außerhalb des Flugzeuges befindlicher Menschenbedroht, selbst wenn es mit unbeteiligten Dritten besetzt ist. Fraglich ist, was dabei vondem grundrechtlich garantierten Recht auf Leben und der Gewährleistung derMenschenwürde, Art. 2 Abs. 2 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, noch übrig bleibt. Am16.02.2006 hat das BVerfG das Gesetz für verfassungswidrig erklärt (Quelle: sieheoben).

das Gesetz muss angemessen sein.

das Gesetz muss erforderlich sein, diesen Zweck zu erreichen, das heißt, es darfkein milderes Mittel zur Verfügung stehen

das Gesetz muss geeignet sein, diesen Zweck zu erreichen

der vom Gesetzgeber verfolgte Zweck legitim sein,

Schließlich darf das zu Eingriffen ermächtigende Gesetzseinerseits nicht den Schutzbereich des Grundrechts aushöhlen, sondern ist ebenfallsSchranken unterworfen („Schranken-Schranken“). Im Wesentlichen handelt es sich um denGrundsatz der Verhältnismäßigkeit. Demnach muss

Verfassungsrechtliche Rechtfertigung von Eingriffen:

Nicht jeder Eingriff verletzt denBürger in seinen Grundrechten. Von einer Verletzung spricht man nur, wenn der Eingriffverfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt und damit rechtswidrig ist. Das Grundgesetzsagt in den meisten Fällen selbst, ob es Eingriffe zulassen will und statuiert Gesetzesvorbehalte:„darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden“(Bsp.: Art. 2 Abs. 2 GG). Diese Gesetzesvorbehalte lassen sich typologisieren in:

Grundrechte ohne Gesetzesvorbehalt

gelten auch nicht unbeschränkt, denn dieFreiheit des einen endet dort, wo die Freiheit des anderen tangiert wird. Jedochist die Einschränkungsmöglichkeit des Gesetzgebers hier am geringsten(Bsp.: Art. 5 Abs. 3 GG).

Qualifizierter Gesetzesvorbehalt:

Dieser verlangt zusätzlich von dem Gesetz,das zu dem Eingriff ermächtigt, bestimmte Eigenschaften(Bsp.: Art. 5 Abs. 2 GG „allgemeine Gesetze“, Art. 13 Abs. 3 bis 6 GG).

Einfacher Gesetzesvorbehalt:

Dieser verlangt, dass der Eingriff durch Gesetzoder aufgrund eines Gesetzes erfolgt (Bsp.: Art. 2 Abs. 2 GG).

Eingriff:

Mittlerweile ist einhellig anerkannt, dass auch jedes staatliche Handeln (auch das bloßfaktische Handeln, wie Straßenbauarbeiten) negative Folgen für den Einzelnen haben kannund daher grundrechtsrelevant ist. Die klassischen Kriterien werden heute nicht mehr alseinzige Eingriffsmerkmale anerkannt, vielmehr genügt, dass die negative Wirkung voneinem zurechenbaren Verhalten der öffentlichen Gewalt ausgeht.

Bsp.: Informationstätigkeit der Bundesregierung zur Warnung vor Glykolwein oderjugendgefährdenden Sekten (BVerfG, JZ 2003, S. 307 ff. – Glykol und JZ 2003,S. 310 ff. – Osho)

Klassischerweise liegt ein Eingriff vor, wenn das staatliche Handeln absichtlich,unmittelbar, mit rechtlicher Wirkung und durch Zwang eine belastende Rechtsfolgeanordnet.

Bsp.: Bußgeldbescheid; Parkverbot; Enteignung, Auflösung einer Versammlung

Daher beginnt die Grundrechtsprüfung immer mit der Suche nach einem einschlägigenGrundrecht und der Bestimmung von dessen Schutzbereich.

Staatliches Handeln kann nur dann in Grundrechte des Einzelnen eingreifen, wennüberhaupt ein Grundrecht thematisch einschlägig ist, also der Schutzbereich einesGrundrechts eröffnet ist. Die Begriffe des Schutzbereichs des Eingriffs sind alsoaufeinander bezogen. Je weiter der Schutzbereich eines Grundrechts reicht, desto ehererscheint staatliches Handeln als Eingriff.

Bsp.: Das Verbot Graffiti an Häuserwände zu sprühen, stellt nur dann einen Eingriff indie Kunstfreiheit dar, wenn man den Schutzbereich der Kunstfreiheit so weit auslegt,dass auch vom Hauseigentümer unerwünschte Graffiti als Kunst zu qualifizieren sind.

Grundrechtsfunktionen

Status activus ist der Zustand, in dem der Einzelne seine Freiheit im und für den Staatbetätigt.

Bsp.: Wahlrecht, Zugang zum öffentlichen Dienst (vgl. Art. 33 GG)

Status positivus ist der Zustand, in dem der Einzelne seine Freiheit nicht ohne den Staatausüben kann und beschreibt die Funktion der Grundrechte als Teilhabe- undLeistungsrechte.

Bsp.: Art. 6 Abs. 4 GG gibt der Mutter einen Anspruch auf Fürsorge und Schutz durchdie Gemeinschaft; Art. 101 Abs. 1 GG formuliert den Anspruch auf einen gesetzlichenRichter

Status negativus ist der Zustand, in dem der Einzelne seine Freiheit vom Staat hat undbezeichnet die Funktion der Grundrechte als Abwehrrecht gegen staatliches Handeln.

Bsp.: Art. 4 Abs. 1 GG Abwehrrecht gegen staatliche Eingriffe in die Religionsfreiheit

Abgrenzung: Grundrechte – Staatszielbestimmungen

Staatszielbestimmungen sind hingegen Vorgaben der Verfassung an das Staatshandeln(Bsp.: Sozialstaatsprinzip), die nicht einklagbar sind. Adressat ist allein der Staat, siebegründen keine subjektiven Rechte. So waren in der WRV die Grundrechte eher als Staatszielbestimmungenausgestaltet und standen mit diesen zusammen in einem Abschnitt. DieAusgestaltung der Grundrechte blieb, anders als im Grundgesetz, dem Gesetzgeberüberlassen.Der wesentliche Unterschied zwischen beiden besteht also in der normativen Verbindlichkeit.

Die Grundrechte des Grundgesetzes sind subjektive Rechte des Einzelnen. Er kann sich aufsie berufen und zu deren Verteidigung die Gerichte anrufen. Alles staatliche Handeln musssich an den Grundrechten messen lassen.

Grundrechtsberechtigung

Nicht grundrechtsfähig sind juristische Personen des öffentlichen Rechts (Bund, Länder,Gemeinden, Stiftungen usw.), weil diese grundrechtsverpflichtet sind. In der Regel handelt essich bei Verletzungen um Kompetenzüberschreitungen, nicht um die Verletzung subjektiverRechte. Ausnahmsweise sind juristische Personen des öffentlichen Rechts Grundrechtsträger,wenn sie sich in einer grundrechtstypischen Gefährdungslage befinden.

Bsp.: Universitäten sind Grundrechtsträger hinsichtlich der Wissenschaftsfreiheit; Kirchensind Grundrechtsträger hinsichtlich der Religionsfreiheit; Rundfunkanstalten hinsichtlichder Rundfunk- und Meinungsfreiheit.

Ihrem Wesen nach anwendbar sind Grundrechte auf juristische Personen des Privatrechts,wenn sie nicht an die natürliche Qualität des Menschen anknüpfen.

Anwendbar sind zum Beispiel: Art. 14 GG (Eigentumsschutz); Art. 12 (Berufsfreiheit)

Nicht wesensmäßigArt. 1 Abs. 1 GG; Art.in einem Konzern.

Außer den natürlichen Personen sind Grundrechtsträger auch inländische juristischePersonen des Privatrechts, soweit die Grundrechte ihrem Wesen nach auf sie anwendbarsind (vgl. Art. 19 Abs. 3 GG). Zu den juristischen Personen im Sinne des Art. 19 Abs. 3GG zählen – anders als im Gesellschaftsrecht – auch die Personengesellschaften (OHG,KG, GbR) und die nichtrechtsfähigen Vereine einschließlich der politischen Parteien.

Auch für das ungeborene Leben gilt nach Ansicht des BVerfG das Grundrecht ausArt. 2 Abs. 2 S. 1 GG, weshalb ein Schwangerschaftsabbruch strengen Schrankenunterliegt.

Bestimmte Grundrechte berechtigen den Menschen auch schon vor seiner Geburt und nachdem Tod:

Bsp.: Der Roman „Mephisto – Roman einer Karriere“ von Klaus Mann behandelt denAufstieg des Hendrik Höfgen als opportunistischen Schauspieler im Dritten Reich.Diese Romanfigur ist unverkennbar angelehnt an den bereits verstorbenen SchauspielerGustav Gründgens (und ehemaligen Schwager Klaus Manns). Dessen Alleinerbe hat eingerichtliches Verbot erwirkt, den Roman zu vervielfältigen, zu vertreiben und zuveröffentlichen. Das BVerfG wies die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde alsunbegründet zurück. (BVerfGE 30,173 – Mephisto) Nach Ansicht des BVerfG endet36die staatliche Pflicht, den Einzelnen gegen Angriffe auf seine Menschenwürde zuschützen, nicht mit dem Tod. Es wäre mit der Menschenwürde des Einzelnenunvereinbar, könnte dieser nach seinem Tod herabgewürdigt und erniedrigt werden.

Wer Deutscher ist, bestimmt Art. 116 Abs. 1 GG.

Als Bürgerrechte werden diejenigen Grundrechte bezeichnet, die nur Deutschen zustehen.

Bsp.: Art. 8 Abs. 1 GG (Versammlungsfreiheit)

Als subjektive Rechte berechtigen die Grundrechte natürliche Personen (Menschen). AlsMenschenrechte werden diejenigen Grundrechte bezeichnet, die allen Menschen zustehen.

Bsp.: Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 3 Abs. 1 GG

Grundrechtsbindung

Problem der so genannten Drittwirkung der Grundrechte:Durch die Grundrechte gebunden wird also nur die öffentliche Gewalt, nicht hingegen derPrivate. Auf der anderen Seite ist seit Langem anerkannt, dass die Grundrechte in dasPrivatrecht hineinwirken. Die Normen des Privatrechts müssen demnach im Lichte derWerteordnung der Grundrechte ausgelegt werden. Diesen Vorgang bezeichnet man alsmittelbare Drittwirkung.

Bsp.: Der Vorsitzende eines Presseclubs (V) hatte in einer Ansprache vor Filmverleihproduzentenund in einem offenen Brief zum Boykott eines in der Herstellung befindlichenFilms aufgerufen. Auf die Klage der Filmgesellschaft hatte das LG den V verurteilt, diesenBoykott zu unterlassen. Hiergegen erhebt V Verfassungsbeschwerde. (BVerfGE 7, 198 –Lüth) Nach Ansicht des BVerfG beeinflusst Art. 5 GG das bürgerliche Recht. Bei derFrage, ob ein Unterlassungsanspruch nach dem BGB besteht, hat das Zivilgericht dieBedeutung des Art. 5 GG in jedem Fall zu beachten. Nach Ansicht des BVerfG ist dies imFall nicht in ausreichendem Maße geschehen, weshalb die Verfassungsbeschwerde des Vim Ergebnis Erfolg hatte.

Nach Art. 1 Abs. 3 GG binden die Grundrechte Gesetzgebung, vollziehende Gewalt undRechtsprechung. Die Grundrechte binden ferner als „unmittelbar geltendes Recht“ undnicht mehr wie noch in der Weimarer Reichsverfassung (WRV) als bloße Programmsätze.Die Verletzung der Grundrechte zieht also Sanktionen nach sich und wird von Gerichtenüberwacht (zur Verfassungsbeschwerde siehe unter C.I.6).

Staatsorganisationsrecht (Staatsrecht I)
Das Bundesstaatsprinzip

Grundsatz der Bundestreue

Wahrnehmung eigener Kompetenzen durch den Bund oder ein Land kann die Belangeanderer Beteiligter tangieren. Der ungeschriebene aus dem Bundesstaatsprinzip abgeleiteteGrundsatz der Bundestreue fordert vom Bund und den Ländern bei der Wahrnehmung ihrerKompetenzen die gebotene und ihnen zumutbare Rücksicht auf das Gesamtinteresse desBundesstaates und auf die Belange der Länder zu nehmen.

Bsp.: Nachdem einige Länder das 13. Schuljahr abgeschafft haben, ändert Land A seinHochschulgesetz dahingehend, dass eine 13-jährige Schulausbildung Hochschulzugangsvoraussetzungist. Damit hat das Land A keine Rücksicht auf die Belange der Ländergenommen, die eine zwölfjährige Schulausbildung vorsehen und deren Regelung praktischzum Teil entwertet. Eine solche Regelung verstieße daher gegen den Grundsatz derBundestreue. (Beispiel aus Degenhart, Staatsrecht I)

Grundrechtsklausel des Art. 142 GG

Mitwirkung der Länder bei der Gesetzgebung des Bundes, Art. 50 ff.

Kollisionsklausel des Art. 31 GG

Die Kompetenzverteilung bei der Verwaltung

Bundeseigene Verwaltung: Das Grundgesetz sieht in Abweichung zu Art. 30, 83 GGausnahmsweise vor, dass der Bund selbst nach außen als Verwaltungsträger auftritt.

Bsp.: Neben den Fällen des Art. 87 GG (Auswärtiger Dienst, Bundesfinanzverwaltung)sind dies etwa die Bundeswehrverwaltung gemäß Art. 87b, fakultativ die Bundesstraßenverwaltungnach Art. 90 Abs. 3 GG oder nach Art. 87f GG (Post und Telekommunikation)für die Regulierungsaufgaben.

Bundesauftragsverwaltung: Führen die Länder die Bundesgesetze im Auftrag des Bundesaus, kann die Handlungsfreiheit der Länder viel stärker eingeschränkt werden. Bundesauftragsverwaltungliegt vor, wenn das Grundgesetz dies ausdrücklich anordnet.

Bsp.: Art. 87c Bestimmungen über die Nutzung der Kernenergie; Art. 90 Abs. 2 GGVerwaltung der Bundesstraßen und Bundesautobahnen34Die Länder unterstehen gemäß Art. 85 Abs. 3 GG den Weisungen des Bundes (derobersten Bundesbehörde), die sich auch auf die Zweckmäßigkeit erstreckt (Fachaufsicht).

Grundsatz: Grundsätzlich führen die Länder sowohl ihre eigenen Gesetze (Landesgesetze)als auch die Bundesgesetze selbst aus. Bei Letzterem regeln sie die Einrichtung derBehörden und das Verwaltungsverfahren, soweit nicht ein Bundesgesetz mit Zustimmungdes Bundesrats etwas anderes bestimmt (vgl. Art. 84 Abs. 2 GG). Daher liegen der Vollzugvon Gesetzen (gesetzesakzessorische Verwaltung) und die sonstige Verwaltung in derHand der Länder. Der Bund darf Verwaltung nur betreiben, wenn das Grundgesetz ihnhierzu ausdrücklich ermächtigt. Der Bund übt jedoch bei der Ausführung der Bundesgesetzedurch die Länder eine Rechtsaufsicht aus (vgl. Art. 84 Abs. 3 GG), kann indesnicht die Zweckmäßigkeit des Gesetzesvollzugs beanstanden.

Die bereits erwähnte Kompetenzverteilung in Art. 30 GG hat auch für den BereichVerwaltungskompetenzen in Art. 83 ff. GG eine besondere Ausformung gefunden.Zu unterscheiden sind drei Formen der Verteilung:

Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern in Art. 30 GG (allgemein),Art. 70 ff. GG (für die Gesetzgebung), Art. 83 ff. GG (Verteilung der Verwaltungskompetenz)und Art. 92 GG (für die Rechtsprechung)

Außerdem bestehen noch ungeschrieben Bundeskompetenzen:

Bei der Kompetenz kraft Sachzusammenhang darf der Bund übergreifende unerlässlicheRegelungen treffen, um eine ausdrücklich zugewiesene Materie sinnvoll zu regeln. Von derAnnexkompetenz werden die Vorbereitung und die Durchführung eines Kompetenztitelsmiterfasst. Nach der Kompetenz kraft Natur der Sache regelt der Bund die Materien, diebegriffsnotwendig von ihm geregelt werden müssen.

Auch die Grundsatzgesetzgebung gemäß Art. 91 a Abs. 2 S. 2 GG, Art. 109 Abs. 3 GG, Art.140 GG i.V.m. Art. 138 Abs. 1 S. 2 WRV ist darauf beschränkt, nur die Grundzüge zu regeln.

Die Kompetenz zur Rahmengesetzgebung ist in Art. 75 GG geregelt. Auch hier muss dieVoraussetzung des Art. 72 Abs. 2 GG erfüllt sein. Hierbei dürfen nur Grundzüge geregelt

Bsp.: Das BVerfG (Urteil vom 26.01.2005 – 2 BvF 1/03, abrufbar unterhttp://www.bverfg.de/entscheidungen/fs20050126_2bvf000103.html) erklärte die Rahmenregelungzur Studiengebührenfreiheit und zur Bildung verfasster Studierendenschaften fürnichtig: Dem Bund sei es gemäß Art. 75 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Art. 72 Abs. 2 GG gegenwärtigverwehrt, die Gesetzgebung der Länder durch Rahmenvorschriften auf den Grundsatz derGebührenfreiheit des Studiums und zur Bildung verfasster Studierendenschaften an denHochschulen zu verpflichten.

Im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung gemäß Art. 72, 74 GG steht den Länderndie Gesetzgebungskompetenz zu, solange und soweit der Bund davon keinen Gebrauchmacht. Der Bund darf hiervon nur unter der Voraussetzung des Art. 72 Abs. 2 GG Gebrauchmachen: Danach muss eine bundesgesetzliche Regelung „erforderlich“ sein. Dieses Merkmalhat 1994 die bisherige „Bedürfnisklausel“ des Art. 72 Abs. 2 GG a.F. ersetzt. Die neueRegelung soll eine strengere Prüfung ermöglichen: Das Erforderlichkeitsmerkmal soll nurvorliegen, wenn die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse im Bund nicht auch durchLändergesetze erreicht werden kann.

Die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz des Bundes ist in Art. 71, 73 GG geregelt.

Gemäß Art. 70 Abs. 1 GG steht den Ländern die Gesetzgebungskompetenz zu, wenn nichteine Bundeskompetenz bestimmt ist:

Homogenitätsprinzip des Art. 28 GG

Der Bundesstaat ist ein Staatsgebilde, in dem sowohl der Zentralstaat als auch die Gliedstaatenechte originäre Staatsgewalt besitzen. Im Grundgesetz ist das Bundesstaatsprinzip infolgenden Bestimmungen verankert:

Überblick über das Gesetzgebungsverfahren

Ausfertigung und Verkündung: Hat das Gesetz die erforderliche Zustimmung gefunden,wird es gemäß Art. 58 GG vom zuständigen Fachminister gegengezeichnet und vom31Bundespräsidenten ausgefertigt und verkündet. Dem Bundespräsidenten steht dabei dasRecht zu, die Korrektheit des Gesetzgebungsverfahrens und materielle Fehler zuüberprüfen, nicht aber die politische Zweckmäßigkeit des Gesetzes.

Besonderheiten ergeben sich bei verfassungsändernden Gesetzen: Art. 79 GG normierthierfür erschwerende verfahrensrechtliche und materielle Voraussetzungen. Für den Erlasseines verfassungsändernden Gesetzes muss der Text des Grundgesetzes mit einer Mehrheitvon zwei Dritteln der Mitglieder des Bundestags und des Bundesrats geändert werden.Verfassungsändernde Gesetze sind also stets Zustimmungsgesetze. Materiellrechtlich istdie Ewigkeitsklausel in Art. 79 Abs. 3 GG zu beachten.

Zustimmungsgesetze kommen hingegen nur mit Zustimmung des Bundesrats zustande. Esmuss also im Vermittlungsausschuss eine Einigung erzielt werden. Der Bundesrat bestehtaus den Vertretern der Länder, wobei jedes Land seine Stimmen gemäß Art. 51 Abs. 3 S. 2GG nur einheitlich abgeben kann. Stimmen die Vertreter eines Landes nicht einheitlich, soist die Stimmabgabe des Landes ungültig.

Bsp.: Die Abstimmung im Bundesrat zum Zuwanderungsgesetz, in der der Ministerpräsidentdes Landes Brandenburg und sein Innenminister unterschiedliche Votenabgaben. Das BVerfG erklärte dieses Gesetz deshalb für ungültig.

Bei Einspruchsgesetzen kann der Bundesrat innerhalb von drei Wochen gegen denBeschluss des Bundestags Einspruch einlegen und den Vermittlungsausschuss anrufen.Über die Vorschläge des Vermittlungsausschusses kann der Bundestag beraten und einenneuen Beschluss erlassen, gegen den der Bundesrat erneut Einspruch einlegen kann. Diesenkann der Bundestag aber mit einer qualifizierten Mehrheit zurückweisen. Der Bundesratkann die Gesetzgebung also nur verzögern.

Hinsichtlich der Beteiligung des Bundesrats ist zwischen Einspruchs- und Zustimmungsgesetzenzu unterscheiden. Zustimmungsgesetze sind solche, bei denen dieZustimmungsbedürftigkeit im Grundgesetz ausdrücklich geregelt ist.

Bsp.: Art. 84 Abs. 1 GG

Beschlussfassung: Im Bundestag wird die Gesetzesvorlage in drei Beratungen behandelt,§§ 78 ff. GO BT. In der ersten Beratung werden allgemeine Erklärungen der Fraktionenabgegeben und die Vorlage sodann an die Ausschüsse verwiesen. In der zweiten Beratungwird dann über die Änderungsanträge aller Abgeordneten abgestimmt. Die dritte Beratungendet mit der Schlussabstimmung. Der Bundestagspräsident leitet den Gesetzesbeschlussan den Bundesrat.

Gesetzesinitiative: Das Recht, ein Gesetzgebungsverfahren einzuleiten, steht der Bundesregierung,dem Bundestag und dem Bundesrat zu. Gesetzesvorlagen des Bundestags(„aus der Mitte des Bundestags“) sind von einer Mindestzahl an Abgeordneten (Stärkeeiner Fraktion) einzubringen. Gesetzesvorlagen des Bundesrats erfordern dessen vorausgehendenMehrheitsbeschluss. Die Initiativen werden nach dem in Art. 76 Abs. 2 und 3 GGvorgesehenen Modus den jeweils anderen Organen zugeleitet. Hierbei ist zu unterscheiden,welches Organ die Gesetzesvorlage initiiert hat.

Das Demokratieprinzip wird auch durch die Einhaltung eines geregelten Gesetzgebungsverfahrensgesichert. Der Ablauf des Gesetzgebungsverfahrens ist in Art. 76 bis 78 GGgeregelt. Zu unterscheiden sind die Etappen der Gesetzesinitiative, der Beschlussfassungdurch Bundestag und gegebenenfalls Bundesrat und der Ausfertigung und Verkündung.

Politische Parteien

Binnenstruktur der Parteien: Art. 21 Abs. 1 S. 3 GG fordert von den Parteien einedemokratische Binnenstruktur. Zwar steht die Aufnahme von Mitgliedern im freienErmessen der Parteien, der Mitgliederausschluss ist jedoch bestimmten Grenzen unterworfen(besonderes Verfahren, besondere Gründe). Die Wahl der Parteigremien mussschließlich demokratischen Grundsätzen entsprechen (siehe oben).

Parteien müssen also eine gewisse organisatorische Verfestigung aufweisen und anWahlen auf Bundes- oder Landesebene teilnehmen. So genannte Rathausparteien (die nurauf kommunaler Ebene aktiv sind und sich nur an Kommunalwahlen beteiligen, also fürRathäuser kandidieren) sind daher keine Parteien im rechtlichen Sinne. Die Abgrenzung istdeshalb relevant, weil Parteien Privilegien genießen: Sie haben als verfassungsrechtlichesOrgan gewisse Beteiligungsrechte an Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht.Weiter ist nur das Bundesverfassungsgericht befugt, die Verfassungswidrigkeit einerPartei festzustellen. Parteien genießen schließlich gewisse Privilegien bei derenFinanzierung.

Begriff: Parteien werden in § 2 Abs. 1 ParteiG definiert als „Vereinigung von Bürgern, diedauernd oder für eine längere Zeit für den Bereich des Bundes oder eines Landes auf diepolitische Willensbildung Einfluss nehmen und an der Vertretung des Volkes im Bundestagoder in einem Landtag mitwirken wollen, wenn sie nach dem Gesamtbild der tatsächlichenVerhältnisse, insbesondere nach der Festigkeit ihrer Organisation, nach der Zahl ihrerMitglieder und nach ihrem Hervortreten in der Öffentlichkeit eine ausreichende Gewähr fürdie Ernsthaftigkeit dieser Zielsetzung bieten.“

In der parlamentarischen Demokratie des Grundgesetzes kommt den politischen Parteieneine besondere Bedeutung zu. Bei den Parteien handelt es sich (aus historischen Gründen:rechtsfähige Vereine mussten der Obrigkeit über ihre Mitglieder Auskunft geben) zumeist umnichtrechtsfähige Vereine (Ausnahme: CSU, die ein rechtsfähiger Verein ist), in denen sichBürger zusammenschließen, um an der Willensbildung in den Staatsorganen mitzuwirken.Parteien haben wiederum die Aufgabe sich an der Willensbildung des Volkes zu beteiligen(vgl. Art. 21 GG). Damit haben sie die Stellung einer verfassungsrechtlichen Institutioninne, ohne selbst Teil der Staatsorganisation zu sein.

Wahlgrundsätze

Freie Wahl bedeutet, dass jeder Wähler ohne Zwang seine Stimme abgeben oder von derWahl fern bleiben kann.

Bsp.: In Belgien besteht Wahlpflicht und jeder Wahlberechtigte, der nicht an der Wahlteilnimmt, muss ein Bußgeld bezahlen. Dies dürfte nach deutschem Verfassungsrechtunzulässig sein.

Allgemein ist die Wahl, wenn das Wahlrecht grundsätzlich allen Bürgern zusteht(Einschränkungen aus zwingenden Gründen sind zulässig, so z.B. Wahlrecht erst ab einembestimmten Alter).

Unmittelbarkeit der Wahl ist dann gegeben, wenn sich die endgültige Auswahl derAbgeordneten nach dem Willen der Wähler richtet und nicht einer zwischengeschaltetenWahlversammlung überantwortet ist (z.B. ist die Wahl des Bundeskanzlers nichtunmittelbar, da dieser vom Bundestag gewählt wird).

Die Wahl ist gleich, wenn alle Stimmen den gleichen Zählwert haben. Differenzierungendes Zählwerts sind schlechthin ausgeschlossen (unzulässig wäre daher das preußischeDrei-Klassen-Wahlrecht). Differenzierungen des Erfolgwerts bedürfen eines zwingendenGrundes. So ist die 5 %-Hürde gerechtfertigt durch das Anliegen, die Funktionsfähigkeitdes Parlaments zu sichern und regierungsfähige Mehrheiten bilden zu können. Auch dieEinführung eines Mehrheitswahlrechts wäre zulässig, da die Erfolgwertungleichheit ausdem Wahlsystem selbst herrührt und das Grundgesetz dem Gesetzgeber überlässt, welchesWahlsystem er einführt. Allerdings kann die Sperrklausel zu Situationen führen, die nichtmehr dem Grundsatz der Wahlgleichheit entsprechen.

Bsp.: Bei den ersten gesamtdeutschen Wahlen 1990 hätten die in den neuen Bundesländernneu gegründeten Parteien dort etwa 25 % der Stimmen erzielen müssen, um imgesamten Wahlgebiet die 5 %-Hürde zu überschreiten. Die einmalige Situation der28deutschen Einheit forderte nach Ansicht des BVerfG, die erste gesamtdeutsche Wahl ingetrennten Wahlgebieten durchzuführen. Andernfalls wäre die Chancengleichheit derim Osten neu gegründeten Parteien unzulässig beschnitten worden.Bsp.: In § 3 Abs. 1 S. 2 des Wahlgesetzes für den Landtag von Schleswig-Holstein istfür Parteien der dänischen Minderheit eine Befreiung von der 5 %-Sperrklauselvorgesehen. Die Vorlage des Schleswig-Holsteinischen OVG zur WahlrechtlichenPrivilegierung von Parteien der dänischen Minderheit wurde vom BVerfG bereits zumzweiten Mal für unzulässig erklärt (Beschluss vom 14.02.2005 – 2 BvL 1/05, abrufbarunter http://www.bverfg.de/entscheidungen/lk20050214_2bvl000105.html).

Nach Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG werden die Abgeordneten des Bundestags in gleicher,geheimer, unmittelbarer, allgemeiner und freier Wahl gewählt. Diese Grundsätze geltenüber Art. 28 GG für alle Wahlen, auch zu den Landtagen und zu den Gemeinde- undKreisparlamenten (Gemeinderat, Kreistag).

Das Demokratieprinzip

Nur in Abstimmungen und Wahlen wird staatliche Gewalt unmittelbar vom Volkausgeübt. Durch Wahlen werden Repräsentativorgane bestimmt, in Abstimmungen wirdunmittelbar über Sachfragen entschieden. Nach dem Grundgesetz sind Abstimmungen nur fürden Fall des Art. 29 GG vorgesehen (also für die Neugliederung des Bundesgebietes). Daherist eine unmittelbare Beteiligung des Staatsvolks an der Willensbildung begrenzt.

Demokratie bedeutet die Herrschaft des Volkes und damit die Ableitung der Macht vomWählerwillen. Dementsprechend normiert Art. 20 Abs. 2 GG, dass alle Staatsgewalt vomVolk ausgeht. Das Grundgesetz hat sich für eine mittelbare repräsentative Demokratieentschieden. Die Exekutive wird also nicht vom Volk direkt, sondern vom Parlament gewählt.Das Demokratieprinzip umfasst das Prinzip der Mehrheitsentscheidung, die Gleichheit derStaatsbürger und die politischen Grundrechte (vor allem Meinungs-, Presse- undVersammlungsfreiheit).

Das Sozialstaatsprinzip

Das Grundgesetz legt in Art. 20 Abs. 1 GG das Staatsstrukturprinzip des „sozialenRechtsstaats“ fest. Der Einzelne hat danach einen Anspruch auf soziale (Grund-)Sicherung(auch aus Art. 1 GG abgeleitet). Hierzu zählt die soziale Sicherung gegen Erwerbsunfähigkeitdurch Alter, Krankheit, Invalidität und Arbeitslosigkeit. Weiter folgt aus dem Sozialstaatsprinzipder Auftrag, soziale Gerechtigkeit herzustellen. So wird im Miet- oder imArbeitsrecht der schwächere Vertragsteil durch besondere Vorschriften geschützt(Kündigungsschutzgesetz etc.). Die Reichweite des Sozialstaatsprinzips hängt notwendig abvon der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Staates und der Gesellschaft und mussdemnach angepasst werden. Zum unabänderlichen Kernbereich dieses Prinzips gehört aberdie Gewährleistung einer menschenwürdigen Existenz (Anspruch auf ein Existenzminimum).In der Regel können aus dem Sozialstaatsprinzip nicht unmittelbar Ansprüche hergeleitetwerden, sondern allein aus den Normen des Sozialrechts. Es handelt sich beim Sozialstaatsprinzipzugleich um eine Staatszielbestimmung. (Zur Unterscheidung Grundrecht/Staatszielbestimmung unten C.I.3.)

Das Rechtsstaatsprinzip

Gesetzmäßigkeit der Verwaltung

Effektiver Rechtsschutz

Eine entscheidende Bedeutung bei der Wahrung der Rechte des Bürgers gegenüber dem Staatkommt der Rechtsprechung zu. Das Gebot des effektiven Rechtsschutzes gegen Maßnahmender Verwaltung ist in Art. 19 Abs. 4 GG verankert und als selbstständiges Grundrechtausgestaltet. Art. 19 Abs. 4 GG fordert, dass der Rechtsweg zu den Gerichten eröffnet ist. Dienähere Ausgestaltung des Rechtswegs obliegt dem Gesetzgeber. Besondere Bedeutung erlangtArt. 19 Abs. 4 GG im einstweiligen Rechtsschutz (dazu ausführlich unten D.I.2.).

Rechtssicherheit und Bestimmtheit

Grundsatz der Bestimmtheit

Bsp.: Andererseits ist der polizeirechtliche Begriff „Gefahr für öffentliche Sicherheit undOrdnung“ durch eine umfangreiche Rechtsprechung hinreichend konkretisiert und somitbestimmt genug. Vgl. § 1 Abs. 1 PolG BW:„Die Polizei hat die Aufgabe, von dem einzelnen und dem Gemeinwesen Gefahren abzuwehren, durch diedie öffentliche Sicherheit oder Ordnung bedroht wird, und Störungen der öffentlichen Sicherheit oderOrdnung zu beseitigen, soweit es im öffentlichen Interesse geboten ist. Sie hat insbesondere dieverfassungsmäßige Ordnung und die ungehinderte Ausübung der staatsbürgerlichen Rechte zugewährleisten.“ (Hervorhebung durch Verfasser)Bsp.: Zu unbestimmt wäre auch eine Anordnung, die den Bürger schlicht auffordert, dasErforderliche zu tun oder rechtmäßige Verhältnisse zu schaffen, ohne dass aus derAnordnung hervorgeht, welche Maßnahmen damit gemeint sind.

Bsp.: Kampfhundeverordnungen: Der Begriff des „Kampfhundes“ ist nach Ansicht derGerichte nicht konkret bestimmbar. Daher waren die Hundeverordnungen in einigenBundesländern mangels Bestimmtheit rechtswidrig.

Das Rechtsstaatsprinzip fordert weiter, dass die Normen hinreichend bestimmt sind. FürStrafnormen ist dies in Art. 103 Abs. 2 GG, für Verwaltungsakte in § 37 VwVfG geregelt.

Rechtssicherheit

Neben dem Rückwirkungsverbot sind Regelungen über Fristen eine weitere Ausprägung desGrundsatzes der Rechtssicherheit. Diese können sowohl zugunsten als auch zu Lasten desBürgers gelten. Urteile entfalten Rechtskraft, so dass sie nicht mehr angefochten werdenkönnen; Verwaltungsakte können bestandskräftig werden. Begünstigende Verwaltungsaktekönnen nur innerhalb eines Jahres zurückgenommen werden (vgl. § 48 Abs. 4 VwVfG,ausführlich unten D.II.8.).

Das Rückwirkungsverbot

Das Rückwirkungsverbot garantiert, dass grundsätzlich keine belastenden Regelungenrückwirkend erlassen werden dürfen. Das Rechtsstaatsprinzip und die Grundrechtebegrenzen die Befugnis des Gesetzgebers, Rechtsänderungen vorzunehmen, die an Sachverhalteder Vergangenheit anknüpfen. Bei Strafnormen gilt nach Art. 103 Abs. 2 GG sogarein absolutes Rückwirkungsverbot. Ansonsten wird zwischen echter und unechter Rückwirkungunterschieden: Eine Rechtsnorm entfaltet echte Rückwirkung, wenn der Beginn ihrerzeitlichen Anwendung auf einen Zeitpunkt festgelegt ist, der vor dem Zeitpunkt liegt, zu demdie Norm gültig geworden ist. Treten die Rechtsfolgen eines Gesetzes erst nach Verkündungder Norm ein, erfasst ihr Tatbestand aber Sachverhalte, die bereits vor der Verkündung insWerk gesetzt worden sind, so liegt eine unechte Rückwirkung vor.

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Die Auswirkungen des staatlichen Handelns und die Ziele des Handelns müssen in einemangemessenen Verhältnis zueinander stehen. Die Maßnahme muss daher geeignet sein, einlegitimes Ziel überhaupt zu erreichen. Geeignet ist die Maßnahme dann, wenn sie überhaupttaugt, das Ziel zu erreichen. Sie muss weiter das mildeste Mittel darstellen, die Maßnahme zuerreichen, das heißt unter mehreren gleich geeigneten Maßnahmen ist diejenige auszuwählen,die für den Bürger die geringste Belastung mit sich bringt (Erforderlichkeit). Schließlichdarf die Maßnahme, selbst wenn sie das mildeste Mittel darstellt, nicht außer Verhältnis zumangestrebten Zweck stehen, sondern muss angemessen sein. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatzist eine Leitregel des staatlichen Handelns, er gilt für den Gesetzgeber ebenso wie fürjede Behörde und die Gerichte. Jede einzelne staatliche Maßnahme muss sich an diesemGrundsatz messen lassen.

„Die Baurechtsbehörden haben darauf zu achten, dass die baurechtlichen Vorschriften sowie die anderenöffentlich-rechtlichen Vorschriften über die Errichtung und den Abbruch von Anlagen und Einrichtungen imSinne des § 1 eingehalten und die auf Grund dieser Vorschriften erlassenen Anordnungen befolgt werden. Siehaben zur Wahrnehmung dieser Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die nach pflichtgemäßemErmessen erforderlich sind.“ (Hervorhebung durch Verfasser)Bürger B hat unter Beachtung aller Bauvorschriften auf seinem Grundstück eine Garageerrichtet, die hierfür erforderliche Genehmigung aber nicht eingeholt. Sinn und Zweckder Bauordnung ist die Wahrung und Wiederherstellung rechtmäßiger Zustände. Schutzgutist die körperliche Unversehrtheit und das allgemeine Interesse an einem baulich nicht verunstaltetenBild. Der Abriss wäre geeignet, diese Ziele zu erreichen. Jedoch fehlt es an derErforderlichkeit, da die Genehmigung, gegebenenfalls unter Auferlegung eines Bußgelds,nachgeholt werden kann. Anders läge der Fall, wenn die Garage gegen materiellesBaurecht verstieße. Dann stünde der Behörde kein milderes Mittel zur Verfügung, denrechtmäßigen Zustand wieder herzustellen. An der Angemessenheit fehlte es nur unterbesonderen Umständen, etwa, wenn durch den Abriss auch das Haus schwer in Mitleidenschaftgezogen würde. Hier fände eine Abwägung zwischen den widerstreitendenInteressen statt (Allgemeininteresse einerseits // Baufreiheit, Eigentum des Bauherrn25andererseits). Die beiden Interessen müssten in einen Ausgleich gebracht werden(praktische Konkordanz).Im obigen Fall ist der Ausgleich hingegen bereits durch die Regelungen der Bauordnungentschieden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Anforderungen an einen Garagenbau unverhältnismäßighoch sind, so dass ohne das Hinzutreten weiterer Umstände die Baufreiheitdes B zurücktritt.

Bsp.: Nach § 47 der Bauordnung Baden-Württemberg kann die Beseitigung rechtswidrigerBauwerke angeordnet werden:

Ausnahme in Sonderstatusverhältnissen?

Bsp.: Die Post des Strafgefangenen darf nicht ohne gesetzliche Grundlage abgefangenwerden. Ein Student darf nicht ohne gesetzliche Grundlage exmatrikuliert werden, jedoch24muss er die zeitliche Beschränkung der Mensapause hinnehmen, ohne dass diesegesetzlich vorgeschrieben ist. Der Schüler kann zum Tafelsäubern herangezogen werden.Für die Suspendierung vom Unterricht bedarf es einer gesetzlichen Grundlage.

Seit der Strafgefangenen-Entscheidung des BVerfG (BVerfGE 33,1) ist geklärt, dass derVorbehalt des Gesetzes grundsätzlich auch in Sonderstatusverhältnissen gilt. Daher könnenEingriffe in die persönliche Rechtsstellung der Strafgefangenen / Beamten / Studenten usw.nur aufgrund einer gesetzlichen Regelung angeordnet werden. Vom Gesetzesvorbehalt nichtbetroffen sind bloße Betriebsabläufe innerhalb des Sonderstatusverhältnisses.

Bsp.: Strafgefangene zu ihrer Vollzugsanstalt; Beamte zu ihrem Dienstherren; Studentenzu ihrer Universität; Schüler zu ihrer Schule

Früher wurde vertreten, dass in so genannten Sonderstatusverhältnissen der Gesetzesvorbehaltnicht gilt. Ein Sonderstatusverhältnis liegt vor, wenn Staat und Bürger in einer besonderenNähe zueinander stehen.

Grundsatz vom Vorbehalt des Gesetzes

Bsp.: Pressesubventionen, wegen der besonderen Bedeutung einer freien Presse für dieDemokratie wird hier ein formelles Gesetz verlangt. Hingegen reicht bei anderenSubventionen nach h.M. die Bereitstellung der Mittel im Haushaltsplan für einenbestimmten Förderzweck aus.

Gegen einen Totalvorbehalt spricht jedoch, dass dadurch die notwendige Flexibilität derVerwaltung unerträglich eingeschränkt wäre. Gesetze können sinnvoller Weise nicht imEinzelnen regeln, unter welchen Voraussetzungen Subventionen vergeben werden; diesgeschieht notwendigerweise immer durch Verwaltungsvorschriften. Daher gilt nach der„Wesentlichkeitstheorie“ des BVerfG der Gesetzesvorbehalt in der Leistungsverwaltungnur dann, wenn Grundrechte des Einzelnen nachhaltig betroffen sind oder die staatlicheMaßnahme gewichtige Auswirkungen auf die Allgemeinheit hat.

Reichweite

Bsp.: Unternehmer A erhält vom Land Baden-Württemberg eine Subvention für denAusbau seines Unternehmens. Unternehmer B sieht sich hierdurch in seinerWettbewerberposition beeinträchtigt.

Unproblematisch kommt dieser Grundsatz in der Eingriffsverwaltung zum Tragen. In derLeistungsverwaltung ist dies schwieriger. Da die Versagung einer Begünstigung denEinzelnen ebenso hart treffen kann wie ein Eingriff bzw. die Begünstigung des einen eineBelastung des anderen darstellen kann, befürworten viele Verwaltungsrechtler die generelleAnwendung des Gesetzesvorbehalts auch in der Leistungsverwaltung.

Der Grundsatz des Gesetzesvorbehalts hat verschiedene Wurzeln. Zum einen leitet er sich ausdem Rechtsstaatsprinzip her, wonach Eingriffe vorhersehbar sein sollen. Weiter fordert dasDemokratieprinzip, dass Eingriffe einer Ermächtigung der gewählten Volksvertreter bedürfen,und schließlich statuieren die Grundrechte des Grundgesetzes Gesetzesvorbehalte imjeweiligen Grundrecht. So darf zum Beispiel nach Art. 10 Abs. 2 GG in das Brief-, Post- undFernmeldegeheimnis nur aufgrund eines Gesetzes eingegriffen werden.

Nach diesem Grundsatz darf die Verwaltung nur tätig werden, wenn sie dazu durch Gesetzermächtigt worden ist.

Grundsatz des Vorrangs des Gesetzes

Vorrang des Gesetzes bedeutet, dass die Verwaltung bei ihrer Tätigkeit nicht gegen Rechtsnormenverstoßen darf.Rechtsnormen enthalten dabei zwei Komponenten:

Rechtsfolgenseite: Ermessen

Ermessenstypen: Das Ermessen kann danach unterteilt werden, hinsichtlich welcherEntscheidung das Ermessen ausgeübt wird:

Ermessenskontrolle:

Da die Ermessensnorm der Verwaltung einen Zweckmäßigkeitsspielraum einräumt,können Gerichte Ermessensentscheidungen nur eingeschränkt überprüfen. Die entscheidendeNorm ist § 114 VwGO. Danach prüft das Gericht allein die Rechtmäßigkeitder Entscheidung. Es darf keinesfalls Zweckmäßigkeitserwägungen anstellen. DasGericht prüft nur, ob Ermessensfehler vorliegen.

Ermessensfehler

Grundrechte:

bei der Abwägung ist die besondere Relevanz der Grundrechte zubeachten

Bsp.: Bei der Auflösung einer Spontanversammlung ist das Grundrecht ausArt. 8 GG zu beachten, weshalb diese (wenn sie friedlich ist) nicht aufgelöstwerden darf.

Ermessensfehlgebrauch:

Behörde lässt sich nicht ausschließlich vom Zweck derErmessensnorm leiten

Bsp.: Behörde kennt zwar alle Tatsachen, zieht diese jedoch nicht in denAbwägungsvorgang hinein (Abwägungsdefizit), etwa parteipolitischeRücksichtnahme, Losentscheidungen usw.

Bsp.: Behörde ermittelt nicht den vollständigen Sachverhalt und berücksichtigtsomit relevante Tatsachen nicht (Heranziehungsdefizit)

Ermessenunterschreitung:

wenn Behörde ihr Ermessen nicht gebraucht (Bsp.: Irrtum)

Ermessensüberschreitung

Bsp.: Die Behörde verlangt eine Gebühr von 60 €, obwohl das Gesetz nur eineGebühr zwischen 20 und 50 € vorsieht.

Rechtsfolge wurde vom Gesetz überhaupt nicht genannt

Ermessensreduzierung:

Bei Nichteinschreiten würde die Polizei ermessensfehlerhaft handeln.

Bsp.: Der Polizei steht grundsätzlich ein Entschließungsermessen zu (Opportunitätsprinzip),bei erheblichen Gefahren für Leib oder Leben ist die Polizei aber zumEinschreiten verpflichtet. Ihr Ermessen ist auf Null reduziert (Ermessensreduzierungauf Null)

Im Einzelfall kann sich die Wahlmöglichkeit auf nur eine Alternative reduzieren.

Ermessensbetätigung:

Es gibt kein freies Ermessen, Ermessen darf nur „pflichtgemäß“ ausgeübt werden,d.h. rechtlich gebunden entsprechend dem Zweck der Ermessensermächtigung(§ 40 VwVfG).

Bsp.: Eine Richtlinie des Bundesverteidigungsministeriums legt fest, welchegesundheitlichen Schäden vorliegen müssen, damit ein Wehrdienstpflichtigerausgemustert wird.

Einzelfallermessen, aber auch eine generelle Ermessensausübung (regelmäßigErmessensvorsteuerung mit eingeschränktem Ermessen im Einzelfall) ist durchVerwaltungsrichtlinien möglich.

Bsp.: § 5 PolG BW: „(1) Kommen für die Wahrnehmung einer polizeilichen Aufgabe mehrereMaßnahmen in Betracht, so hat die Polizei die Maßnahme zu treffen, die den einzelnen unddie Allgemeinheit voraussichtlich am wenigsten beeinträchtigt.(2) Durch eine polizeiliche Maßnahme darf kein Nachteil herbeigeführt werden, der erkennbaraußer Verhältnis zu dem beabsichtigten Erfolg steht.“

Bsp.: Der Fahrer eines Tankwagens verursacht einen Unfall, so dass derWagen umkippt und das benachbarte Grundstück kontaminiert. Die Ordnungsbehördewendet sich an den Grundstückseigentümer und fordert ihn auf, dieVerunreinigungen auf seinem Grundstück zu beseitigen, damit das Grundwassernicht beeinträchtigt wird. Bis zu einer gewissen finanziellen Schwelleist neben dem Tankwagenfahrer (Verursacher) auch der Grundstückseigentümerfür die Schadensbeseitigung verantwortlich. Die Behörde kanndaher auch auf ihn zurückgreifen.

Auswahlermessen: Behörde darf sich fragen: Was (Mittelauswahlermessen)werde ich tun und gegen wen (Störerauswahlermessen)?

Die Polizei oder Ordnungsbehörde braucht nicht bei jeder Kleinigkeit einzuschreiten;sie muss beispielsweise nachts keinen Pkw abschleppen lassen,der widerrechtlich vor einer Garage parkt. Andererseits ist sie dazu verpflichtet,wenn das in der Garage stehende Fahrzeug dringend benötigt wird, umandere hochwertige Rechtsgüter zu schützen (Bsp.: Eine schwangere Fraumuss dringend ins Krankenhaus gefahren werden.).

Bsp.: § 3 PolG BW: „Die Polizei hat innerhalb der durch das Recht gesetzten Schranken zurWahrnehmung ihrer Aufgaben diejenigen Maßnahmen zu treffen, die ihr nach pflichtmäßigemErmessen erforderlich erscheinen.“

Entschließungsermessen: Behörde darf sich fragen: Werde ich überhaupt tätig?(Opportunitätsprinzip)

Bedeutung des Ermessens: Warum gibt es Ermessensnormen?

Zweckmäßigkeit der Entscheidung

Einzelfallgerechtigkeit: Möglichkeit, eine dem Einzelfall angepasste Entscheidungzu treffen

Ermessen liegt vor, wenn die Verwaltung bei der Verwirklichung eines gesetzlichen Tatbestandeszwischen verschiedenen Verhaltensweisen wählen kann. Das Gesetz knüpft denTatbestand nicht an eine Rechtsfolge, sondern bietet der Verwaltung mehrere Möglichkeitenbzw. einen gewissen Handlungsbereich an.Charakteristische Ermessensvorschriften: Soll-Vorschriften, Kann-Vorschriften

Bsp.: Nach § 15 Abs. 2 VersG kann eine nicht angemeldete Versammlung aufgelöstwerden, sie muss es aber nicht.

Tatbestandsseite, insbesondere unbestimmter Rechtsbegriff

Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich in diesen Fällen darauf, ob die Verwaltungsentscheidungbegründet wurde (außer bei Prüfungsentscheidungen, § 2 Abs. 3 Nr. 2VwVfG), ob Verstöße gegen zwingende Verfahrensvorschriften vorliegen, ob der von derBehörde zu beurteilende Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt wurde und keinewillkürlichen oder sachfremden Erwägungen angestellt wurden.

Bsp.: Eine in der Literatur vertretene Lösung darf nicht als falsch bewertet werden; in dermündlichen Diplomprüfung darf nicht das Geschlecht des Prüflings in die Bewertung einfließen.

Prognoseentscheidungen und Risikobewertungen: im Umweltrecht

Bsp.: Entscheidungen, die hohen wissenschaftlichen Sachverstand erfordern; § 10Abs. 2 S. 2 TKG

Entscheidungen wertender Art durch weisungsfreie, pluralistisch zusammengesetzteGremienArgument: Hier verfügen die Entscheidungsträger über besondere Sachkenntnis.

Bsp.: Bewertung und Verbot von pornographischen Büchern durch die Bundesprüfstellefür jugendgefährdende Schriften (BVerfGE 83, 130 – Josephine Mutzenbacher)

Prüfungsentscheidungen und beamtenrechtliche Beurteilungen

Die Bewertung erfolgt oft relativ, das heißt die Benotung richtet sich auch nachder durchschnittlichen Leistung aller Prüfungsteilnehmer.

Die Entscheidung wird oftmals aufgrund einer einmaligen, nicht wiederholbarenSituation getroffen (Bsp.: mündliche Prüfung), die das Gericht nicht mehrauthentisch nachvollziehen kann.

Hier spielt die subjektive Sicht des Beurteilenden eine große Rolle.

Fraglich ist daher, ob und inwieweit den Verwaltungsbehörden ein gewisserBeurteilungspielraum bei der Auslegung solcher Begriffe verbleibt, den Gerichte nichtnachprüfen und korrigieren können. Nach heutigem Verständnis der Gewaltenteilung ist dieAnwendung unbestimmter Rechtsbegriffe gerichtlich grundsätzlich vollständig überprüfbar,denn die Verwaltung ist an das Gesetz gebunden und kann nicht gesetzliche Regelungennach eigenem Gutdünken inhaltlich ausfüllen.Nur in einigen Ausnahmefällen erkennt das BVerwG Beurteilungsspielräume an:

Auf der Seite des gesetzlichen Tatbestandes erscheint oft das Problem, dass die einzelnenMerkmale abstrakt formuliert sind und durch den Rechtsanwender (Verwaltung) erst nochausgelegt werden müssen (unbestimmte Rechtsbegriffe).

Bsp.: öffentliches Interesse (§ 1 Abs. 1 PolG), Zuverlässigkeit (§ 4 Abs. 1 GastG)

sie legen die Rechtsfolgen fest (Rechtsfolgenseite).

Sie legen fest, unter welchen Voraussetzungen eine bestimmte Rechtsfolge eintritt(Tatbestandsseite), und

Herleitung

Art. 20 Abs. 3 GG bestimmt, dass die Verwaltung an Gesetz und Recht gebunden ist. DiesesPrinzip wird durch die Grundsätze vom Vorrang des Gesetzes und vom Gesetzesvorbehaltkonkretisiert.

Gewaltenteilung

Die Verschränkungen und Übergriffe dürfen allerdings nicht den Kernbereich der jeweils anderenGewalt berühren.

Bsp.: § 114 VwGO bestimmt, dass ein Verwaltungsgericht behördliche Ermessensentscheidungennur in engen Grenzen überprüfen darf.

Zum Rechtsstaatsprinzip (und zur Demokratie) gehört auch die Gewaltenteilung: Art. 20Abs. 2 GG. Zu den staatlichen Gewalten zählen die Exekutive (Regierung und Verwaltung),die Legislative (Gesetzgebung im Parlament der gewählten Abgeordneten nach Art. 38, 28GG) und die Judikative (Rechtsprechung). Gewaltenteilung sichert die Berechenbarkeit undKontrollierbarkeit der öffentlichen Gewalt. Das Grundgesetz geht dabei nicht von einer striktenTrennung aus, aber vom Prinzip der gegenseitigen Kontrolle und Balance. So kann derGesetzgeber Befugnisse auf die Verwaltung delegieren. Eine weitere Verflechtung zwischenExekutive und Legislative besteht über den Bundesrat, in dem die Vertreter der Landesregierungenan der Gesetzgebung des Bundes mitwirken. Schließlich ist die Aufhebung einerVerwaltungsentscheidung notwendig ein Übergriff in den Herrschaftsbereich der Exekutive.

Der Rechtsstaat ist der Zentralbegriff des deutschen Staatsrechts. Normiert ist er in Art. 28Abs. 1 GG im Rahmen der bundesstaatlichen Homogenitätsklausel. Verankert ist das Rechtsstaatsprinzipzudem in Art. 20 Abs. 3 GG und in Art. 1 Abs. 3 GG.

Die Verfassungsorgane

Das Bundesverfassungsgericht, Art. 93, 94 GG

Zuständigkeit, Verfassung und Verfahrensvorschriften sind in Art. 93, 94 GG und imBVerfGG geregelt. Die Zuständigkeit des Bundesverfassungsgerichtes ist in Art. 93 GG und§ 13 BVerfGG abschließend geregelt. Seine Entscheidungen binden die übrigen Verfassungs-organe des Bundes und der Länder und alle Gerichte und Behörden. Es ist ein den übrigenVerfassungsorganen gegenüber selbständiger und unabhängiger Gerichtshof des Bundes.

Die Bundesversammlung

Sie hat nur die Funktion, den Bundespräsidenten zu wählen, Art. 54 GG.

Der Gemeinsame Ausschuss, Art. 53a GG

Dieser besteht aus Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates. Im Verteidigungsfallübernimmt er die Befugnisse dieser Organe, soweit sie dazu nicht selbst in der Lage sind.

Der Bundesrat, Art. 50 – 53 GG

Gemäß Art. 50 GG wirken die Länder durch den Bundesrat bei der Gesetzgebung undVerwaltung des Bundes und in Angelegenheiten der EU mit.Abhängig von der Einwohnerzahl stellt jedes Bundesland mindestens drei, höchstens sechsMitglieder, Art. 51 GG. Die einheitliche Abgabe der Stimmen eines Landes ist zu beachten,Art. 51 Abs. 3 S. 2 GG: Es besteht kein freies Mandat.

Der Bundestag, Art. 38 - 49 GG

Als unmittelbar demokratisch legitimiertes Verfassungsorgan ist der Bundestag das zentraleOrgan der repräsentativen Demokratie. Gemäß Art. 40 Abs. 1 S. 2 GG gibt sich der Bundestageine Geschäftsordnung (GO BT).

Rechtsstellung der Abgeordneten

Die Stellung der einzelnen Abgeordneten wird durch Art. 38 Abs. 1 S. 2 GG bestimmt: Diesesind danach Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht gebunden undnur ihrem Gewissen unterworfen. Außerdem genießen sie gemäß Art. 46 Abs. 1, Abs. 2 GGImmunität und Indemnität.

Funktionen

Seine Wahlfunktion übt der Bundestag aus, indem er die anderen obersten Bundesorgane(mit-)bestellt. Diese werden dadurch mittelbar demokratisch legitimiert. Z.B. ist der Bundestagan der Bestellung des Kanzlers, Art. 63 GG, und des Bundespräsidenten, Art. 54 GG,beteiligt. Seine Kontrollfunktion kann der Bundestag durch vielfältige Rechte ausüben.Besonders effektiv ist die Einsetzung sog. Untersuchungsausschüsse gemäß Art. 44 GG.Durch Initiativrecht und Gesetzgebungsbeschlüsse übt der Bundestag seine Gesetzgebungsfunktionaus, vgl. Art. 76 ff. GG. Außerdem hat der Bundestag eine Mitwirkungsfunktion inAngelegenheiten der EU, Art. 23 Abs. 2, Abs. 3 GG.

Bei der Mehrheitswahl kommt aus einem Wahlkreis immer nur der Kandidat, der diemeisten Stimmen auf sich vereinigt, in den Bundestag. Bei der Verhältniswahl bestimmt sichdessen Zusammensetzung nach dem Anteil der Stimmen, die eine Partei insgesamt erlangenkonnte: Kandidaten jeder Partei dürfen entsprechend diesem Anteil von der im Vorfeldaufgestellten Kandidatenliste in den Bundestag gesandt werden. Bei der Wahl des Bundestagesgreift eine Kombination der beiden Modelle. Näheres ergibt sich aus dem BWahlG.Gemäß Art. 39 Abs. 1 S. 1 GG beträgt die Wahlperiode vier Jahre.

Gemäß Art. 38 Abs. 1 S. 1 GG werden die Abgeordneten des Deutschen Bundestages inallgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt (vgl. B.V.2.).

Die Bundesregierung, Art. 62 – 69 GG

Regierung als Kollegialorgan

Die Bundesregierung kann Gesetzesvorlagen einbringen, Art. 76 Abs. 1 GG, und denVermittlungsausschuss anrufen, Art. 77 Abs. 2 S. 4 GG. Auch kann sie Verwaltungsvorschriftenerlassen und Aufsichtsbefugnisse wahrnehmen, Art. 84, 85 GG. Die Bundesregierungkann Rechtsverordnungen erlassen, Art. 80 GG, und haushaltsrechtliche Beschlüssefassen, Art. 110, 113, 114 GG. Ihr obliegt auch die Entscheidung über den Bundeszwang,Art. 37 GG. Gemäß Art. 93 Abs. 1 Nr. 2 – Nr. 4 GG kann sie das Bundesverfassungsgerichtanrufen.

Misstrauensvotum und Vertrauensfrage

Hat der Bundestag zu dem gewählten Kanzler kein Vertrauen mehr, kann er diesem mit derMehrheit seiner Mitglieder, vgl. § 97 GO BT, das Misstrauen aussprechen,Art. 67 Abs. 1 GG. Zugleich muss der Bundestag mit der Mehrheit seiner Mitglieder einenneuen Kanzler wählen: konstruktives Misstrauensvotum. Hat der Bundestag einen neuenKanzler gewählt, muss der Bundespräsident auf Gesuch des Bundestages den alten Kanzlerentlassen und den Neuen ernennen.Auch von sich aus kann der Bundeskanzler beantragen, dass ihm der Bundestag seinVertrauen ausspricht: Wenn er keine Mehrheit findet, kann er entweder zurücktreten oder demBundespräsidenten vorschlagen, binnen 21 Tagen den Bundestag aufzulösen, Art. 68 Abs. 1S. 1 GG. Gemäß S. 2 erlicht das Recht zur Auflösung, wenn der Bundestag innerhalb dieserFrist einen neuen Kanzler wählt. Es besteht auch die Möglichkeit, dass die Regierung beimBundespräsidenten den Antrag stellt, für eine bestimmte Gesetzesvorlage denGesetzgebungsnotstand zu erklären, Art. 81 Abs. 1 S. 1 GG.

Regierungsprinzipien

Nach dem Kanzlerprinzip bestimmt der Kanzler die Richtlinien der Politik und trägt dafürdie Verantwortung, Art. 65 S. 1 GG. Nach dem Ressortprinzip leitet jeder Minister seinenGeschäftsbereich innerhalb dieser Richtlinien selbständig und unter eigener Verantwortung,Art. 65 S. 2 GG. Nach dem Kollegialprinzip entscheidet über Streitigkeiten zwischen denBundesministern die Regierung, Art. 65 S. 3 GG.

Regierungsbildung

Gemäß Art. 62 GG setzt sich die Bundesregierung aus dem Bundeskanzler und den Bundesministernzusammen. Nach den Bundestagswahlen schlägt der Bundespräsident einenKanzlerkandidaten vor, Art. 63 Abs. 1 GG. Dieser wird von dem Bundespräsidenten zumKanzler ernannt, wenn er im ersten Wahlgang mit der in Art. 63 Abs. 2 GG gefordertenabsoluten Mehrheit der stimmberechtigten Mitglieder i.S.d. Art. 121 GG gewählt wird.Gemäß Art. 63 Abs. 3 kann der Bundestag anderenfalls binnen 14 Tagen versuchen, denKanzler mit der erforderlichen Mehrheit zu wählen. Wenn innerhalb dieser Frist der Kanzlernicht gewählt wird, findet gemäß Art. 63 Abs. 4 GG ein letzter Wahlgang statt. Erhält einKandidat die erforderliche Mehrheit, so muss ihn gemäß Art. 63 Abs. 3 S. 2 GG der Bundespräsidentzum Kanzler ernennen. Anderenfalls hat ihn der Bundespräsident entweder binnensieben Tagen zu ernennen oder den Bundestag aufzulösen, Art. 63 Abs. 4 S. 3 GG. Auf denVorschlag des Bundeskanzlers hin ernennt und entlässt der Bundespräsident die Bundesminister,Art. 64 Abs. 1 GG.

Der Bundespräsident, Art. 54 – 61 GG

Befugnisse

Gemäß Art. 82 Abs. 1 GG fertigt der Bundespräsident die nach den Vorschriften des GG zustandegekommenen Gesetze nach Gegenzeichnung durch die Bundesregierung aus.Umstritten ist dabei der Umfang seines Prüfungsrechtes: Allgemein anerkannt ist einformelles Prüfungsrecht. Letztlich ist wohl wegen Art. 20 Abs. 3 GG auch ein materiellesPrüfungsrecht zu bejahen: Dem Bundespräsidenten kann nicht zugemutet werden, dieAusfertigung einer verfassungswidrigen Norm vorzunehmen. Allerdings ist dieses aufevidente Verfassungsverstöße beschränkt.

Bsp.: Am 12.12.2004 hat Bundespräsident Köhler das Gesetz zur Neuregelung vonLuftsicherheitsaufgaben unterzeichnet. Aber zugleich hat er erhebliche Zweifel an derVerfassungsmäßigkeit von Einzelvorschriften angemeldet. Er hat eine Überprüfung desLuftsicherheitsgesetzes durch das BVerfG angeregt. Das Gesetz wurde schließlich vomBVerfG am 15.2.2006 für nichtig erklärt; (abrufbar unterhttp://www.bundesverfassungsgericht.de/entscheidungen/rs20060215_1bvr035705.html).

Gemäß Art. 59 Abs. 1 S. 1 GG vertritt der Bundespräsident den Bund völkerrechtlich.

Stellt der Bundeskanzler die Vertrauensfrage gemäß Art. 68 GG und findet nicht die erforderlicheMehrheit, kann der Bundespräsident auf Vorschlag des Bundeskanzlers den Bundestagauflösen. Unter den Voraussetzungen des Art. 81 Abs. 1 GG kann der Bundespräsidentdaraufhin den Gesetzgebungsnotstand ausrufen. Eine Auflösung des Bundestages ist auchgemäß Art. 63 Abs. 4 GG möglich.

Bsp.: Zur Verfassungsmäßigkeit der Bundestagsauflösung durch Bundespräsident Köhlerim Sommer 2005, siehe BVerfGE vom 25.08.2005 (abrufbar unterhttp://www.bverfg.de/entscheidungen/es20050825_2bve000405.html)

Dem Bundespräsidenten steht das Begnadigungsrecht zu, Art. 60 Abs. 2 GG.

Gemäß Art. 63 Abs. 1 GG wählt der Bundestag den Bundeskanzler auf den Vorschlag desBundespräsidenten hin. Auf den Vorschlag des Bundeskanzlers hin ernennt und entlässt derBundespräsident die Bundesminister, Art. 64 Abs. 1 GG. Gemäß Art. 60 Abs. 1 GG ernenntund entlässt er auch die Bundesbeamten und Soldaten.

Wahl

Gemäß Art. 54 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S.1 GG wird der Bundespräsident durch die Bundesversammlungauf fünf Jahre gewählt. Eine anschließende Wiederwahl ist nur einmal zulässig,Art. 54 Abs. 2 S. 2 GG.

Stellung

Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland, auch wennseine Rechtsstellung als solche nicht im GG geregelt ist. Inkompatibilität und Immunitätergeben sich aus Art. 55 GG bzw. Art. 60 Abs. 4, 46 Abs. 2 GG. Die einzige Möglichkeit dasStaatsoberhaupt aus dem Amt zu entfernen, besteht in der Präsidentenanklage vor demBVerfG, Art. 61 GG. Entscheidungen des Bundespräsidenten bedürfen zu ihrer Gültigkeit derGegenzeichnung durch den Bundeskanzler bzw. den zuständigen Bundesminister,Art. 58 GG.

Die Regelungen des Grundgesetzes im Überblick

Die Regelungen des Staatsorganisationsrechts lassen sich grob unterteilen in die Staatszielbestimmungen(Rechts-, Bundes- und Sozialstaatsprinzip sowie das Demokratieprinzip), dieBestimmungen über die obersten Verfassungsorgane und deren Gewaltenteilung, dasFinanzwesen und die Wehrverfassung. Die Verfassungsorgane und die Staatszielbestimmungensollen anschließend ausführlich behandelt werden. Auf die Darstellung derWehr- und Finanzverfassung soll im Folgenden verzichtet werden. Die Grundlagen derGewaltenteilung werden schließlich im Rahmen des Rechtsstaatsprinzips besprochen.

Rechtsquellen und Kollisionsregeln
Um Normwidersprüche zu verhindern, muss geklärt werden, welche Norm im Zweifel denVorrang genießt. Widersprüche können auftreten, wenn mehrere Normgeber eine Rechtsnormerlassen (Bsp.: Bund und Länder) oder wenn themenidentische, aber inhaltlich einanderwidersprechende Normen bestehen.Normenkollisionen zwischen Normen der gleichen Rechtsquelle werden wie folgt aufgelöst:· Lex posterior derogat legi priori (das jüngere Gesetz verdrängt das ältere)· Lex specialis derogat legi generali (das speziellere Gesetz verdrängt das allgemeine)Bei Normwidersprüchen zwischen verschiedenen Rechtsquellen wird wie folgt vorgegangen:

Normenhierarchie

EG-RechtEG-PrimärrechtEG-SekundärrechtAnwendungsvorrangDeutsches RechtArt. 79 Abs. 3 GGSonstiges VerfassungsrechtAllgemeine Regeln des VölkerrechtsBundesgesetzeSonstiges BundesrechtLandesgesetzeSonstiges Landesrecht

Auch innerhalb des Landesrechts gehen die Gesetze den Rechtsverordnungen und Satzungenvor.

Schließlich folgt das Bundesrecht; innerhalb des Bundesrechts gehen die (formellen)Gesetze den nur materiellen Gesetzen (Rechtsverordnungen und Satzungen) vor.

An dritter Stelle rangieren nach Art. 25 GG die Allgemeinen Regeln des Völkerrechts.Darunter sind die Regeln zu verstehen, die die Völker und Staaten allgemein für sichuntereinander als verbindlich anerkennen. Ihr Inhalt bestimmt sich nach dem Völkerrecht,nicht nach dem Grundgesetz selbst.

Bsp.: Immunität von Staatsoberhäuptern und Diplomaten; Prinzip der Nichteinmischungin fremde Angelegenheiten (keine deutschen Hoheitsakte im Ausland)

An zweiter Stelle steht das sonstige Verfassungsrecht des Grundgesetzes. Viele Bestimmungendes Grundgesetzes gelten ohne ausdrückliche Einschränkung und Ausnahmemöglichkeit(Bsp.: Art. 5 Abs. 3 GG). Andere (etwa Art. 5 Abs. 2 GG) statuieren einenGesetzesvorbehalt und können daher aufgrund eines Gesetzes eingeschränkt werden(„Grundrechtsschranke“). Die Schranken dürfen aber wegen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzesnicht zu weit gehen und den Gehalt des Grundrechts nicht aushöhlen(„Schranken-Schranken“).

An der Spitze steht Art. 79 Abs. 3 GG (so genannte „Ewigkeitsgarantie“). DieseVorschrift entzieht sogar dem verfassungsändernden Gesetzgeber die Kompetenz, bestimmteGrundprinzipien – die Grundsätze aus Art. 1 und 20 GG (nicht: Art. 1 bis 20 GG) –zu ändern. Hierunter fallen die Menschenwürde, der Bestand der bundesstaatlichenOrdnung, die Rechtsstaatlichkeit und die Demokratie.

Bsp. zur Menschenwürde: Der Mensch darf nicht zum Objekt staatlichen Handelnswerden. Problematisch ist die Totalüberwachung öffentlicher Plätze u. Straßen. DieSicherungsverwahrung ist nach neuester Rechtsrechung des BVerfG nur unter strengenVoraussetzungen zulässig (z.B. BVerfGE 109, 190ff; und aktuell auch Az. 2 BvR2004/04). Problematisch ist, ob der Einzelne selbst auf seine Menschenwürde verzichtendarf. Dies wurde etwa verneint bei Peepshows und dem so genannten Zwergenwerfen.Problematisch ist dies auch bei der TV-Sendung „Big Brother“.

Bsp.: Zulässig ist, einzelne Bundesländer zusammenzulegen (Berlin und Brandenburg),nicht aber die Bundesländer insgesamt abzuschaffen. Unzulässig wäre es auch dieMitwirkung der Länder an der Gesetzgebung aufzuheben.

Deutsches Recht und Gemeinschaftsrecht

Nach Ansicht des EuGH besteht ein absoluter Vorrang des Gemeinschaftsrechts, da dieRegeln des Gemeinschaftsrechts sonst nicht effektiv und in jedem Mitgliedstaat gleichermaßendurchgesetzt werden könnten. Diesen Ansatz hat das BVerfG bei Kollision miteinfachen Gesetzen vorbehaltlos anerkannt. Bei der Kollision mit Verfassungsrecht kannnach Ansicht des BVerfG der Vorrang aber nur soweit gehen, wie Art. 79 Abs. 3 i.V.m.Art. 23 Abs. 1 S. 3 GG dies zulässt. Aus diesem Ansatz wurde bei Kollision von Sekundärrechtmit Verfassungsrecht die so genannte „Solange-Rechtsprechung“ des BVerfG entwickelt.Nach langjährigen Vorbehalten hat das BVerfG den Vorrang des sekundärenGemeinschaftsrechts nunmehr grundsätzlich anerkannt und sich eine Grundrechtskontrollenur noch im Ausnahmefall vorbehalten (vgl. Maastricht-Urteil BVerfGE 89, 155ff).

Wenn eine Norm des Gemeinschaftsrechts unmittelbar anwendbar ist (also große Teile desPrimärrechts, die Verordnungen und unter bestimmten Voraussetzungen auch die Richtlinien),dann kann es zu Kollisionen mit dem nationalen Recht kommen. Weder dasGemeinschaftsrecht noch das deutsche Recht haben eine Kollisionsregelungsnorm.

Im Unterschied zu anderen Internationalen Organisationen stellen Gründungsverträgeund Rechtsakte eine eigene Rechtsordnung dar.

Die EG ist eine supranationale zwischenstaatliche Einrichtung, weil MitgliedstaatenTeile ihrer Hoheitsgewalt auf die Europäischen Gemeinschaften übertragen haben.

Wesentlich schwieriger ist das Verhältnis zwischen Gemeinschaftsrecht und deutschemVerwaltungsrecht zu behandeln. Wichtig ist zunächst folgendes:

Bundes- und Landesrecht

Das Verhältnis von Bundes- und Landesrecht wird ferner durch die Regelungen derArt. 28 und 142 GG überlagert und eingeschränkt.

Das Verhältnis der Bundes- und Landesgrundrechte wird durch Art. 142 GGbestimmt, wonach die Landesverfassung die Grundrechte in Übereinstimmungmit den Bundesgrundrechten gewährleisten muss.

Art. 28 GG fordert von den Landesverfassungen nur, dass sie den Grundsätzen desrepublikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaats entsprechen müssen.

Das setzt aber voraus, dass die jeweilige Bundesregelung auch gültig ist. So fehlt demBund beispielsweise die Kompetenz, ein einheitliches, die gesamte Verwaltung desBundes und Länder umfassendes Verwaltungsverfahrensgesetz zu kodifizieren. DerBund ist lediglich befugt, das Verwaltungsverfahren der Bundesbehörden und gemäßnach Art. 84 und 85 GG den Vollzug der Bundesgesetze durch Landesbehörden zuregeln. Daher „bricht“ das VwVfG des Bundes nicht gegebenenfalls widersprechendeRegelungen der VwVfG der Länder.

Bundesrecht jeglicher Herkunft geht Landesrecht vor (Art. 31 GG).

Kollisionsregelungen
Rechtsquellen im Überblick

Völkerrecht

Im Gegensatz zu Teilen des Europarechts entfaltet das Völkerrecht keine unmittelbareWirkung im innerstaatlichen Raum und ist grundsätzlich allein an die Staaten gerichtet. Dievölkerrechtlichen Verträge (Staatsverträge oder Verwaltungsabkommen) werden nachArt. 59 Abs. 2 GG in innerstaatliches Recht transformiert. Dies erfolgt bei Staatsverträgendurch Zustimmungsgesetz, bei Verwaltungsabkommen durch Rechtsverordnung.

Bsp.: Das Pariser Haftungsübereinkommen für den Betrieb von Kernkraftwerkenverpflichtet die Staaten dafür zu sorgen, dass die Betreiber unabhängig vom eigenenVerschulden für alle Schäden eines nuklearen Unfalles haften. Der Bundesgesetzgeber hatdiese Vorschriften in den §§ 25 ff. des Atomgesetzes umgesetzt.

Europarecht

Der Einfluss des Europarechts auf das deutsche öffentliche Recht ist mittlerweile so groß,dass ohne Kenntnisse vom Europarecht das deutsche Recht nicht mehr vollständig zu verstehenist. Unter Europarecht sollen hier alle Regelungen der Europäischen Gemeinschaften inden europäischen Verträgen (Bsp.: EGV und EUV) verstanden werden und diejenigen Regelungen,die als sekundäres Gemeinschaftsrecht von den Organen der Gemeinschaftenerlassen werden (Verordnungen, Richtlinien, Entscheidungen, Empfehlungen, vgl. Art. 249EGV). Die Verordnungen der EG finden in Deutschland unmittelbare Anwendung und werdenvon den deutschen Behörden (nach nationalem Recht) vollzogen. Die Richtlinien sind andie Mitgliedstaaten gerichtet und überlassen diesen bei der Erfüllung die Wahl der Form undMittel. Daneben gibt es noch Entscheidungen, die sich sowohl an einen Mitgliedstaat als auchan eine natürliche oder juristische Person richten kann. Sie ist ihrem Adressaten gegenüberverbindlich und einem Verwaltungsakt im deutschen Recht vergleichbar

Richterrecht

Da der Richter zur Rechtsanwendung und nicht zur Rechtsetzung berufen ist, begegnet esBedenken, Richterrecht als Rechtsquelle anzuerkennen. Andererseits müssen Richter nichtselten selbst schöpferisch tätig werden. Auf diese Weise entstehen bestimmte Rechtsprechungsgrundsätze,die immer wieder Anwendung finden und daher als Richterrecht bezeichnetwerden können. Richterrecht kann aber nur im Rahmen des geltenden Rechts entstehen,es kann Gesetze interpretieren und ergänzen, aber nicht korrigieren.

Bsp.: Die Entwicklung des Allgemeinen Persönlichkeitsrechts (etwa das Recht am eigenenBild) wurde richterrechtlich aus Art. 1 und Art. 2 GG entwickelt

Gewohnheitsrecht

Gewohnheitsrecht entsteht durch längere und gleichmäßige Übung (consuetudo) und dieÜberzeugung der Beteiligten, dass diese Übung rechtlich geboten sei (opinio iuris). Normgebersind die Rechtsbetroffenen selbst. Gewohnheitsrecht entsteht also nur dort, wo geschriebenesRecht fehlt. Wegen der Zunahme an kodifiziertem Verwaltungsrecht wird dasGewohnheitsrecht als Rechtsquelle immer unbedeutender. Ferner ändern sich die Verhältnisserasch – gerade nach der Einführung des Grundgesetzes müssen alte Gewohnheiten hinterfragtwerden („Verwaltungsrecht ist konkretisiertes Verfassungsrecht“). Schließlich verlangt derGesetzesvorbehalt in der Eingriffsverwaltung geschriebenes Recht als Eingriffsgrundlage.

Bsp.: die Verpflichtung der Rechtsanwälte vor Gericht Amtstracht zu tragen.

Verwaltungsvorschriften

Verwaltungsvorschriften sind verwaltungsinterne Regelungen. Sie können organisatorischeFragen betreffen, Anweisungen über die Auslegung von Gesetzen erteilen oder Normenkonkretisieren.

Bsp.: Erlass des Kultusministers an alle nachgeordneten Behörden, studentischenHilfskräften 8 € in der Stunde zu bezahlen.

Satzungen

Satzungen sind Rechtsnormen, die von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts zurRegelung ihrer Angelegenheiten erlassen werden. Satzungen gelten daher nur für die Mitgliederbzw. Nutzer der juristischen Person. Zu den juristischen Personen des öffentlichenRechts zählen beispielsweise die Gebietskörperschaften (Gemeinden, Kreise), Universitäten,Kammern oder Rundfunkanstalten.

Bsp.: Das städtische Schwimmbad kann sein Benutzungsverhältnis sowohl durch Satzungals auch durch Vertrag mit Allgemeinen Nutzungsbedingungen regeln. Im ersten Fall giltdie Satzung als Hausordnung für alle Benutzer des Bades. (Ausführlich unten D.I.1.f.)

Rechtsverordnungen

Für den Bürger sind sie ebenso verbindlich wie Parlamentsgesetze. Mittlerweile sindRechtsverordnungen unentbehrlich. Ihr Vorteil liegt darin, dass sie schneller auf sich veränderndeUmstände reagieren und das Parlament entlasten. Problematisch ist, dass nicht derdemokratisch legitimierte Gesetzgeber die Regelung trifft, sondern die Exekutive. Daher setztArt. 80 Abs. 1 GG der Rechtssetzungsgewalt der Exekutive Grenzen. (Ausführlich zurRechtsverordnung unten D.I.1.e.)

Rechtsverordnungen sind Rechtsnormen, die von Exekutivorganen erlassen werden(Regierung, Minister, Verwaltungsbehörden: Ordnungsbehörden, Regierungspräsident etc.).

Bsp.: Kampfhundeverordnung

Gesetz

Ein „normales“ Gesetz, welches der herkömmlichen Vorstellung entspricht ist daher ein solches,das sowohl formell als auch materiell ist. Diese beiden Kriterien schließen sich alsonicht aus, sondern bilden nur ein Charakteristikum des Gesetzes ab. Für beide dieser Kriterienlässt sich jedoch wiederum eine eigene Untergruppe bilden.

Nur materielle Gesetze sind dagegen solche Rechtssätze, die zwar eine unmittelbareAußenwirkung gegenüber dem Bürger entfalten, jedoch selbst nicht in einem formellenVerfahren zustande gekommen sind. Sie bilden daher eine Untergruppe der materiellenGesetze. Insbesondere zählen hierzu Satzungen und Rechtsverordnungen, die durchExekutivorgane erlassen werden. Soll aufgrund eines nur materiellen Gesetzes in einGrundrecht eingegriffen werden, bedarf das nur materielle Gesetz selbst wiederum einehinreichende Legitimationsanknüpfung in einem formellen Gesetz, da der Gesetzgeberdie wesentlichen Regelungen eines Eingriffs in Grundrechte selbst treffen muss(Wesentlichkeitsgrundsatz).

Bsp.: Straßenverkehrsordnung

Eine Untergruppe der formellen Gesetze bilden die nur formellen Gesetze. Diese sindzwar in einem Parlamentsverfahren erlassen worden, sie entwickeln jedoch keine unmittelbareAußenwirkung gegenüber dem Bürger. Sie sind regelmäßig organisatorischerNatur.

Bsp.: Zustimmungsgesetze zu völkerrechtlichen Verträgen (Art. 59 Abs. 2 GG),Haushaltsgesetze

Gesetz im formellen Sinne ist jeder im verfassungsmäßig vorgesehenen Gesetzgebungsverfahrenzustande gekommene Willensakt der Gesetzgebung ohne Rücksicht auf den Inhalt.Es handelt sich um die so genannten Parlamentsgesetze.

Bsp.: Strafgesetzbuch, Baugesetzbuch, Bauordnung, Hochschulgesetz.

Gesetz im materiellen Sinne ist jede allgemein-verbindliche Regelung, die gegenüberdem Bürger Außenwirkung entfaltet.

Bsp.: Strafgesetzbuch, Straßenverkehrsordnung, Gemeindesatzung

Verfassung

Die Bedeutung der Grundrechte spiegelt sich in der Ermessensausübung wider:

Bsp.: Einige Hundert Demonstranten finden sich spontan zusammen, um gegen die Beteiligungder Bundeswehr an einer militärischen Operation zu demonstrieren ohne diese Demonstrationvorher anzumelden. Obwohl diese Demonstration nach § 14 VersG anmeldepflichtigist, darf die Spontanversammlung wegen der Bedeutung des Art. 8 GG nicht aufgelöstwerden.

Wichtigste Quelle des öffentlichen Rechts ist das Grundgesetz (GG). Es garantiert unter anderemden Bürgern die Grundrechte (Art. 1 bis 19), legt die Grundprinzipien des Staatswesensfest (Art. 20, 28) und bestimmt die Kompetenzen der einzelnen Bundesorgane (Art. 38 ff. fürden Bundestag und den einzelnen Abgeordneten; Art. 50 ff. für den Bundesrat; Art. 54 ff. fürden Bundespräsidenten; Art. 62 ff. für die Bundesregierung).Weiter regelt die Verfassung den Ablauf der Gesetzgebung, die Kompetenzverteilung zwischenBund und Ländern, den Einfluss des Europa- und Völkerrechts auf die deutscheRechtsordnung sowie die Finanz- und Wehrverfassung.Die Verfassung hat schließlich Einfluss auf die Verwaltungsorganisation (Art. 83 ff. undArt. 28) und ist Maßstab für das Verwaltungshandeln („Verwaltungsrecht ist konkretisiertesVerfassungsrecht“). Große Bedeutung kommt beispielsweise dem Gleichheitssatz zu,auf dessen Boden das Recht der Verwaltungsvorschriften entwickelt wurde.

Bsp.: Wenn die Behörde eine Verwaltungsvorschrift erlässt und diese in ständiger Praxisanwendet, darf sie aus Gründen des Gleichheitssatzes ohne Rechtfertigung nicht mehr davonabweichen (Selbstbindung der Verwaltung).

Gebiete des öffentlichen Rechts
Verwaltungsrecht:Hierbei geht es immer um das Verhältnis des Bürgers zu einer Behördeoder einem Träger öffentlicher Gewalt (Bund, Land, Gemeinde, Uni, Einzelbehörden usw.)oder aber um die Rechtsbeziehungen von Subjekten des öffentlichen Rechts untereinander(z.B. Bund gegen Bundesland, Gemeinde gegen Land usw.).Auch das Verwaltungsrecht lässt sich unterteilen in das:

Besondere Verwaltungsrecht:

Das Besondere Verwaltungsrecht ist ein Sammelbegrifffür alle Disziplinen des Verwaltungsrechts außerhalb des AllgemeinenVerwaltungsrechts, z.B. Polizeirecht, Baurecht, Schulrecht usw.

Allgemeine Verwaltungsrecht:

Das Allgemeine Verwaltungsrecht behandeltdiejenigen Regelungen, die für das gesamte Verwaltungsrecht gelten.

Bsp.: Vorschriften, die regeln, dass der Bürger vor Erlass eines Verwaltungsakts(gleichgültig, ob es sich um den Entzug einer Gewerbeerlaubnis oder umeinen Zahlungsbescheid handelt) angehört werden muss.

Staatsrecht:Dieses Rechtsgebiet beschäftigt sich mit den Grundlagen des Staatswesens,insbesondere mit der Verfassung des Staates. Es lässt sich wiederum unterteilen in:

Grundrechtslehre:

Dieses Gebiet behandelt die grundlegenden Rechte des Bürgersgegenüber dem Staat.

Staatsorganisationsrecht

das sich mit den Grundprinzipien des Staates und derStaatsform befasst (republikanisches Prinzip, Bundesstaatsprinzip, Rechtsstaatsprinzipusw.) und das Verhältnis der Staatsorgane untereinander behandelt.

Was ist Öffentliches Recht? Abgrenzung zum Privatrecht

- nicht klar definiert

- über- unterordnungsverhältnisse kennzeichnend oft

- aber: Träger öffentlicher Gewalt ist beteiligt!!

Sonderproblem: Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben durch Privatpersonen

Verwaltungshelfer

handelt im Gegensatz zum Beliehenen nicht selbstständig, sondernnimmt Hilfstätigkeiten im Auftrag und nach Weisung der ihn betrauenden Behörde wahr.Sein Handeln wird unmittelbar der Behörde zugerechnet, für die er tätig wird, weswegender Verwaltungshelfer nicht selbst Hoheitsträger ist.

Bsp.: Auf einer Baustelle arbeitet ein privates Bauunternehmen. Zur Sicherung derBaustelle leitet ein Arbeiter auf Anordnung der Behörde gemäß § 45 Abs. 6 StVO denVerkehr. Dabei kommt es zum Zusammenstoß zweier Pkw. Da es sich um eine verbindlicheAnordnung der Behörde handelte, wurde der Arbeiter als Verwaltungshelfer tätig.Der Geschädigte kann sich direkt an den Rechtsträger der Behörde wenden und Staatshaftungsansprüchegeltend machen.

Beliehene

sind natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, die durch oder aufgrundeines Gesetzes einzelne hoheitliche Aufgaben im eigenen Namen wahrnehmen dürfen.Der Private ist dann nach § 1 Abs. 4 VwVfG selbst Behörde und kann Verwaltungsakteerlassen.

Bsp.: Sachverständiger des TÜV nach § 29 StVZO:„ (1) Die Halter von Fahrzeugen, die ein eigenes amtliches Kennzeichen nach Art der Anlage V in der biszum 1. November 2000 geltenden Fassung, Va, Vb oder Vc haben müssen, haben ihre Fahrzeuge auf ihreKosten nach Maßgabe der Anlage VIII in Verbindung mit Anlage VIIIa in regelmäßigen Zeitabständenuntersuchen zu lassen. (...)“

Die öffentliche Hand kann auch in Privatrechtsform handeln (Bsp.: Wasserversorgung undStromlieferung durch eine Stadtwerke GmbH, die zu 100% im Besitz der Stadt ist). Es gibtzwei Fälle, in denen der Bürger auch hoheitlich handeln kann:

Klassische Grenzfälle

Benutzung öffentlicher Anstalten und Einrichtungen:

Ob ein Benutzungsverhältnis öffentlicherMuseen, Badeanstalten usw. den Bindungen des öffentlichen Rechts unterliegt,hängt von vielen Gesichtspunkten ab: Ist die Benutzungsordnung privatrechtlich (AGB)oder öffentlich-rechtlich (Satzung) ausgestaltet? Handelt es sich bei dem Betreiber um dieöffentliche Hand selbst oder um einen Privaten? Wird das Benutzungsverhältnis durchVerwaltungsakt oder Vertrag begründet?Ist die öffentliche Hand Eigentümer und Betreiber einer Einrichtung, gestaltet dasNutzungsverhältnis aber privatrechtlich aus, findet die Zweistufentheorie Anwendung:Der Zugangsanspruch (das „Ob“ des Zugangs) ist öffentlich-rechtlicher Natur, alle Streitfragenhinsichtlich der Abwicklung (das „Wie“ der Nutzung) sind privatrechtlich.

Bsp.: Student S möchte ein Zimmer im Studentenwohnheim, das durch das Studentenwerk(einer Anstalt des Öffentlichen Rechts) betrieben wird. Die Zimmer werden mittelsprivatrechtlichen Mietvertrags vermietet. Der Anspruch des S auf Zuteilung einesZimmers richtet sich nach öffentlichem Recht; Ansprüche wegen Baumängeln im Zimmermuss er hingegen vor einem Zivilgericht geltend machen.

Hausverbot

Erteilt die Behörde dem Bürger das Verbot, das Bürogebäude zu betreten,kann sich der Bürger nach der Rechtsprechung vor dem Verwaltungsgericht wehren, wennder Zweck des Verbots öffentlich-rechtlicher Natur war (zur Aufrechterhaltung der Funktionsfähigkeitder Behörde). Andernfalls muss er sich an das Zivilgericht wenden. In der Literatur wird hingegen auf den Zweck des Besuchs abgestellt. Regelmäßig kommen beideAnsichten zu dem gleichen Ergebnis, da selten ein rein privater Besuch in einem öffentlichenVerwaltungsgebäude vorliegt.

Realakte: (Tathandlungen):

Einordnungsschwierigkeiten bereiten vor allem die Realakte,da sie keine gesetzliche Grundlage haben.

Bsp.: Die Fahrt eines Beamten mit einem Kfz. Nach dem BGH ist auf die Zielsetzungder Fahrt abzustellen: Dient die Fahrt hoheitlichen Aufgaben (bspw. Dienstfahrt), greiftöffentliches Recht, bei privaten Fahrten (bspw. Heimweg nach der Arbeit) greift Privatrecht.

Nach welchen Kriterien erfolgt die Abgrenzung?

Da alle drei Theorien einen zutreffenden Kern enthalten, schwankt die Rechtsprechung inder Anwendung und zieht je nach Fall die eine oder andere Theorie heran. Letztlich habensich Fallgruppen gebildet:

Sonderrechtstheorie

modifizierte Subjektstheorie, Zuordnungstheorie): Dem öffentlichenRecht gehören die Rechtssätze an, die nur den Staat oder einen sonstigen Träger hoheitlicherGewalt zum Adressaten haben. Dem Privatrecht sind die für jedermann geltendenRechtssätze zuzurechnen.

Subtopic

Subordinationstheorie:

Danach liegt Öffentliches Recht vor, wenn die angewandten Normenzu einem Über-/Unterordnungsverhältnis führen, Privatrecht, wenn die Gleichordnungdas Rechtsverhältnis kennzeichnet. Problem dieser Theorie ist, dass es auch im PrivatrechtÜber- und Unterordnungsverhältnisse gibt (z.B. Weisungsverhältnisse im Arbeitsrecht)und auch das öffentliche Recht Gleichordnungsverhältnisse kennt (bspw. denöffentlich-rechtlichen Vertrag).

Interessentheorie:

Öffentliches Recht sind danach die dem öffentlichen Interesse dienendenRechtssätze; Privatrecht die dem Individualinteresse dienenden Rechtssätze. Problematischist an dieser Theorie, dass viele Rechtssätze sowohl öffentliche als auch privatrechtlicheInteressen berücksichtigen.

Bedeutung der Abgrenzung

Die Unterscheidung erlangt schließlich Bedeutung für die Wahl des Gerichts. Handelt essich um eine Streitigkeit auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts, kann der Bürger in der Regelvor den Verwaltungsgerichten Rechtsschutz begehren. Andernfalls ist der ordentlicheRechtsweg einschlägig.

Auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts unterliegt die öffentliche Hand gegenüber dem Bürgereiner schärferen Haftung (vgl. Art. 34 GG i.V.m. § 839 BGB) und der Bürger hat in jedemFall einen zahlungskräftigen Schuldner.

Andererseits bietet das Öffentliche Recht dem Bürger auch erhebliche Vorteile: Die öffentlicheHand ist im Bereich des öffentlichen Rechts unmittelbar an Gesetz und Recht (und dieGrundrechte) gebunden, vgl. Art. 1 Abs. 3 GG und Art. 20 Abs. 1 und 3 GG.

Bsp.: Eine städtische Musikschule ist an die Grundrechte gebunden und muss wegen Art. 3GG jedem Interessierten zu gleichen Bedingungen Zutritt gewähren. Unterschiedliche Behandlungenbedürfen einer Rechtfertigung und sind im Fall des Art. 3 Abs. 3 GG gänzlichuntersagt.

Das öffentliche Recht birgt für den Bürger Gefahren, denn der öffentlichen Hand stehen imBereich des öffentlichen Rechts schlagkräftige Handlungsinstrumentarien zur Verfügung.Beispielsweise kann sie Geldforderungen aus Verwaltungsakten selbst vollstrecken.

Bsp.: Die Stadt S fordert den Verkehrssünder V auf, wegen Falschparkens einen bestimmtenGeldbetrag als Bußgeld zu bezahlen. Sie muss sich zur Durchsetzung ihrer Forderungnicht an ein Gericht wenden, sondern kann ihre Forderung selbst vollstrecken.

Bsp.: Der Hausbesitzer H ist Nachbar einer Baumschule, die auf ihrem Gelände mehrereMaschinen in Betrieb hat, die sie für den Transport und die Bearbeitung der Bäume benötigt.H stört die starke Geräuschbelästigung. Was kann er tun?

Er kann sich aber auch an die zuständige Behörde wenden und von dieser ein Einschreitengegen den Nachbarn aufgrund des Bundes- oder Landesimmissionsschutzgesetzes verlangen.In diesem Fall erginge ein Verwaltungsakt nach öffentlichem Recht; entweder einVerbot gegen den Nachbarn oder aber eine Verfügung gegenüber H, wenn die Behörde einEinschreiten ablehnt.

Es besteht sowohl die Möglichkeit, gegen einen Nachbarn direkt privatrechtlich vorzugehenund einen Unterlassungsanspruch nach § 1004 BGB vor dem Zivilgericht geltend zumachen.

Das Privatrecht regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen (natürliche Personenund juristische Personen des Privatrechts). Das Öffentliche Recht regelt diejenigen Rechtsbeziehungen,an denen ein Träger öffentlicher Gewalt beteiligt ist, soweit dieser hoheitlichhandelt. (Zur genauen Abgrenzung sogleich)Vielfach bestehen zivilrechtliche und öffentlich-rechtliche Handlungsmöglichkeiten parallel.